Entscheidungsstichwort (Thema)
Urteilsgründe. Anforderungen. Beweiswürdigung. Einlassung. Pflichtverteidiger. OWi-Verfahren. Rechtsbeschwerde
Leitsatz (amtlich)
Die in den Urteilsgründen gemäß § 71 Abs. 1 OWiG i.V.m. §§ 261, 267 StPO darzulegende Beweiswürdigung muss auch in Bußgeldsachen so beschaffen sein, dass sie dem Rechtsbeschwerdegericht eine rechtliche Überprüfung ermöglicht. Das Urteil muss deshalb erkennen lassen. auf welche Tatsachen das Gericht seine Überzeugung gestützt hat, wie sich der Betroffene eingelassen hat und ob das Gericht dieser Einlassung (und warum) folgt und inwieweit es seine Einlassung für widerlegt ansieht.
Zur ggf. erforderlichen Beiordnung eines Pflichtverteidigers im OWi-Verfahren.
Normenkette
StPO §§ 267, 140; OWiG § 60
Verfahrensgang
AG Essen (Entscheidung vom 08.07.2009) |
AG Essen (Entscheidung vom 24.02.2009) |
Tenor
1.
Dem Betroffenen wird auf seine Kosten (§ 473 Abs. 7 StPO i.V.m. § 46 OWiG) Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Rechtsbeschwerde gegen das Urteil des Amtsgerichts Essen vom 24 Februar 2009 gewährt.
2.
Der Beschluss des Amtsgerichts Essen vom 8. Juli 2009, durch den die Rechtsbeschwerde des Betroffenen als unzulässig verworfen worden ist und der dagegen gerichtete Antrag des Betroffenen auf Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts sind damit gegenstandslos.
3.
Das angefochtene Urteil des Amtsgerichts Essen vom 24. Februar 2009 wird mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Essen zurückverwiesen.
Gründe
Das Amtsgericht Essen hat den Betroffenen am 24. Februar 2009 wegen Führens eines Kraftfahrzeuges unter Drogeneinfluss (fahrlässige Ordnungswidrigkeit gemäß § 24 a StVG) zu einer Geldbuße in Höhe von 250,- EUR verurteilt und ein Fahrverbot für die Dauer eines Monats unter Gewährung der 4-Monats-Frist gemäß § 25 Abs. 2 a StVG verhängt.
Gegen dieses Urteil hat der Betroffene mit dem bei dem Amtsgericht Essen am 24. Februar 2009 eingegangenen Schriftsatz seines Verteidigers Rechtsbeschwerde eingelegt. Das angefochtene Urteil ist dem Verteidiger ausweislich seines Empfangsbekenntnisses am 25. März 2009 (BI. 97 d.A.) und ausweislich des weiteren Empfangsbekenntnisses (BI. 103 d.A.) erneut am 20. Mai 2009 zugestellt worden.
Mit am 22. Juni 2009 bei dem Amtsgericht Essen eingegangenen Schriftsatz. hat der Verteidiger beantragt, dem Betroffenen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der Rechtsbeschwerdebegründung zu gewähren und hat die Rechtsbeschwerde mit der Sachrüge und der Verfahrensrüge unter näheren Ausführungen begründet.
Mit Beschluss vom 8. Juli 2009 hat das Amtsgericht Essen die Rechtsbeschwerde des Betroffenen als unzulässig verworfen, da die Rechtsbeschwerde nicht binnen der Monatsfrist gemäß §§ 79 ff. OWiG i.V.m. §§ 346 Abs. 1, 345 StPO begründet worden sei. Gegen diesen dem Verteidiger am 9. Juli 2009 zugestellten Beschluss wendet sich der Betroffene durch seinen Verteidiger mit am 16. Juli 2009 gestellten Antrag - auf Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts mit näheren Ausführungen.
II.
Wird demselben Empfangsberechtigten mehrfach zugestellt, so ist nur die erste Zustellung maßgebend (vgl. BGH NJW 78, 60; Meyer-Goßner, StPO, 52, Aufl., Rdnr. 29 zu § 37 m.w.N.). Demgemäß war die nach Zustellung des Urteils an den Verteidiger am 25. März 2009 am 22. Juni 2009 bei dem Amtsgericht Essen eingegangene Rechtsbeschwerdebegründung verspätet. Dem Betroffenen ist indes auf seinen Antrag hin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Rechtsbeschwerde gegen das Urteil des Amtsgerichts Essen vom 24. Februar 2009 zu gewähren, denn der Betroffene war ohne eigenes Verschulden gehindert. diese Frist einzuhalten. Das Verschulden seines Verteidigers, der offenbar infolge eines eigenen oder eines Büroversehens die an ihn erfolgte, mit Empfangsbekenntnis vom 25_ März 2009 belegte Zustellung des Urteils nicht zur Kenntnis bzw. nicht zum Anlass für die Fertigung einer fristgemäßen Rechtsbeschwerdebegründung genommen hat, ist dem Betroffenen nicht zuzurechnen (vgl. Meyer-Goßner, StPO, a.a.O., Rdnr. 18 zu .§ 44 rn.w.N.).
Besondere Umstände, die ein Mitverschulden des Betroffenen an der Fristversäumnis erkennen ließen und eine andere Beurteilung rechtfertigen könnten, sind nicht ersichtlich.
2.
Der Beschluss des Amtsgerichts Essen vom B. Juli 2009, durch den die Rechtsbeschwerde wegen Verspätung als unzulässig verworfen worden ist und der gegen diese Entscheidung gerichtete Antrag des Betroffenen auf Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts sind mit der gewährten Wiedereinsetzung gegenstandslos geworden.
3.
Die somit als fristgerecht anzusehende und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde hat in der Sache - einen zumindest vorläufigen - Erfolg. Sie führt bereits auf die Sachrüge hin zur Aufhebung des amtsgerichtlichen U...