Leitsatz (amtlich)
Zur Ablehnung der Beiordnung eines Verfahrensbevollmächtigten in einem Verfahren nach § 1666 BGB bei Vorliegen widerstreitender Interessen i.S.d. § 43a Abs. 4 BRAO.
Normenkette
BRAO § 43a Abs. 4; FamFG § 78 Abs. 2
Verfahrensgang
AG Marl (Beschluss vom 23.11.2011; Aktenzeichen 20 F 311/11) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Kindesvaters Q vom 16.2.2011 gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Marl vom 23.11.2011 wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Der Kindesvater und Beschwerdeführer strebt mit der Beschwerde die Beiordnung von Rechtsanwalt T aus N im Rahmen der bewilligten Verfahrenskostenhilfe an. In dem Verfahren geht es um den Entzug der elterlichen Sorge für die Kindeseltern nach § 1666 BGB auf Antrag des Jugendamtes.
Rechtsanwalt T ist tätig unter dem Briefkopf "C & T". Der im Briefkopf mit benannte Rechtsanwalt und Notar C vertrat die Kindesmutter (und spätere Ehefrau des Beschwerdeführers) im Jahr 2007 sowie 2008 als geschädigte Zeugin in einem Strafverfahren sowie als Prozessbevollmächtigter in einem Gewaltschutzverfahren, jeweils gegen den Beschwerdeführer. Der Beschwerdeführer wurde in den Strafverfahren verurteilt und das Gewaltschutzverfahren endete mit einem Vergleich am 29.4.2008, in welchem des Verfahrens für erledigt erklärt wurde.
Am 19.4.2011 wurde die gemeinsame Tochter M geboren. Am 21.7.2011 beantragte das Jugendamt der Stadt N eine Anhörung der Kindeseltern wegen eventueller Gefährdung des Kindeswohls. Neben diesem Hauptsacheverfahren - 20 F 311/11 - leitete das AG Marl zugleich ein einstweiliges Anordnungsverfahren mit dem Aktenzeichen 20 F 312/11 (zugleich OLG Hamm 2 WF 24/12) ein. In beiden Verfahren fand am 23.8.2011 eine mündliche Verhandlung statt. Das AG hat dem Beschwerdeführer in beiden Verfahren Verfahrenskostenhilfe bewilligt und ihm Rechtsanwalt Bub beigeordnet.
Am 26.9.2011 wandten sich der Beschwerdeführer und die Kindesmutter gemeinsam an die Rechtsanwälte C & T und unterschrieben beide eine Vollmacht, in denen sie als Eheleute die "Rechtsanwälte & Fachanwälte C & T" beauftragten "in Sachen Q./. AG Marl" wegen "Sorgerecht für das Kind M". Insoweit wird Bezug genommen auf die beglaubigte Kopie der Vollmacht (Bl. 44 der Akte 2 WF 24/12).
Aufgrund dieser Vollmacht teilten die Rechtsanwälte C & T in beiden Verfahren mit, dass sie die Eheleute Q vertreten würden. Die bisherigen beigeordneten Verfahrensbevollmächtigten des Beschwerdeführers und der Kindesmutter legten daraufhin die Mandate nieder.
Wegen der zwischenzeitlichen Trennung der Eheleute ließ sich die Kindesmutter jedoch nicht weiter durch Herrn Rechtsanwalt T vertreten, sondern bevollmächtigte mit Vollmacht vom 3.11.2011 den Rechtsanwalt J aus N.
Mit der schriftlichen Erklärung vom 21.11.2011 bestätigte der Beschwerdeführer, dass ihn Rechtsanwalt T aus N nach hinreichender Belehrung und Aufklärung in den Verfahren weiter vertreten soll. Der Beschwerdeführer hielt den Antrag aufrecht, ihm Rechtsanwalt T als Verfahrensbevollmächtigten in beiden Verfahren (Hauptsache und einstweilige Anordnung, unter Anrechnung der bereits entstandenen Gebühren beizuordnen.
Das AG hat in dem angefochtenen Beschluss vom 23.11.2011 den Antrag auf Änderung der Beiordnung zurückgewiesen. Sowohl Rechtsanwalt C als auch Rechtsanwalt T aus derselben Kanzlei könnten wegen Verstoßes gegen § 356 StGB nicht beigeordnet werden. Es sei eine Vertretung der Kindesmutter als Nebenklägerin in dem früheren Strafverfahren gegen den Beschwerdeführer und als Klägerin in dem Zivilverfahren gegen den Beschwerdeführer erfolgt. Es handele sich um dieselbe Rechtssache wie in den früheren gerichtlichen Verfahren. In dem vorliegenden Verfahren auf Entzug der elterlichen Sorge für das gemeinsame Kind könnten sich beide Eltern als Gegner gegenüberstehen, weil der Anlass für die Überprüfung der Streit der Eltern sei. Es sei auch früher bereits eine Trennung und Versöhnung erfolgt. Gerade das Beziehungsgeflecht könne den Ausschlag in dem Verfahren auf Sorgerechtsentzug geben. Das Wissen aus der früheren Vertretung für die Kindesmutter könne der Rechtsanwalt jetzt zum Vorteil des Beschwerdeführers einsetzen.
Hiergegen wendet sich der Beschwerdeführer mit der sofortigen Beschwerde. Zur Begründung verweist er darauf, dass die Kindesmutter durch Rechtsanwalt C vertreten worden sei zu einem Zeitpunkt, als noch keine Zusammenarbeit zwischen Rechtsanwalt C und Rechtsanwalt T erfolgt sei. Auch jetzt bestehe keine Sozietät, sondern Rechtsanwalt C sei lediglich freiberuflicher Mitarbeiter von Rechtsanwalt T. Eine Vorbefassung liege daher nicht vor. Die Vertretung des Beschwerdeführers sei auch auf dessen ausdrücklichen Wunsch erfolgt. Eine einheitliche Rechtssache liege nicht vor. Das damalige Strafverfahren und das Zivilverfahren hätten nichts mit dem gemeinsamen Kind zu tun, zumal dieses zum damaligen Zeitpunkt noch nicht geboren sei. Das jetzige Verfahren sei zudem von Amts wegen zu führen, so dass eine Interessenkollision nicht bestehe. Auf § 3 Abs. 2 BORA könne n...