Entscheidungsstichwort (Thema)
Kindesunterhalt: Erzielbares Einkommen eines unterhaltspflichtigen Asylbewerbers
Leitsatz (redaktionell)
Für einen Asylbewerber, der nur über mittelmäßige Deutschkenntnisse verfügt, ist ein Stundenlohn von mehr als 7,00 EUR brutto – was einem bereinigten monatlichen Nettoeinkommen von rund 890,00 EUR entspricht – bei realistischer Betrachtungsweise nicht zu erzielen.
Normenkette
BGB § 1603 Abs. 2; AufenthG § 39
Verfahrensgang
AG Dortmund (Beschluss vom 20.09.2006; Aktenzeichen 178 F 1358/06) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des AG - FamG - Dortmund vom 20.9.2006 wird zurückgewiesen.
Gründe
Die gem. § 127 Abs. 2 ZPO zulässige Beschwerde ist nicht begründet, denn das AG hat das Prozesskostenhilfegesuch der Antragstellerin zu Recht zurückgewiesen, weil die beabsichtigte Klage keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat. Auch der Senat ist der Auffassung, dass der Antragsgegner ein Erwerbseinkommen, das ihn zu Unterhaltszahlungen befähigen würde, auch bei Ausschöpfung aller Erwerbsmöglichkeiten nicht erzielen könnte.
1. Es kann offen bleiben, ob der Antragsgegner gem. § 10 der Beschäftigungsverordnung i.V.m. §§ 39 ff. Aufenthaltsgesetz eine Erlaubnis zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit erhalten könnte, wenngleich auch insoweit (schon im Hinblick auf § 11 der Verordnung) erhebliche Zweifel angebracht sind. Jedenfalls könnte der Antragsgegner bei lebensnaher Bewertung nicht mehr als den ihm zu belassenden notwendigen Selbstbehalt i.H.v. 890 EUR verdienen. Zwar geht der Senat in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass ein männlicher Arbeitnehmer im Bereich ungelernter Tätigkeiten bei Ausschöpfung aller Erwerbsmöglichkeiten im Regelfall ein bereinigtes Nettoeinkommen von 1.100 EUR verdienen könnte; hieran hält der Senat im Grundsatz trotz der schwierigen Situation auf dem Arbeitsmarkt fest. Im Streitfall treten jedoch weitere Umstände hinzu, die eine solche Annahme als unrealistisch erscheinen lassen. Der Antragsgegner stammt aus Marokko; er lebt seit einigen Jahren als Asylbewerber in Deutschland und verfügt, worauf das AG in der Nichtabhilfeverfügung hingewiesen hat, über nur mittelmäßige Deutschkenntnisse. Gemäß Schreiben der Stadt E vom 14.7.2006 ist seitens der Ausländerbehörde beabsichtigt, den Antragsgegner in sein Heimatland zurückzuführen, so dass es ungewiss ist, wie lange sich der Antragsgegner überhaupt noch in Deutschland aufhalten darf. Seine Chancen auf dem Arbeitsmarkt sind hierdurch nachhaltig beeinträchtigt, weshalb für ihn letztlich nur schlecht bezahlte Arbeiten, für die es keine besser qualifizierten Bewerber gibt, in Betracht kommen; ein Stundenlohn von mehr als etwa 7 EUR brutto - der einem bereinigten monatlichen Nettoeinkommen von rund 890 EUR entspricht - wird hier nicht zu erzielen sein.
2. Im Übrigen wäre der Antragsteller auch in Höhe eines Teilbetrages von monatlich 127 EUR nicht aktivlegitimiert, weil er ausweislich der vorgelegten Einkommensbelege Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz erhält.
3. Eine Kostenentscheidung ist wegen § 127 Abs. 4 ZPO nicht veranlasst.
Fundstellen
Haufe-Index 1825923 |
FamRZ 2007, 1480 |