Leitsatz (amtlich)
1) Der Senat hält auch für die Anwendung der KV Vorbemerkung 1.1 zum GNotKG an seiner zu § 92 KostO ergangenen Rechtsprechung fest, dass die Berücksichtigung von Vermögenswerten für die Erhebung der Jahresgebühr nicht von der tatsächlichen Verfügbarkeit einzelner Aktiva für den Betroffenen abhängt.
2) Als Vermögen ist deshalb auch ein Erbanteil des Betroffenen zu berücksichtigen, der im Rahmen eines sog. Behindertentestaments mit einer Nacherbfolge und einer Testamentsvollstreckung beschwert ist.
Normenkette
GNotKG KV Vorbemerkung 1.1
Verfahrensgang
LG Münster (Beschluss vom 10.03.2015; Aktenzeichen 5 T 570/14) |
AG Borken (Aktenzeichen 23 XVII 554/13) |
Tenor
Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Geschäftswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 410 EUR festgesetzt.
Der Beteiligten zu 1) wird unter Beiordnung von Rechtsanwalt L aus M Verfahrenskostenhilfe für das Verfahren der weiteren Beschwerde mit Wirkung zum 22.6.2015 bewilligt.
Gründe
I. Für die Beteiligte zu 1) besteht seit dem Jahre 2012 eine gesetzliche Betreuung, die u.a. den Aufgabenkreis "alle Vermögensangelegenheiten" umfasst. Seit dem 30.7.2013 wird das Betreuungsverfahren bei dem AG Borken geführt.
Am 4.7.2013 verstarb der Vater der Beteiligten zu 1). Die Mutter der Beteiligten zu 1) war vorverstorben. Mit notariellem Testament vom 23.12.2010 hatte der Vater der Beteiligten zu 1) diese neben ihren drei Schwestern als Erbin zu ¼ eingesetzt, gleichzeitig jedoch angeordnet, dass sie nur Vorerbin sein solle und ihr Erbteil einer Dauertestamentsvollstreckung unterliegen solle.
Unter C. des notariellen Testaments traf der Erblasser u.a. die folgenden Anordnungen:
Für das meiner Tochter I (die Beteiligte zu 1) als nicht befreiter Vorerbin zufallende Vermögen ordne ich Verwaltungsvollstreckung/Dauervollstreckung an.
Der Testamentsvollstrecker hat das der Vorerbin vererbte Vermögen auf Dauer, also bis zum Eintritt des Nacherbfalls/bis zu ihrem Tode zu verwalten.
Der Testamentsvollstrecker hat ferner die Rechte der Nacherben bis zum Eintritt der Nacherbfolge zu wahren.
Ich treffe hinsichtlich der Dauertestamentsvollstreckung folgende für den Testamentsvollstrecker bindende Verwaltungsanordnungen gem. § 2216 Abs. 2 BGB:
Der Testamentsvollstrecker soll I aus den jährlichen Reinerträgen solcher Geld- oder Sachleistungen zuwenden, die der Verbesserung ihrer Lebensqualität dienen, auf die ein Sozialhilfeträger aber nach den sozialhilferechtlichen Vorschriften nicht zugreifen kann und hinsichtlich derer eine Anrechnung auf I evtl. gewährter Sozialhilfe nicht in Betracht kommt.
Er soll I unter Berücksichtigung ihrer Bedürfnisse und Wünsche insbesondere zuwenden:
Geschenke zu Festen und Feiertagen
...
Die Substanz der Vermögenswerte soll grundsätzlich erhalten bleiben, kann aber in begründeten Ausnahmefällen - z.B. für Sonderanschaffungen - ebenfalls zur Auszahlung an die Vorerbin verwendet werden.
Den Wert des gesamten Nachlasses bezifferte der Testamentsvollstrecker in dem von ihm am 10.1.2014 erstellten Nachlassverzeichnis mit 913.777 EUR.
Mit Kostenrechnung vom 14.2.2014 setzte der Kostenbeamte beim AG Borken u.a. die Jahresgebühr für die Führung der Dauerbetreuung im Jahre 2014 nach KV Nr. 11101 GNotKG i.H.v. 410 EUR an. Der Kostenbeamte ging dabei von einem für die Gebührenberechnung zu berücksichtigenden Vermögen der Beteiligten zu 1) i.H.v. 203.444 EUR aus (1/4 des Nachlasswertes abzgl. 25.000 EUR).
Die von der Beteiligten zu 1) eingelegte Erinnerung gegen diesen Kostenansatz hat das AG durch die zur Entscheidung berufene Betreuungsrichterin nach Einholung der Stellungnahme des Beteiligten zu 2) mit Beschluss vom 30.8.2014 zurückgewiesen.
Die gegen den amtsgerichtlichen Beschluss gerichtete Beschwerde der Beteiligten zu 1) hat das LG Münster mit Beschluss vom 10.3.2015 zurückgewiesen, soweit es um den Kostenansatz für die Jahresgebühr geht, und insoweit die weitere Beschwerde zugelassen.
Der am 2.4.2015 eingegangenen weiteren Beschwerde vom 31.3.2015 hat das LG mit Beschluss vom 23.4.2015 nicht abgeholfen und sie dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
In ihrer Beschwerdebegründung vom 22.6.2015 rügt die Beteiligte zu 1) die Verletzung materiellen Rechts. Ihr stehe kein Vermögen im Sinne der Vorbemerkung 1.1 zum KV des GNotKG zu, da sie über die ihr zugefallene Vorerbschaft nicht verfügen könne und der Testamentsvollstrecker entsprechend der letztwilligen Verfügung des Erblassers nicht bereit sei, ihr Geld zur Begleichung der Gerichtskosten zur Verfügung zu stellen.
II. Die weitere Beschwerde ist aufgrund der Zulassung nach § 81 Abs. 4 Satz 1 GNotKG zulässig, in der Sache aber nicht begründet. Die Entscheidung des LG, nach der für die Dauerbetreuung im Jahre 2014 eine Gebühr nach KV Nr. 11100 GNotKG i.H.v. 410 EUR anzusetzen ist, beruht nicht auf einer Verletzung des Rechts (§ 81 Abs. 4 S. 2 GNotKG).
Gebühren für Betreuungssachen können nach KV Vorbemerkung 1.1 GNotKG nur dann von dem Betreuten erhoben werden, wenn dessen Vermögen nach Abz...