Leitsatz (amtlich)
Zu den Anforderungen an die tatsächlichen Feststellungen, wenn dem Betroffenen eine vorsätzliche Geschwindigkeitsüberschreitung zur Last gelegt wird.
Verfahrensgang
AG Bochum (Entscheidung vom 10.03.2003) |
Tenor
Das angefochtene Urteil wird mit den zu Grunde liegenden Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens - an das Amtsgericht Bochum zurückverwiesen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht Bochum hat gegen den Betroffenen wegen vorsätzlicher Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit nach den §§ 41 Abs. 2, 49 StVO, 24, 25 StVG, 2 BKatV, Nr. 11.3 Bußgeldkatalog auf eine Geldbuße in Höhe von 60,00 EUR erkannt. Desweiteren hat es gegen ihn ein Fahrverbot von einem Monat verhängt und angeordnet, dass dieses erst wirksam wird, wenn der Führerschein nach Rechtskraft des Urteils in amtliche Verwahrung gelangt, spätestens jedoch mit Ablauf von vier Monaten seit Eintritt der Rechtskraft.
Dazu hat das Amtsgericht folgende tatsächliche Feststellungen getroffen:
"Der Betroffene wurde am 11.07.1977 in Bochum geboren. Seine finanziellen Verhältnisse hat er als geregelt bezeichnet.
Als Kraftfahrzeugführer ist der Betroffene bislang einmal in Erscheinung getreten und zwar wurde ihm mit Bußgeldbescheid der Stadt Gelsenkirchen vom 02.04.2002 wegen Überschreiten der zulässigen Höchstgeschwindigkeit um 39 km/h eine Geldbuße von 75 Euro auferlegt.
Am 19.09.2002 um 22.20 Uhr befuhr der Betroffene mit seinem PKW VW Golf amtliches Kennzeichen XXX die Dr.-C.-Otto-Straße in Fahrrichtung Essen. In der Höhe Einmündung Am Pumpwerk überholte er den vor ihm fahrenden zivilen Funkstreifenwagen VW Golf, BO-3487, in dem sich die Polizeibeamten R. und W. befanden. Die hier zulässige Geschwindigkeit betrug 50 km/h, die von den Polizeibeamten auch in etwa eingehalten wurde. Nach dem Überholen beschleunigte der Betroffene und erhöhte stark seine Geschwindigkeit. Obwohl die Beamten mit ihrem Funkstreifenwagen auch sofort beschleunigten, vergrößerte sich der Abstand zu dem vorausfahrenden PKW des Betroffenen. Bei einer von den Polizeibeamten abgelesenen Geschwindigkeit von 120 km/h, vergrößerte sich der Abstand auf ca. 50 Meter.
Es gelang dann den Beamten mit ihren Funkstreifenwagen auf einen Abstand von ca. 35 Metern aufzuschließen und diesen Abstand gleich bleibend auf einer Strecke von mehr als 400 Metern zu halten. Während dieser Fahrtstrecke betrug die abgelesene Geschwindigkeit stets etwas mehr als 120 km/h. Erst in Höhe des Eisenbahnmuseums Dahlhausen, wo der Betroffene anlässlich einer 90 Grad Kurve sein Tempo vermindern musste, konnte der Betroffene durch die Polizeibeamten angehalten werden.
Die Geschwindigkeitsmessung erfolgte mit einem nicht justierten Tachometer. Die Messstrecke ist gerade und erhält nur eine leichte Biegung. Ungeachtet der Dunkelheit waren die Rückleuchten und das Fahrzeug für die Polizeibeamten stets klar erkennbar.
Dem Betroffenen war die Geschwindigkeitsbeschränkung auf 50 km/h bekannt. Diese hat er des schnelleren Fortkommens wegen vorsätzlich um 30 km/h überschritten. Dieser Wert ergibt sich daraus, dass die Polizeibeamten während der Geschwindigkeitsmessung durch Nachfahren eine Geschwindigkeit von 120 km/h von ihrem Tachometer abgelesen haben. Von diesem Wert waren zunächst 10 Prozent vom Skalenendwert des Tachometer des Polizeifahrzeuges abzuziehen d.h., angesichts eines kahlen Endwertes von 220 km/h waren 22 km/h insoweit abzuziehen. Mit Rücksicht auf mögliche Messabweichungen waren darüber hinaus noch mal 15 Prozent, d.h. 18 km/h abzuziehen, so dass angesichts einer gemessenen Geschwindigkeit von 120 km/h abzüglich 40 km/h an Abzügen insgesamt eine Geschwindigkeit von 80 km/h und dementsprechend eine vorzuwerfende Geschwindigkeitsüberschreitung von 30 km/h verbleibt."
Im Rahmen der Beweiswürdigung heißt es dann weiter:
"Der Betroffene hat die ihm zur Last gelegte Geschwindigkeitsüberschreitung bestritten und behauptet, er sei nicht mehr als 50 km/h gefahren. Richtig sei, dass er den PKW der Polizeibeamten im Bereich einer 30 km/h Zone überholt habe. Im Anschluss daran sei er jedoch nicht schneller als 50 km/h gefahren.
Diese Einlassung wird nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zur sicheren Überzeugung des Gerichtes im Sinne der getroffenen Feststellungen widerlegt. Der Zeuge Rostek hat das Tatgeschehen im Sinne der getroffenen Feststellungen geschildert.
Seine Ausführungen waren ruhig und sachlich und dem Inhalt nach in sich schlüssig. Anhaltspunkte dafür, dass dieser Zeuge die Unwahrheit gesagt haben könnte, haben sich weder aus Art und Weise der Aussage noch aus ihrem Inhalt ergeben. Das Gericht hatte danach keinerlei Bedenken dieser Aussage zu folgen. Die Einlassung des Betroffenen ist demgegenüber lediglich als Schutzbehauptung anzusehen."
Zur rechtlichen Würdigung und Strafzumessung hat das Amtsgericht ausgeführt:
"Der Betroffene hat sich danach der vorsätzlichen Geschwindigkeitsüberschreitung um 30 km/h ge...