Leitsatz (amtlich)
1. Grundsätzlich sind Kosten eines selbstständigen Beweisverfahrens gem. § 485 ZPO als Kosten des Hauptsacherechtsstreits zu behandeln.
2. Dies gilt jedoch nicht, wenn die Parteien im Hauptsacherechtsstreit einen Vergleich mit Kostenaufhebungsregelung schließen, ohne darin auch eine Regelung über die Kosten eines im Verlauf des Rechtsstreits beantragten selbstständigen Beweisverfahrens mit aufzunehmen, welches sich durch zeitnahe Beweisaufnahme im Klageverfahren erledigt hatte.
3. Ohne ausdrückliche Regelung im Vergleich kann der Kläger (Antragsteller des Beweisverfahrens) in diesem Fall keine Kostenausgleichung von der Beklagten (Antragsgegnerin) verlangen.
Verfahrensgang
LG Münster (Aktenzeichen 115 O 220/18) |
Tenor
1. Die sofortigen Beschwerden werden zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Kläger.
Gründe
I. Die Parteien streiten um die Erstattung von Kosten für ein - in der Sache nicht weiter geführtes - selbständiges Beweisverfahren auf Grundlage einer vergleichsweise vereinbarten Kostenregelung.
Der Kläger nahm die Beklagte auf Leistungen aus einer privaten Krankenversicherung in Anspruch. Die Parteien stritten dabei insbesondere um die medizinische Notwendigkeit der betreffenden Behandlung.
Vor Durchführung des von der Kammer anberaumten frühen ersten Termins am 06.06.2019 leitete der Kläger - wegen Dringlichkeit - parallel zu dem Rechtsstreit unter dem 10.05.2019 ein selbständiges Beweisverfahren vor dem Landgericht ein (115 OH 4/19) mit dem Begehren der Einholung eines Sachverständigengutachtens zu der für den Rechtsstreit maßgeblichen Frage der medizinischen Notwendigkeit der betreffenden Behandlung. Die Antragsschrift wurde der Gegenseite zunächst nicht zugestellt.
Nachdem die Kammer auf die mündliche Verhandlung die entsprechende Beweisaufnahme im vorliegenden Hauptsacheverfahren angeordnet hatte, erklärte der Kläger das selbständige Beweisverfahren in der Hauptsache für erledigt. Nach weiterem Schriftwechsel - auch mit der Beklagten - teilte die Kammer dem Kläger im selbständigen Beweisverfahren mit, dass davon ausgegangen werde, dass dieses Verfahren nicht weiter betrieben werden solle, die Akte daher weggelegt werde, und setzte mit Beschluss vom 09.09.20219 den Streitwert für das OH-Verfahren fest. Dem Kläger wurden für das selbständige Beweisverfahren Gerichtskosten in Höhe von 1.925,00 EUR in Rechnung gestellt. Die dagegen gerichtete Erinnerung des Klägers blieb ebenso wie die Beschwerde gegen die darauf ergangene landgerichtliche Entscheidung ohne Erfolg.
Auf ausdrücklichen Wunsch des Klägers stellte die Kammer die Antragsschrift betreffend das selbständige Beweisverfahren Ende 2019 noch der Beklagten zu, weil - so der Kläger - "die Sache sodann als in der Hauptsache erledigt behandelt und über die Kosten des selbstselbständigen Beweisverfahrens im Hauptsacherechtszug mitentschieden werden" könne. Die Beklagte erwiderte daraufhin, dass sie den Antrag für unzulässig halte.
Nach der Beweisaufnahme wies die Kammer des Landgerichts die Klage im Wesentlichen ab. Im Rahmen der dagegen vom Kläger erhobenen Berufung verfolgte dieser seine Hauptsacheanträge weiter und beantragte hinsichtlich der Kosten ausdrücklich, die Kosten des Rechtsstreits einschließlich des selbständigen Beweisverfahrens LG Münster 115 OH 4/19 der Beklagten aufzuerlegen.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat schlossen die Parteien am 16.06.2021 einen Vergleich, in dem sie hinsichtlich der "Kosten des Rechtsstreits und des Vergleichs" deren Aufhebung vereinbarten.
Im anschließenden Kostenfestsetzungsverfahren hat der Kläger unter dem 28.07.2021 die Ausgleichung der Gerichtskosten beantragt, und zwar ausdrücklich auch derjenigen des selbständigen Beweisverfahrens, weil es sich bei diesen um Kosten des Hauptsacherechtsstreits handele.
Mit Beschluss vom 10.11.2021 hat die Rechtspfleger angeordnet, dass die Beklagte an den Kläger insgesamt 6.910,66 EUR nebst Zinsen zu erstatten habe. Dabei hat sie die Kosten des Hauptsachverfahrens I. und II. Instanz ausgeglichen (vgl. BI. 782 d.A.).
Gegen diese Entscheidung wendet sich der Kläger mit seiner sofortigen Beschwerde, weil darin die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens nicht berücksichtigt seien. Dessen vorzeitige Beendigung stehe der Ausgleichung nicht entgegen, weil sich die teilweise Identität der Verfahrensgegenstände daraus ergebe, dass er sich den Antrag nach § 485 ZPO bereits in der Hauptsacheklageschrift vorbehalten habe und den Antrag auf Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens unter dem Hauptsacheaktenzeichen gestellt habe. Das selbständige Beweisverfahren habe sich auch nur aufgrund der - identischen - Beweiserhebung im Hauptsacheverfahren erledigt. Entsprechendes ergebe sich auch aus dem Senatsbeschluss betreffend das Erinnerungsverfahren gegen den Kostenansatz im OH-Verfahren, weil der Senat ausgeführt habe, "Diese Frage und die sich daraus ergebenden Konsequenzen für die Kostentragungspflicht im Verhältnis zwischen den Part...