Entscheidungsstichwort (Thema)
Verbotswidrige Nutzung eines Mobiltelefons. "Navigationshilfe"
Leitsatz (amtlich)
Unter dem Begriff der "Benutzung" eines Mobiltelefons i.S.d. § 23 Abs. 1a StVO ist auch die Nutzung als Navigationsgerät zu verstehen.
Normenkette
StVO § 23 Abs. 1 a
Verfahrensgang
AG Essen (Aktenzeichen 42 OWi 91 Js 1638/12 (223/12)) |
Tenor
Der Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde wird auf Kosten des Betroffenen als unbegründet verworfen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht Essen hat den Betroffenen wegen verbotswidriger Benutzung eines Mobiltelefons als Kraftfahrzeugführer zu einer Geldbuße von 40,- € kostenpflichtig verurteilt. Nach den Feststellungen des Amtsgerichts hielt der Betroffene während einer Fahrt mit seinem PKW ein Mobiltelefon mit seiner rechten Hand vor sein Gesicht und tippte dabei dermaßen konzentriert auf das Gerät, dass er eine sich neben ihm befindliche Polizeistreife nicht bemerkte. Der Betroffene hat die Zulassung der Rechtsbeschwerde zur Fortbildung des Rechts beantragt und dazu zum einen ausgeführt, er habe das Mobiltelefon weder bedient noch benutzt. Tatsächlich habe er das Telefon während der Fahrt wieder in seine Ursprungsposition als von ihm genutztes Navigationsgerät bringen wollen, nachdem es aus seiner ursprünglichen Position herausgefallen sei. Zum anderen meint der Betroffene, die Benutzung eines Mobiltelefons als Navigationsgerät falle jedenfalls nicht unter das tatbestandliche Verbot des § 23 Abs. 1a StVO.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, den Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde als unbegründet zu verwerfen.
II.
Der rechtzeitig angebrachte und form- und fristgerecht begründete Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
Da das Amtsgericht Essen den Betroffenen zu einer Geldbuße von nicht mehr als 100,- € verurteilt hat, ist die Rechtsbeschwerde gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 1 OWiG wegen der Anwendung von Rechtsnormen über das Verfahren nicht, wegen der Anwendung von materiellen Rechtsnormen nur zur Fortbildung des Rechts oder wegen der Versagung des rechtlichen Gehörs zuzulassen. Bei einer Verurteilung bis 100,- € kann die Rechtsbeschwerde dagegen nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zugelassen werden; die Zulassung ist insoweit bei Verstößen bis 100,- € noch weiter eingeschränkt.
1.
Zur Fortbildung des Rechts ist die Rechtsbeschwerde nur zuzulassen, wenn der Einzelfall Veranlassung gibt, für die Auslegung von Rechtssätzen und die rechtschöpferische Ausfüllung von Gesetzeslücken Leitsätze aufzustellen und zu festigen (vgl. Göhler/Seitz, OWiG, 16. Aufl., § 80 Rdnr. 3 m.w.N.). Die Fortbildung des Rechts kommt demnach nur bei entscheidungserheblichen, klärungsbedürftigen und abstraktionsfähigen Rechtsfragen in Betracht, ohne dass es dabei um die Nachprüfung des angewendeten Rechts im Einzelfall ginge. Derartige Rechtsfragen zeigt der Zulassungsantrag nicht auf.
a)
Soweit der Betroffene beanstandet, er habe das Mobiltelefon tatsächlich bloß aufgehoben und damit nicht i.S.v. § 23 Abs. 1a StVO benutzt, erschöpft sich die Beschwerdeschrift in unzulässigen Angriffen auf die Feststellungen des Tatgerichts. Rügen dieser Art sind - wenn sie nicht Verstöße gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze aufzeigen - als Sachrüge nicht ordnungsgemäß erhoben, wenn sich aus ihnen ergibt, dass nicht die Anwendung materiellen Rechts beanstandet, sondern ausschließlich die Beweiswürdigung und die Unrichtigkeit der Urteilsfeststellungen angegriffen werden sollen und der Betroffene die Fehlerhaftigkeit aus tatsächlichen Behauptungen herleitet, die - wie im vorliegenden Fall - in den Feststellungen des Urteils keine Stütze finden oder wenn er nur eine eigene, gegensätzliche Beweiswürdigung vornimmt (vgl. OLG Hamm, DAR 2007, 216; Meyer-Goßner, StPO, 55. Aufl., § 344 Rdnr. 19). So verhält es sich hier. Das Amtsgericht hat ohne Verstöße gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze nach durchgeführter Beweisaufnahme, insbesondere nach Vernehmung der seinerzeit beteiligten Polizeibeamten, rechtsfehlerfrei festgestellt, dass der Betroffene sein Mobiltelefon während der Fahrt mit seiner rechten Hand vor sein Gesicht gehalten und dabei zugleich getippt hat.
b)
Es kann dahingestellt bleiben, ob der Betroffene das Mobiltelefon während des vorbeschriebenen Tathergangs zum Telefonieren oder als Navigationshilfe genutzt hat. Denn entgegen der in der Beschwerderechtfertigung vertretenen Ansicht ist unter "Benutzung" i.S.d. § 23 Abs. 1a StVO auch die Nutzung als Navigationsgerät zu verstehen (vgl. OLG Köln, NJW 2008, 3368, 3369; Heß, in: Burmann/Heß/Jahnke/Janker, StVR, 22. Aufl., § 23 StVO Rdnr. 22 a; König, in: Hentschel/König/Dauer, StVR, 41. Aufl., § 23 StVO Rdnr. 32). Insbesondere das Oberlandesgericht Köln hat bereits in seinem Beschluss vom 26. Juni 2008 (81 Ss OWi 49/08 = NJW 2008, 3368, 3369) zutreffend ausgeführt, der Gesamtheit der obergerichtlichen Rechtsprechung zu § 23 Abs. 1a StVO sei mit hinreichender Sicherheit zu entnehmen, dass auch die Nutzung der Funktion ...