Leitsatz (amtlich)
Die in § 177 Abs. 1 Nr. 1 StGB vorausgesetzte Nötigung durch Gewalt erfordert regelmäßig, dass der Täter durch eigene Kraftentfaltung das Opfer einem körperlich wirksamen Zwang aussetzt, um gerade damit geleisteten oder erwarteten Widerstand zu überwinden. Ein Handeln allein gegen den Willen des Opfers oder dessen bloßes Nichteinverstandensein genügt für die Erfüllung des Tatbestandes nicht.
Verfahrensgang
LG Essen (Entscheidung vom 13.09.2013; Aktenzeichen 33 Ns 58/13) |
Tenor
Das angefochtene Urteil wird mit den zugrundeliegenden Feststellungen aufgehoben.
Der Angeklagte wird freigesprochen.
Die Kosten des Verfahrens einschließlich der dem Angeklagten entstandenen notwendigen Auslagen hat die Staatskasse zu tragen; die der Nebenklägerin entstandenen notwendigen Auslagen trägt diese selbst.
Gründe
I.
Das Amtsgericht - Schöffengericht - Essen verurteilte den Angeklagten durch Urteil vom 13. März 2013 wegen sexueller Nötigung zu einer Freiheitsstrafe in Höhe von sechs Monaten mit Strafaussetzung zur Bewährung. Auf die zuungunsten des Angeklagten eingelegte Berufung der Staatsanwaltschaft Essen hat das Landgericht Essen das amtsgerichtliche Urteil im Rechtsfolgenausspruch dahin abgeändert, dass es den Angeklagten zu einer Freiheitsstrafe in Höhe von zehn Monaten mit Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt hat. Die weitergehende Berufung der Staatsanwaltschaft und die Berufung des Angeklagten hat es verworfen.
Gegen dieses seiner Verteidigerin am 23. Oktober 2013 zugestellte Urteil hat der Angeklagte mit dem beim Landgericht am 16. September 2013 eingegangenen Schriftsatz seiner Verteidigerin vom selben Tage Revision eingelegt, diese mit der Verletzung materiellen Rechts begründet und diese Rüge durch weiteren Schriftsatz vom 25. November 2013, eingegangenen beim Landgericht am selben Tag, näher ausgeführt.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat hierzu unter dem 14. Januar 2014 Stellung genommen und die Verwerfung des Rechtsmittels beantragt.
II.
Die Revision ist zulässig, insbesondere ist sie rechtzeitig eingelegt und begründet worden.
Sie hat mit der erhobenen Sachrüge Erfolg und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils insgesamt und zum Freispruch des Angeklagten.
1.
Das Landgericht hat zum Schuldspruch wegen sexueller Nötigung folgende Feststellungen getroffen:
"Der Angeklagte und die Nebenklägerin lernten sich im September 2011 während einer Bahnfahrt kennen. In der Folgezeit hatten sie zunächst Kontakt per SMS und E-Mail, später trafen sie sich regelmäßig, etwa zwei- bis dreimal in der Woche, so dass sich in der Folgezeit eine Freundschaft zwischen beiden entwickelte und es auch zu einvernehmlichem Geschlechtsverkehr kam.
Auch am 07.12.2011 trafen sich der Angeklagte und die Nebenklägerin. Gegen Abend suchten sie gemeinsam die Wohnung der Nebenklägerin in Essen auf, kochten zunächst zusammen und schauten sich anschließend gemeinsam einen Film an.
Es kam sodann einvernehmlich zum Austausch gegenseitiger Zärtlichkeiten und - ebenfalls einvernehmlich - wollte man dann auch den vaginalen Geschlechtsverkehr ausüben. Dafür legte sich die Nebenklägerin auf den Rücken, während der Angeklagte sich über sie legte und sich dabei mit seinen Armen neben ihrem Körper abstützte.
Da die Nebenklägerin während der Durchführung des vaginalen Geschlechtsverkehrs Schmerzen verspürte, forderte sie den Angeklagten mehrfach laut und deutlich auf aufzuhören. Obwohl der Angeklagte, der sich immer noch über der Nebenklägerin befand und dabei auch unmittelbaren Blickkontakt mit ihr hatte, die Aufforderung der Nebenklägerin hörte, übte er entgegen des von der Nebenklägerin geäußerten entgegenstehenden Willens weiterhin den vaginalen Geschlechtsverkehr mit ihr aus. Auch als die Nebenklägerin versuchte, sich unter dem Angeklagten herauszuwinden, indem sie mit ihrem Oberkörper gegen den Angeklagten drückte, um so den Abbruch des Geschlechtsverkehrs zu erreichen, gelang es dem Angeklagten durch Einsatz seines eigenen Körpergewichts die Nebenklägerin in der unter ihm liegenden Position zu halten und den Geschlechtsverkehr entgegen ihrem Willen fortzusetzen. Die Nebenklägerin versuchte weiterhin, sich durch den Einsatz ihrer Körperkraft aus ihrer unter dem Angeklagten liegenden Position zu befreien, was ihr letztlich nach einigen Minuten auch mit erheblichem Kraftaufwand gelang. Der Angeklagte brach daraufhin den vaginalen Geschlechtsverkehr ab, ohne dass es bei ihm zum Samenerguss kam.
Der Angeklagte, der aufgrund des Verhaltens der Nebenklägerin und dem letztendlichen Abbruch des Geschlechtsverkehrs aufgebracht und wütend war, begab sich nunmehr ins Badezimmer unter die Dusche. Die Nebenklägerin folgte ihm und forderte ihn auf, ihre Wohnung zu verlassen. Der Angeklagte, der emotional sehr aufgebracht war, beleidigte daraufhin die Nebenklägerin und warf den Duschkopf so feste auf den Boden, dass dieser kaputt ging. Gleichzeitig drohte er sinngemäß damit, dass er sich das Leben nehmen werde, wenn er jetzt gehen müsse.
Aufgrund des emotio...