Leitsatz (amtlich)
1. Die Verpflichtung des Gerichts, dem Bevollmächtigten eines Verfahrensbeteiligten auf Verlangen eines anderen Beteiligten den Nachweis seiner Bevollmächtigung durch eine öffentlich beglaubigte Vollmacht aufzugeben (§ 13 S. 3 FGG), findet im Verbot rechtsmissbräuchlichen Verhaltens ihre Grenze.
2. Das Rechtsschutzinteresse für die Anfechtung eines Beschlusses über den Wirtschaftplan entfällt, wenn eine bestandskräftige Beschlussfassung der Eigentümerversammlung über die Genehmigung der Jahresabrechnung für das Wirtschaftsjahr vorliegt und der anfechtende Wohnungseigentümer sämtliche Wohngeldvorauszahlungen nach dem Wirtschaftsplan gezahlt hat.
3. Im Verfahren nach dem WEG kann eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde, die sich zunächst auf eine Teilanfechtung der Entscheidung des AG beschränkt, auch nach Ablauf der Beschwerdefrist auf weitere Verfahrensgegenstände erweitert werden, über die durch den angefochtenen Beschluss entschieden worden ist.
Normenkette
FGG § 13 S. 3; WEG § 43 Abs. 1 Nr. 4, § 45 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Bielefeld (Beschluss vom 05.12.2005; Aktenzeichen 23 T 509/05) |
AG Bielefeld (Aktenzeichen 5 II (WEG) 84/04) |
Tenor
Die sofortige weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Gerichtskosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde werden der Beteiligten zu 1) auferlegt. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 2.800 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Beteiligten zu 1) und 2) bilden die Wohnungseigentümergemeinschaft B 33 in C. Derzeitige Verwalterin der Anlage ist die Beteiligte zu 3).
In der Eigentümerversammlung vom 21.4.2004 wurden mehrheitlich u.a. folgende Beschlüsse gefasst:
I. Unter TOP 4 wurde die von der damaligen Verwalterin, Frau I, unter dem 1.3.2004 erstellte Jahresabrechnung 2003 genehmigt und der damaligen Verwalterin für das Abrechnungsjahr 2003 die Entlastung erteilt.
II. Unter TOP 5 wurde beschlossen, die Abrechnungen auch zukünftig in der Form der soeben genehmigten Abrechnung 2003 zu erstellen.
III. Unter TOP 6 wurde beschlossen, die Form der Abrechnung 2003 zu genehmigen,
IV. Unter TOP 7 wurde der am 23.3.2004 erstellte Wirtschaftsplan 2004 genehmigt.
V. Unter TOP 8 wurde der Sohn der Miteigentümerin L zum neuen Verwalter der Anlage für 1 Jahr zu den "bestehenden Konditionen" bestellt.
VI. Unter TOP 15 wurde beschlossen, die Zuführung zur Instandhaltungsrücklage von bisher 7.000 EUR pro Jahr auf 8.000 EUR pro Jahr (das sind 8 EUR je 1.000stel Anteil) anzuheben.
In dem Wirtschaftsplan für 2004 finden sich die Positionen
Finanzamt 3 Mon für 2003 260 EUR
Knappschaft Sozialversicherung 1.250 EUR
für Hausmeister und Verwalter
Mit dem am 18.5.2004 bei dem AG eingegangenen Antrag hat die Beteiligte zu 1) beantragt, die vorgenannten in der Eigentümerversammlung vom 21.4.2004 gefassten Beschlüsse für ungültig zu erklären.
Am 1.8.2004 fand eine weitere Eigentümerversammlung statt, in der folgende Beschlüsse mehrheitlich gefasst wurden:
VII. Unter TOP 5 wurde die Genehmigung der Abrechnung 2003 durch die Eigentümerversammlung vom 21.4.2004 aufgehoben.
VIII. Unter TOP 6 wurde die von der damaligen Verwalterin I unter dem 1.8.2004 neu erstellte Jahresabrechnung 2003 genehmigt.
IX. Unter TOP 7 wurde der in der Eigentümerversammlung vom 21.4.2004 zu TOP 5 gefasste Beschluss über die zukünftige Abrechnungsweise aufgehoben und zugleich beschlossen, die Abrechnungen zukünftig in der Form der unter dem 1.8.2004 neu erstellten Jahresabrechnung 2003 zu erstellen.
Im Hinblick auf die in der Eigentümerversammlung vom 11.8.2004 erfolgte Genehmigung der unter dem 1.8.2004 neu erstellten Jahresabrechnung 2003 haben die Beteiligten das Anfechtungsverfahren hinsichtlich der in der Eigentümerversammlung vom 21.4.2004 unter TOP 4 genehmigten Jahresabrechnung 2003 in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt.
Hinsichtlich ihrer Anfechtungsanträge hat die Beteiligte zu 1), die die für das Jahr 2004 zu zahlenden Hausgeldvorauszahlungen entsprechend dem am 21.4.2004 beschlossenen Wirtschaftsplan geleistet hat, geltend gemacht: Der Beschluss über die zukünftige Form der Abrechnung sei fehlerhaft, da es sich bei der zugrundeliegenden Abrechnung vom 1.3.2004 nicht um eine reine Einnahmen- und Ausgabenrechnung gehandelt habe. Der Wirtschaftsplan für das Jahr 2004 sei fehlerhaft, weil er unberechtigt hinsichtlich der Vergütung des Verwalters Lohnnebenkosten, nämlich Sozialversicherungsbeiträge und Pauschalsteuern berücksichtige, ohne dass dies durch entsprechende Beschlüsse oder Vereinbarungen der Gemeinschaft gedeckt sei. Der Verwalter L sei zu denselben Konditionen bestellt worden wie seine Vorgängerin Frau I. In deren Verwaltervertrag heiße es:
"Der Hausverwalter erhält für seine Tätigkeit 204,52 EUR monatlich. ..."
Diese Regelung sei dahin auszulegen, dass die Pauschalsteuern und die Sozialabgaben für den Verwalter von diesem selbst und nicht von der Gemeinschaft zu tragen seien. Da solche Ausgaben fehlerhaft auch für die frühere Ve...