Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungseigentumssache: Erledigung eines Abrechnungsstreits im dritten Rechtszug
Leitsatz (amtlich)
1.
Zur Kausalität von Einberufungsmängeln für die Beschlußfassung der Wohnungseigentümer.
2.
Verlangt ein Wohnungseigentümer im Verfahren nach § 43 Abs. 1 Nr. 2 WEG von dem Verwalter die Erstellung formal ordnungsgemäßer Jahresabrechnungen, so erledigt sich das Verfahren, wenn der Verwalter im dritten Rechtszug Jahresabrechnungen zu den Akten reicht, die diesen formalen Mindestanforderungen genügen. Ob die Jahresabrechnungen an sachlichen Fehlern leiden, ist unerheblich.
Normenkette
WEG § 21 Abs. 4, § 23 Abs. 1, 4, § 28 Abs. 3
Verfahrensgang
LG Münster (Aktenzeichen 2 T 39/96) |
AG Lüdinghausen (Aktenzeichen 4 II 59/96) |
Tenor
Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben.
Den Beteiligten zu 1) wird in die Frist des § 23 Abs. 4 S. 2 WEG Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt. Auf die sofortige erste Beschwerde der Beteiligten zu 1) vom 18. Dezember 1996 und der Beteiligten zu 2) und 3) vom 13. Dezember 1996 wird die Entscheidung des Amtsgerichts vom 4. Dezember 1996 abgeändert und wie folgt neu gefaßt: Die in der Eigentümerversammlung vom 29. Dezember 1995 gefaßten Beschlüsse werden für ungültig erklärt.
Der Antrag der Beteiligten zu 1) auf Vorlage formell ordnungsgemäßer Jahresabrechnungen durch die Beteiligte zu 3) für die Jahre 1988 bis 1995 wird als unzulässig verworfen. Im übrigen werden die sofortigen ersten Beschwerden der Beteiligten und die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2) und 3) zurückgewiesen.
Die Gerichtskosten des Verfahrens aller drei Instanzen werden den Beteiligten zu 2) und 3) auferlegt.
Außergerichtliche Kosten aller drei Instanzen werden nicht erstattet.
Der Wert des Gegenstandes der sofortigen weiteren Beschwerde wird auf 10.000,00 DM festgesetzt.
Gründe
I.
Die Beteiligten sind die Eigentümer der eingangs genannten Wohnungseigentumsanlage; die Beteiligte zu 3) war in der Zeit vom 7. Januar 1988 bis zum 31. Dezember 1996 Verwalterin. Die Teilungserklärung vom 19. Februar 1971 … verweist in § 5 u. a. wegen der Verteilung der Lasten auf die gesetzliche Regelung.
Zwischen den Beteiligten zu 1) einerseits und den Beteiligten zu 2) und 3) andererseits waren in der Vergangenheit eine Fülle von gerichtlichen Verfahren anhängig, die u. a. Beschlüsse der Wohnungseigentümer zu Jahresabrechnungen betrafen. Durch offenbar rechtskräftigen Beschluß vom 15. Juli 1994 – 6 II 95/92 WEG – erklärte das Amtsgericht Lüdinghausen u. a. einen Beschluß der Eigentümerversammlung zur Verwalterabrechnung für das Jahr 1992 für ungültig, weil er entgegen der Teilungserklärung die verbrauchsunabhängigen Lasten nach Wohnfläche und nicht nach Miteigentumsanteilen umlegt. Mit Schreiben vom 10. Januar 1996 forderten die Beteiligten zu 1) die Beteiligte zu 3) vorgerichtlich auf, für den Zeitraum von Beginn der Verwaltertätigkeit bis zum 31. Dezember 1995 schriftliche, nachvollziehbare und überprüfbare Jahresabrechnungen zu übersenden, denen eine Haftungsquote der Beteiligten zu 1) entsprechend ihrem Miteigentumsanteil von 1/3 zugrunde liege.
Schon zuvor, nämlich mit Schreiben vom 18. Dezember 1995 hatte die Beteiligte zu 3) zu einer Eigentümerversammlung am 29. Dezember 1995, 18.00 Uhr, eingeladen. Gegenstand dieser Versammlung war u. a. die Jahresabrechnung für das Jahr 1994. Über den Ablauf dieser Versammlung besteht zwischen den Beteiligten ebenso Streit wie über den Zeitpunkt, zu dem die Beteiligten zu 1), die in der Versammlung nicht anwesend waren, eine Niederschrift über die Sitzung erhalten haben. Insoweit wird auf die Sachverhaltsdarstellung in der Entscheidung des Landgerichts verwiesen.
Mit am 7. März 1996 beim Amtsgericht eingegangenen Schriftsatz der Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 1) vom 6. März 1996 haben die Beteiligten zu 1) – soweit dies im dritten Rechtszug noch von Interesse ist – beantragt, die am 29. Dezember 1995 gefaßten Beschlüsse für ungültig zu erklären, der Beteiligten zu 3) aufzugeben, formell ordnungsgemäße Jahresabrechnungen für den Zeitraum ihrer Verwaltertätigkeit zu übersenden, den jeweiligen Kontostand des Verwalterkontos zu Beginn und zum Ende eines jeden Jahres bekanntzugeben und Kontoauszüge aller Verwalterkonten in Fotokopie zur Verfügung zu stellen. Zugleich haben die Beteiligten zu 1) hinsichtlich des Beschlußanfechtungsantrages Wiedereinsetzung in den vorigen Stand mit der näher ausgeführten Begründung beantragt, sie hätten von der Durchführung der Eigentümer Versammlung vom 29. Dezember 1995 erstmals mit Schreiben vom 4. März 1996 Kenntnis erhalten, mit dem ihnen ein Sitzungsprotokoll über die angeblich durchgeführte Versammlung vom 29. Dezember 1995 übersandt worden sei.
Das Amtsgericht hat mit den Beteiligten mündlich verhandelt und zu der Frage Beweis erhoben, zu welchem Zeitpunkt den Beteiligten zu 1) eine Ablichtung der Sitzungsniederschrift über die Eigentümerversammlung vom 29. Dezember 1995 übermittelt worden sei. Durch Beschluß ...