Entscheidungsstichwort (Thema)
Grenzen der Umdeutung im Grundbucheintragungsverfahren
Leitsatz (amtlich)
Eine unzulässige Löschungserleichterungsklausel, die sich auf nach dem Tod des Berechtigten zu erbringende Leistungen einer Reallast bezieht, kann im Grundbucheintragungsverfahren nicht in eine Vollmacht für eine Löschungsbewilligung umgedeutet werden (Anschluss an OLG München FGPrax 2012, 250).
Normenkette
GBO §§ 19, 23
Verfahrensgang
AG Warstein (Aktenzeichen WE 32-33) |
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 1.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Eingetragener Eigentümer der eingangs genannten landwirtschaftlichen Grundstücke war ursprünglich der Landwirt H. Dieser übertrug die Grundstücke im Rahmen eines notariell beurkundeten Übergabevertrages vom 14.11.1980 (UR-Nr. 919/1980 Notar L in X) an den Beteiligten, seinen Sohn. Der Beteiligte übernahm als ausschließliche Gegenleistung (§ 2) gegenüber seinen Eltern als Gesamtberechtigten mehrere Altenteilsleistungen, die in § 5 des Vertrages im Einzelnen aufgezählt sind, darunter ein Wohnungsrecht, eine Beköstigungsverpflichtung und eine wahlweise in Geld oder Weizen zu zahlende Rente. In Ziff. 5 dieser Regelung ist die letzte Verpflichtung wie folgt beschrieben:
"standesgemäße Beerdigung mit der Verpflichtung, die üblichen Seelenmessen lesen zu lassen und die Familiengräber in Ordnung zu setzen und zu halten."
Im Anschluss daran bewilligten und beantragten die Urkundsbeteiligten die "Eintragung des vorstehenden Altenteilsrechts" mit der Maßgabe, dass zur Löschung des Altenteilsrechts der Nachweis des Todes der Berechtigten genügen soll. Die Eigentumsumschreibung auf den Beteiligten und die Eintragung des bewilligten Altenteilsrechts nebst Löschungserleichterungsklausel in Abt. II Nr. 5 des Grundbuchs erfolgten am 19.12.1980.
Der Vater des Beteiligten ist am 7.6.1997, seine Mutter ist am 28.12.2000 verstorben; entsprechende Sterbeurkunden liegen vor. Der Beteiligte hat in notarieller Urkunde vom 12.9.2013 (UR-Nr. 500/2013 Notar C in B) die Löschung des Altenteils auf allen belasteten Grundstücken beantragt. Diesen Antrag hat das Grundbuchamt mit Zwischenverfügung vom 9.10.2013 dahin beanstandet, die Löschungserleichterungsklausel ermögliche nicht die Löschung des Altenteilsrechts, soweit die Reallast nach dem Tod der Berechtigten zu erbringende Leistungen sichere. Erforderlich sei deshalb die Beibringung der Zustimmung der Erben der Berechtigten nebst Nachweis der Erbfolge in der Form des § 35 GBO.
Gegen diese Zwischenverfügung hat der Beteiligte mit Schriftsatz des Urkundsnotars vom 10.1.2014 Beschwerde eingelegt, die er unter näherer Darstellung seiner Auffassung begründet, die Löschungserleichterungsklausel in § 5 des Vertrages vom 14.11.1980 müsse dahin umgedeutet werden, dass ihm eine Vollmacht erteilt sei, die Löschung des Altenteilsrechts nach dem Tode der Berechtigten zu bewilligen.
II. Die Beschwerde des Beteiligten ist nach den §§ 71, 73 GBO zulässig. Das Grundbuchamt hat zu Recht die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen für den Erlass einer Zwischenverfügung gem. § 18 Abs. 1 GBO bejaht. Die erhobene Beanstandung bezeichnet ein behebbares Eintragungshindernis. Der Beteiligte nimmt für sich in Anspruch, aufgrund einer postmortalen Vollmacht seiner verstorbenen Eltern zur Bewilligung der Löschung des Altenteilsrechts berechtigt zu sein. Wenn auf der Grundlage der Auffassung des Grundbuchamtes davon ausgegangen wird, dass eine solche Vollmacht des Beteiligten nicht hinreichend nachgewiesen ist, kann die Erklärung des Beteiligten durch die derzeit unbekannten Erben des letztverstorbenen Elternteils mit Rückwirkung genehmigt werden (§§ 177 Abs. 1, 184 Abs. 1 BGB).
In der Sache ist die Beschwerde unbegründet, weil die vom Grundbuchamt erhobene Beanstandung sachlich berechtigt ist.
Das hier in § 5 des notariellen Übergabevertrages vom 14.11.1980 bestellte Altenteilsrecht umfasst in Ziff. 5) die Verpflichtung, die standesgemäße Beerdigung der Berechtigten durchzuführen sowie die üblichen Seelenmessen lesen zu lassen und die Familiengräber zu pflegen. Nach dem gedanklichen Aufbau der vertraglichen Vereinbarung handelt es sich um die Aufzählung eines Wohnungsrechts sowie verschiedener von dem Beteiligten zu erbringender Leistungen, die Gegenstand der darauf folgenden Bewilligung eines im Grundbuch einzutragenden Altenteilsrechts ist, das die Einzelberechtigungen als Wohnungsrecht bzw. Reallast i.S.d. § 49 GBO zusammenfasst. Bestellt ist also ausschließlich ein dingliches Recht, das in § 2 des Vertrages schuldrechtlich als - offenbar teilunentgeltliche - "Gegenleistung" mit der Übertragung des Eigentums durch den Vater des Beteiligten verknüpft ist. Im Grundbucheintragungsverfahren ist deshalb für eine denkbare Auslegung des Übergabevertrages dahin, für die nach dem Tode der Berechtigten zu erbringenden Leistungen sei lediglich eine schuldrechtliche Verpflichtung des Übernehmers begründet worden, kein Raum (BayObLG NJW-R...