Leitsatz (amtlich)

Eine Inzidentfeststellung der Vaterschaft im Unterhaltsverfahren ist grundsätzlich nicht möglich. Eine Ausnahme gilt im Regressprozess zwischen dem Scheinvater und dem von ihm vermuteten Erzeuger des Kindes nur dann, wenn die Vaterschaft unstreitig ist oder deren Voraussetzungen substantiiert behauptet werden und aus bestimmten Gründen ein Verfahren auf Feststellung der Vaterschaft nicht oder nicht in absehbarer Zeit stattfinden kann. Dieser Fall wäre gegeben, wenn keiner der in § 1600 BGB genannten Anfechtungsberechtigen willens oder wegen Verstreichens der Anfechtungsfrist des § 1600b BGB in der Lage wäre, die Vaterschaft des Scheinvaters anzufechten.

 

Normenkette

BGB § 1592 Nr. 1, §§ 1600, 1600b, 1600d

 

Verfahrensgang

AG Dortmund (Beschluss vom 20.12.2012; Aktenzeichen 113 F 6486/12)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Dortmund vom 20.12.2012 wird zurückgewiesen.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.

 

Gründe

Zu Recht hat das AG den Antragstellerin die begehrte Verfahrenskostenhilfe mit der Begründung verweigert, der beabsichtigte Stufenantrag habe keine hinreichende Aussicht auf Erfolg i.S.d. § 114 ZPO. Dieser Würdigung schließt sich der Senat an. Gegenwärtig gilt gem. § 1592 Nr. 1 BGB der zum Zeitpunkt der Geburt der Antragsteller mit deren Mutter verheiratete L als deren Vater. Eine Feststellung der Vaterschaft des Antragsgegners, welche die Antragsteller hilfsweise beantragen, ist gem. § 1600d Abs. 1 BGB unzulässig, solange diese rechtliche Vaterschaft des geschiedenen Ehemannes der Mutter besteht. Andererseits können gem. § 1600d Abs. 4 BGB die Rechtswirkungen der Vaterschaft erst ab dem Zeitpunkt ihrer Feststellung geltend gemacht werden. Dies gilt insbesondere auch für Unterhaltsansprüche.

Daraus ergibt sich, dass die Antragsteller zunächst die Vaterschaft des Scheinvaters anfechten müssen, um sodann im Statusverfahren die Feststellung der Vaterschaft des Antragsgegners betreiben zu können. Dies kann auch in einem Verfahren erfolgen.

Eine Inzidentfeststellung der Vaterschaft des Antragsgegners im Unterhaltsverfahren, wie sie die Antragsteller begehren, ist grundsätzlich nicht möglich. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz gilt nach der Rechtsprechung des BGH im Regressprozess zwischen dem Scheinvater und dem von ihm vermuteten Erzeuger des Kindes nur dann, wenn die Vaterschaft unstreitig ist oder deren Voraussetzungen substantiiert behauptet werden und aus bestimmten Gründen ein Verfahren auf Feststellung der Vaterschaft nicht oder nicht in absehbarer Zeit stattfinden kann. Dieser Fall wäre gegeben, wenn keiner der in § 1600 BGB genannten Anfechtungsberechtigten willens oder wegen Verstreichens der Anfechtungsfrist des § 1600b BGB in der Lage wäre, die Vaterschaft des Scheinvaters anzufechten.

Zwar lässt sich dem Vortrag der Antragsteller entnehmen, dass die Anfechtungsfrist für die Mutter und, da es für die Anfechtung der Kinder während der Minderjährigkeit auf die Kenntnis ihrer gesetzlichen Vertreterin ankommt, auch für die Kinder, verstrichen ist. Denn die Mutter dürfte von Anfang an Kenntnis von den Umständen gehabt haben, die gegen die Vaterschaft des Scheinvaters sprechen, so dass angesichts der Geburtsdaten der Kinder die zweijährige Anfechtungsfrist längst verstrichen ist.

Dies gilt allerdings nicht für die Anfechtungsfristen des leiblichen Vaters und des Scheinvaters. Seit wann diese beiden Anfechtungsberechtigten Kenntnis von den gegen die Vaterschaft des Scheinvaters sprechenden Umständen hatten, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Der Scheinvater, der nach den Ausführungen der Antragsteller jedenfalls nur kurze Zeit mit ihnen zusammengelebt haben dürfte, hat ohne weiteres ein wirtschaftliches Interesse an der Anfechtung seiner Vaterschaft. Nach den Ausführungen der Antragsteller ist aber auch der Scheinvater offenbar an der Anfechtung interessiert, da er ein Umgangsrecht mit seinen Kindern erstrebt und außerdem bereit ist, Unterhalt für diese im Falle der Vaterschaftsfeststellung zu zahlen. Ob sich die Antragsteller darüber hinaus auf ihre eigene Anfechtungsmöglichkeit nach Eintritt der Volljährigkeit (§ 1600b Abs. 3 BGB) verweisen lassen müssen, kann offen bleiben. Denn jedenfalls liegen zum gegenwärtigen Zeitpunkt die Voraussetzungen einer inzidenten Vaterschaftsfeststellung in einem Unterhaltsverfahren - noch - nicht vor. Hierdurch sind die Antragsteller auch keineswegs rechtlos gestellt, da ihnen Unterhaltsansprüche grundsätzlich gegen den Scheinvater - ihren gegenwärtigen rechtlichen Vater - zustehen. Hierdurch hätten sie möglicherweise auch indirekt eine Handhabe, den rechtlichen und den leiblichen Vater zur Klärung der Vaterschaft zu veranlassen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 5357158

FamFR 2013, 395

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