Entscheidungsstichwort (Thema)
Notanwalt. Prozesskostenhilfe. Klageerzwingungsverfahren
Leitsatz (amtlich)
Zur Möglichkeit der Beiordnung eines Notanwalts im Klageerzwingungsverfahren.
Normenkette
ZPO § 78b; StPO § 172
Tenor
Der Antrag auf Beiordnung eines Notanwalts wird als unzulässig verworfen.
Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt die Beiordnung eines Notanwalts zur Anbringung eines Antrags auf gerichtliche Entscheidung gegen zwei Bescheide der Generalsstaatsanwältin in Hamm vom 16.07.2019. Zur Begründung seines Antrags verweist er (u.a.) auf 81 Anschreiben, mit denen er Anwälte um Übernahme der Vertretung in den Klageerzwingsverfahren ersucht hat, und 20 Antwortschreiben, mit denen die Mandatsübernahme abgelehnt wurde.
Die Generalstaatsanwältin hat das Begehren des Antragstellers dahin gedeutet, dass er auch Prozesskostenhilfe begehrt und beantragt, beide Ersuchen als unzulässig zu verwerfen.
Mit Schreiben vom 13.09.2019 hat der Antragsteller klargestellt, dass er keine Prozesskostenhilfe begehrt.
II.
Der Antrag ist unzulässig.
In Rechtsprechung und Literatur ist streitig, ob die Beiordnung eines Notanwalts entsprechend § 78b ZPO im Klageerzwingungsverfahren möglich ist (ablehnend etwa: OLG Hamm NJW 2003, 2386, OLG Hamm, Beschl. v. 11.02.2014 - 1 Ws 23/14 - juris; offen gelassen in: OLG Hamm NJW 2008, 245; bejahend: OLG Bamberg NJW 2007, 2274; OLG Köln NStZ-RR 2008, 117; vgl. auch: Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 61. Aufl., § 172 Rdn. 23). Für eine analoge Anwendung des § 78b ZPO im Klageerzwingungsverfahren könnte das Gebot effektiven Rechtsschuttzes sprechen. Wenn das Gesetz die Vertretung durch einen Anwalt vorschreibt, darf der Rechtsschutz nicht am Fehlen eines postulationsfähigen Vertreters scheitern (Meyer-Goßner/Schmitt a.a.O.). Andererseits könnte dadurch die Funktion des Anwaltszwangs des § 172 Abs. 3 S. 2 StPO unterlaufen werden. Die Regelung soll die Einhaltung der inhaltlichen Anforderungen des § 172 Abs. 3 StPO gewährleisten und dem Gericht die Prüfung völlig grundloser Anträge ersparen (Graalmann-Scheerer in: Löwe-Rosenberg, StPO, 27. Aufl. 2018, § 172 Rdn. 144). Die Verweigerung der Mandatsübernahme kann aber den sachlich nachvollziehbaren Grund haben, dass der Rechtsanwalt, dem diese angesonnen wurde, von vornherein erkannt hat, dass es sich um einen völlig grundlosen Antrag handelt. Letztlich kann der Senat aber die Frage offen lassen.
Selbst wenn man § 78b ZPO analog anwenden wollte, so müssten dessen Voraussetzungen dann auch erfüllt sein. Zwar hat der Antragsteller hier noch hinreichend sein erfolgloses Bemühen um einen vertretungsbereiten Rechtsanwalt glaubhaft gemacht. Indes setzt § 78b Abs. 1 ZPO weiter voraus, dass die Rechtsverfolgung nicht mutwillig oder aussichtlos ist. Das ist dann anzunehmen, wenn ein der Partei günstigeres Ergebnis auch bei anwaltlicher Beratung nicht erreicht werden kann. Diese Einschränkung der gerichtlichen Notanwaltsbeiordnung soll einen Rechtsanwalt, der die Verantwortung für den Inhalt und die Fassung seiner Schriftsätze trägt, vor einer ihm nicht zumutbaren Vertretung in von vornherein aussichtlosen Sachen bewahren (BGH, Beschl. v. 29.09.2011 - V ZA 14/11 - juris m.w.N.). Im vorliegenden Fall hat die Rechtsverfolgung des Antragstellers keinerlei Aussicht auf Erfolg. Seine - nur schwer verständliche - Antragsbegründung ergeht sich in Unterstellungen ("mutmaßlicher Gewaltverbrecher", "Marionette" etc.) und lässt bestenfalls den Unmut des Antragstellers mit der Behandlung rechtlicher Anliegen durch die Beschuldigten erkennen, nicht aber ansatzweise eine hinreichende Tatsachenschilderung, die geeignet wäre, ein strafbares Verhalten darstellen.
Fundstellen
Dokument-Index HI13857478 |