Verfahrensgang
LG Münster (Aktenzeichen 115 O 243/20) |
Tenor
Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen.
Es wird Gelegenheit gegeben, binnen drei Wochen Stellung zu nehmen.
Gründe
I. Der Kläger nimmt den beklagten Versicherer aus einer Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung in Anspruch. Er macht geltend, aufgrund einer Arthrose des rechten oberen Sprunggelenks seit Februar 2018 als Schornsteinfeger bedingungsgemäß berufsunfähig zu sein.
Den zugrunde liegenden Versicherungsantrag stellte der Kläger kurz nach Vollendung des 18. Lebensjahres am 4. Juli 2016 unter Vermittlung der Versicherungsagentin A in deren Geschäftsstelle. Sämtliche im Antragsformular - wegen dessen Inhalt im Einzelnen auf Bl. 173 ff. der elektronischen Gerichtsakte I. Instanz (im Folgenden: eGA-I und für die Berufungsinstanz eGA-II) Bezug genommen wird - enthaltenen Gesundheitsfragen, unter anderem jene nach Krankheiten, Störungen oder Beschwerden der Gelenke in den letzten fünf Jahren, sind durch Ankreuzen mit "Nein" beantwortet.
Tatsächlich hatte der Kläger am 24. Oktober 2014 eine Bandkapselruptur im rechten oberen Sprunggelenk erlitten und war aufgrund dieser Verletzung am 26. Oktober 2014 in einem Krankenhaus behandelt worden. Am 8. Januar 2015 war ein MRT des rechten Fußes gefertigt worden und ab dem 17. Juni 2015 hatte sich der Kläger in die Behandlung eines Orthopäden begeben und sich dort einer Endoskopie unterzogen.
Zum Antragsgespräch ist zwischen den Parteien unstreitig, dass die Antragsaufnahme durch die Agentin A erfolgte, die dem Kläger die Gesundheitsfragen im Einzelnen vorlas und Eintragungen unmittelbar am Bildschirm ihres Rechners vornahm. Die Beklagte hat erstinstanzlich behauptet, der Kläger habe nach Ausfertigung des Antrags ein Druckstück erhalten und das Antragsformular an mehreren dafür vorgesehenen Stellen eigenhändig unterzeichnet. Hierzu hat sie unter anderem auf eine nicht unterzeichnete Beratungsdokumentation verwiesen, nach der dem Kläger eine Kopie des Antrags ausgehändigt wurde. Der Kläger hat hierzu erklärt, dass es sich bei den auf dem von ihm wie auch von der Beklagten eingereichten Druckstück des Antrags erkennbaren Unterschriften um seine handele, er sich aber weder an die Unterschriftsleistung noch daran erinnern könne, eine Ausfertigung des Antrags erhalten zu haben; bei seinen Unterlagen habe sich eine Ausfertigung nicht befunden.
Nachdem der Kläger im Jahre 2019 Leistungen aus der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung begehrte und die Beklagte im Rahmen der Leistungsprüfung die genannten Vorerkrankungen ermittelte, erklärte sie mit Schreiben vom 14. Juni 2019 (eGA-I 117 ff.) wegen zumindest fahrlässiger Verletzung der vorvertraglichen Anzeigeobliegenheit durch den Kläger die Anpassung des Vertrages durch rückwirkende Einfügung eines Ausschlusses mit folgendem Inhalt:
"Es gilt als vereinbart, dass Erkrankungen und Funktionsstörungen des rechten Sprunggelenks vom Versicherungsschutz ausgeschlossen sind. Auch degenerative Veränderungen (Verschleißerkrankungen, z. B. Arthrose, Knorpelschäden) sind vom Versicherungsschutz ausgeschlossen.
Versicherungsschutz besteht jedoch dann, wenn Berufsunfähigkeit nachweislich verursacht wird
- durch eine künftige Tumorerkrankung im rechten Sprunggelenk,
- durch ein künftige rheumatische oder infektiöse Erkrankung im rechten Sprunggelenk."
Unter Berufung auf diesen Ausschluss lehnt die Beklagte die Erbringungen von Leistungen aus der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung ab.
Mit seiner Klage hat der Kläger die Verurteilung der Beklagten zur Erbringung der versicherten Leistungen aus der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung (Rente und Beitragsbefreiung) ab März 2018 begehrt. Er hat im Wesentlichen geltend gemacht, dass sich die Beklagte auf eine Verletzung der vorvertraglichen Anzeigeobliegenheit gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 VVG und die sich aus § 19 Abs. 2 bis 4 VVG ergebenden Rechte nicht berufen könne, da ihm die Gesundheitsfragen bei der konkreten Antragsaufnahme nicht in Textform gestellt worden seien.
Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Parteivorbringens und wegen der erstinstanzlich gestellten Anträge wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung (eGA-I Bl. 13 ff. Entscheidungsheft) Bezug genommen.
Das Landgericht hat die Klage mit dem angefochtenen Urteil abgewiesen. Die Beklagte habe zu Recht den Vertrag rückwirkend dahingehend angepasst, dass Erkrankungen und Funktionsstörungen des rechten Sprunggelenks, darunter auch degenerative Veränderungen, vom Versicherungsschutz ausgeschlossen seien. Eine Berufung auf die Rechte aus § 19 Abs. 2 bis 4 VVG sei der Beklagten nicht deshalb verwehrt, weil die Gesundheitsfragen nicht in Textform gestellt worden seien. Denn das Textformerfordernis sei auch dann erfüllt, wenn der Versicherungsnehmer die Gesundheitsfragen zusammen mit dem Versicherungsvertreter am Bildschirm ausfülle, der Versicherungsnehmer dabei mitlesen könne, er die ausgefüllten Unterlagen am Ende a...