Verfahrensgang
LG Münster (Aktenzeichen 212 O 134/18) |
Tenor
Der Senat weist die Parteien darauf hin, dass er beabsichtigt, die Berufung der Beklagten gegen das am 20.11.2019 verkündete Urteil des Landgerichts Münster - vorbehaltlich einer schriftlichen Stellungnahme der Beklagten - durch Beschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO ohne mündliche Verhandlung zurückzuweisen, da die Berufung keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordern und eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Die Beklagte erhält Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen ab Zugang dieses Beschlusses.
Gründe
I. Das klagende Land verlangt von der Beklagten aus abgetretenem Recht die von Restwerklohn in Höhe der Umsatzsteuer aus Bauverträgen, die die Beklagte Bauträgerin mit 17 bauleistenden Unternehmen, den Zedenten, abgeschlossen hat.
In den Jahren 2010 bis 2014 erbrachten die Zedenten Bauleistungen für die Beklagte als Bauträgerin; beide Vertragsparteien gingen dabei davon aus, dass entsprechend der damaligen Verwaltungspraxis die Beklagte die Umsatzsteuerlast zu tragen hätte. Aus diesem Grunde stellten die Zedenten der Beklagten Nettorechnungen und diese führte die Umsatzsteuer ab.
Mit Urteil vom 22.08.2013 (V R 37/10) erklärte der Bundesfinanzhof die bisherige Verwaltungspraxis zur Umkehr der Steuerschuldnerschaft bei Bauleistungen für rechtswidrig, weshalb Bauträger die zunächst von .ihnen an das Finanzamt abgeführte Umsatzsteuer für die von ihnen bezogenen Bauleistungen zurückführen könnten. Denn Steuerschuldner bei Leistungen an Bauträger sei der leistende Unternehmer.
Der Gesetzgeber erließ daraufhin mit Gesetz vom 25.07.2014 die Vorschrift des § 27 Abs. 19 UStG. Hiernach ist, wenn Unternehmer und Leistungsempfänger davon ausgegangen sind, dass der Leistungsempfänger die Steuer nach § 13b auf eine vor dem 15. Februar 2014 erbrachte steuerpflichtige Leistung schuldet, und sich diese Annahme als unrichtig herausstellt, die gegen den leistenden Unternehmer wirkende Steuerfestsetzung zu ändern, soweit der Leistungsempfänger die Erstattung der Steuer fordert, die er in der Annahme entrichtet hatte, Steuerschuldner zu sein. Gemäß S. 3 kann das für den leistenden Unternehmer zuständige Finanzamt auf Antrag zulassen, dass der leistende Unternehmer dem Finanzamt den ihm gegen den Leistungsempfänger zustehenden Anspruch auf Zahlung der gesetzlich entstandenen Umsatzsteuer abtritt, wenn die Annahme der Steuerschuld des Leistungsempfängers im Vertrauen auf eine Verwaltungsanweisung beruhte und der leistende Unternehmer bei der Durchsetzung des abgetretenen Anspruchs mitwirkt.
Voraussetzung dafür, dass diese Abtretung an Zahlungs statt wirkt, ist gemäß S. 4 insbesondere, dass der leistende Unternehmer dem Leistungsempfänger eine erstmalige oder geänderte Rechnung mit offen ausgewiesener Umsatzsteuer ausstellt und dem Leistungsempfänger diese Abtretung unverzüglich mit dem Hinweis angezeigt wird, dass eine Zahlung an den leistenden Unternehmer keine schuldbefreiende Wirkung mehr hat.
Die Beklagte stellte mit Schreiben vom 31.12.2014 Anträge auf Erstattung der von ihr zunächst entrichteten Umsatzsteuer (BI. 21 f. d.A.) und erhielt eine Erstattungszahlung der Finanzverwaltung, die u.a. die Umsatzsteuer auf die ihr von den 17 Zedenten in Rechnung gestellten Nettobeträge in Höhe von 564.766,02 EUR betraf.
Die Finanzverwaltung änderte sodann im Jahr 2015 die Steuerfestsetzung gegenüber den Zedenten nach § 27 Abs. 19 S. 1 UStG.
Diese änderten daraufhin ihre Rechnungen gegenüber der Beklagten und stellten ihr die Umsatzsteuer jeweils offen ausgewiesen in Rechnung.
Zudem traten sie ihre Forderungen in Höhe der noch offenen Umsatzsteuer an das klagende Land ab.
Das klagende Land hat gemeint, die Beklagte moniere zu Unrecht die unterbliebene Vorlage der einzelnen Bauverträge, da diese ihr ebenso wie die Rechnungen vorlägen, zumal sie letztere unstreitig in Höhe der Nettobeträge beglichen habe.
§ 16 Abs. 3 Nr. 2 VOB/B sei - soweit er, was bestritten werde, überhaupt wirksam vereinbart worden sei - teleologisch dahingehend auszulegen, dass die Nachforderung der Umsatzsteuer nicht von der Ausschlusswirkung erfasst werde, da die Berechtigung der Zedenten, die Umsatzsteuer in Rechnung zu stellen, das Ergebnis einer ergänzenden Vertragsauslegung sei und dieser Anspruch bei Schlussrechnungsstellung in diese noch gar nicht habe aufgenommen werden können. Zudem werde bestritten, dass die Beklagte die Zedenten schriftlich über die Tatsache einer Schlusszahlung unterrichtet und sie auf die Ausschlusswirkung hingewiesen habe.
Die streitgegenständlichen Ansprüche der Zedenten gegen die Beklagte auf Zahlung der Umsatzsteuer ergäben sich im Rahmen einer ergänzenden Vertragsauslegung, nachdem die Beklagte bisher nur den Netto-Werklohnanspruch beglichen habe. Die Parteien der Bauverträge seien davon ausgegangen, da...