Entscheidungsstichwort (Thema)

weitere Verwahrung des vom Amtsgericht Bielefeld eröffneten Erbvertrages

 

Verfahrensgang

AG Bielefeld (Aktenzeichen 11 IV 1398/82)

AG Berlin-Schöneberg (Aktenzeichen 62 IV 347/86)

 

Tenor

Das Amtsgericht Berlin-Schöneberg ist örtlich zuständig für die weitere Verwahrung des Erbvertrages.

 

Tatbestand

I.

Der Erbvertrag der Eheleute …, der sich in der besonderen amtlichen Verwahrung des Amtsgerichts Bielefeld befand (…, ist nach dem Tode des Ehemannes von diesem Gericht am … eröffnet worden, und zwar hinsichtlich der Verfügungen des Verstorbenen. Anschließend hat dieses Gericht unter Hinweis auf § 2261 BGB den Erbvertrag nebst einer beglaubigten Abschrift des Eröffnungsprotokolls an das Amtsgericht Schöneberg als Nachlaßgericht – in dessen Bezirk der Erblasser seinen letzten Wohnsitz hatte und die Ehefrau auch jetzt noch wohnt – „zur weiteren Veranlassung” übersandt.

Das Amtsgericht Schöneberg hat den Erbvertrag an das Amtsgericht Bielefeld zurückgesandt und sich auf den Standpunkt gestellt, daß zwar die Voraussetzungen des § 2273 Abs. 3 in Verbindung mit § 2300 BGB vorlägen, sich daraus aber zwingend die Notwendigkeit der vollständigen Eröffnung des Erbvertrages ergebe; andernfalls wäre die weitere besondere amtliche Verwahrung des dann wieder zu verschließenden Erbvertrages beim Amtsgericht Bielefeld vorzunehmen.

Unter dem 12. November 1986 hat das Amtsgericht Schöneberg Erinnerung „gegen die Auffassung” des Amtsgerichts Bielefeld eingelegt. Der Rechtspfleger und der Richter dieses Amtsgerichts haben der Erinnerung nicht abgeholfen und sie dem Landgericht vorgelegt. Das Landgericht Bielefeld hat die Sache seinerseits gem. § 5 FGG dem Senat vorgelegt, weil es vorrangig einen Streit um die örtliche Zuständigkeit als gegeben ansieht.

 

Entscheidungsgründe

II.

Der Senat bejaht die Voraussetzungen für seine Entscheidungszuständigkeit nach § 5 FGG. Es handelt sich vorliegend, wie das Landgericht zutreffend angenommen hat, um einen Streit der Amtsgerichte Bielefeld und Schöneberg um die örtliche Zuständigkeit, und der Senat ist anstelle des an sich dazu berufenden Bundesgerichtshofs zuständig für die Entscheidung; zu seinem Bezirk gehört nämlich das zuerst mit dieser Sache – d.h. mit der weiteren Verwahrung des eröffneten Erbvertrages – befaßte Gericht.

1)

Daß es sich um einen Streit um die örtliche Zuständigkeit dann handelt, wenn sich beide Gerichte über die Notwendigkeit einer Wiederverschließung und weiteren besonderen amtlichen Verwahrung eines Erbvertrages oder eines gemeinschaftlichen Testaments, also über die Voraussetzungen des § 2273 Abs. 2 BGB einig sind, jedes Gericht aber die Verwahrung ablehnt, ist in der Rechtsprechung anerkannt (vgl. Senatsbeschlüsse vom 22.07.1971 in OLGZ 1972, 73 = Rpfleger 1971, 898 und vom 14.11.1985 – 15 Sbd. 11/85 –; KG in Rpfleger 1972, 405; BayObLG in Rpfleger 1974, 156).

Das gleiche muß aber auch dann gelten, wenn beide Gerichte – wie hier – darin übereinstimmen, daß das Testament bzw. der Erbvertrag nur Anordnungen enthält, die sich auf den Erbfall bezüglich des Erstversterbenden beziehen, mithin ein Fall nach § 2273 Abs. 3 vorliegt, so daß eine erneute besondere amtliche Verwahrung (gemäß Abs. 2 der Vorschrift) gerade nicht vorzunehmen ist; der Erbvertrag hat in diesem Falle offen bei der Testamentakte zu verbleiben. Darüber, bei welchem der beiden Amtsgerichte diese Verwahrung zu geschehen hat, streiten die Gerichte hier.

2)

Als örtlich zuständig ist das Amtsgericht Schöneberg zu bestimmen.

Auszugehen ist von § 2261 in Verbindung mit § 2300 BGB. Nach § 2261 ist ein Testament, wenn es sich bei einem anderen Gericht als dem Nachlaßgericht in amtlicher Verwahrung befunden hat und deswegen dort eröffnet worden ist, nach der Eröffnung nebst einer beglaubigten Abschrift des Eröffnungsprotokolls an das Nachlaßgericht zu übersenden; gleiches gilt nach § 2300 BGB für Erbverträge. Diese Regelung gilt – entgegen der Ansicht des Kammergerichts (a.a.O.) und des OLG Oldenburg (NJW – RR 1987, 265) – nach weitaus überwiegender Auffassung (vgl. etwa BayObLG a.a.O.; Senat a.a.O.; OLG Celle in Rpfleger 1979, 24; Palandt/Edenhofer, BGB, 45. Aufl., § 2273 Anm. 3; Dittmann/Reimann/Bengel, Testament und Erbvertrag, 2. Aufl., § 2273 BGB Rn. 12 und 17; Staudinger/Kanzleiter, BGB, 12. Aufl., § 2273 Rn. 16; Firsching, Nachlaßrecht, 6. Aufl., Rn. 85, Seite 191, jeweils mit weiteren Nachweisen) ausnahmslos auch in den Fällen des § 2273 BGB. Das ergibt sich insbesondere aus der gesetzlichen Regelung über die Ablieferungspflicht (§ 2259 BGB), wonach jedes Testament nach dem Tode des Testators an das Nachlaßgericht abzuliefern ist. Mit den §§ 2259 und 2261 in Verbindung mit § 2300 BGB wird sichergestellt, daß jede Verfügung von Todes wegen nach einem Erbfall an das Nachlaßgericht gelangt, einerlei wo sie sich zuvor befunden hat. Das hat seinen guten Grund darin, daß eine Verfügung von Todes wegen nach einem Erbfall (auch nach vorheriger Eröffnung gem. § 2261 BGB) in erster Linie für die dem N...

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