Entscheidungsstichwort (Thema)

Sicherungsverwahrung. Abstandsgebot. Größe des Haftraums

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Größe und Ausstattung von Hafträumen, mit denen das Abstandsgebot gewahrt wird.

 

Normenkette

GG Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1; StGB § 66; StVollzG § 116 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Arnsberg (Aktenzeichen IV StVK 45/12)

 

Tenor

  • 1.

    Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

  • 2.

    Die Rechtsbeschwerde wird als unbegründet zurückgewiesen.

  • 3.

    Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird zurückgewiesen.

  • 4.

    Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens fallen dem Betroffenen zur Last.

 

Gründe

I.

Der Betroffene befindet sich in Sicherungsverwahrung in der JVA X, wo er im Haus II, dem abgetrennten Bereich für die Sicherungsverwahrten, untergebracht ist. Die Räume im Hafthaus II - somit auch der Raum des Betroffenen - haben eine Mindestgröße von mehr als 10 qm.

Wegen der räumlichen Gegebenheiten der Unterbringung wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Feststellungen des angefochtenen Beschlusses der Strafvollstreckungskammer Bezug genommen.

Mit seinem Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat der Betroffene beantragt, ihn in einen anderen Unterbringungsraum zu verlegen, der den Vorgaben entspricht, die das OLG Naumburg in seinem Beschluss vom 30.11.2011 (1 Ws 64/11) angesprochen hat. Im Einzelnen beantragt der Betroffene, ihm einen Raum mit mindestens 20 qm Grundfläche, mit einer baulich getrennten - separat zu lüftenden - Toilette, zuzüglich einer Nasszelle mit Dusche sowie eigener Kochgelegenheit mit Kühlschrank zur Verfügung zu stellen.

Die JVA X hat diesen Antrag abgelehnt.

Hiergegen hat der Betroffene auf gerichtliche Entscheidung angetragen und zur Begründung ausgeführt, seine Unterbringung entspreche nicht den Vorgaben des Besserstellungs- und Abstandsgebotes für Sicherungsverwahrte. Mindestens drei Hafträume sowie sämtliche Hausarbeiterhafträume im Bereich der Strafhaft hätten die gleiche Größe wie die Unterbringungsräume im Bereich der Sicherungsverwahrung. Die Toiletten hätten keine gesonderte Be- und Entlüftung und seien nur mit einem Vorhang abgetrennt. Er lebe in einem Wohnklo. Im Wesentlichen seien die Unterbringungsräume wie die übrigen Hafträume ausgestattet. Auch der Freizeitraum entspreche dem Freizeitraum des normalen Strafvollzugs.

Seine Unterbringung sei daher verfassungswidrig und menschenunwürdig. Das Bundesverfassungsgericht habe mit seinen Entscheidungen vom 05.02.2004 und 04.05.2011 auf das Besserstellungs- und Abstandsgebot hinsichtlich der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung hingewiesen. Es sei unzulässig, auf die vom Bundesverfassungsgericht ausgesprochene Übergangsfrist abzustellen. Darüber hinaus sei auch absehbar, dass bis zum 31.05.2013 kein Neubau mit einer besseren Unterbringungsmöglichkeit erstellt werde. Er habe daher Anspruch - wie vom OLG Naumburg in seiner Entscheidung vom 30.11.2011 klargestellt - auf einen Raum mit mindestens 20 qm Grundfläche, mit einer baulich getrennten - separat zu lüften- den - Toilette, zuzüglich einer Nasszelle mit Dusche sowie eigener Kochgelegenheit mit Kühlschrank. Da es sich bei dem Haftraum um den einzigen Ort handele, an dem sich ein Sicherungsverwahrter zurückziehen könne, sei eine wohnliche Atmosphäre umso dringlicher.

Die JVA X hat demgegenüber darauf verwiesen, dass - im Gegensatz zu der Ausstattung der Hafträume für Gefangene - bereits bei der Herrichtung des Hauses II im Jahr 1994 die z. T. sehr lange Verweildauer und Vollzugsart berücksichtigt worden sei. Die Einrichtung der Unterbringungsräume unterscheide sich in diversen Details von der Einrichtung der Standardhafträume. Der Einbau von Sanitärkabinen in die Unterbringungsräume sei geplant und werde in Kürze erfolgen. Darüber hinaus bestehe für die Sicherungsverwahrten die Möglichkeit, Belastungen der Unterbringung dadurch zu entgehen, dass sie sich im gesamten Gebäude frei aufhalten dürften, freien Zugang zum abgetrennten Freigelände mit Volleyballfeld und Teichgelände hätten und ihnen verschiedene Freizeitmöglichkeiten geboten würden. Bis zum Einschluss bestehe zusätzlich die Möglichkeit der Nutzung der Teeküche, der gemeinschaftlichen Freizeiträume und der Dusch- und Baderäume. Die außerhalb des Haftraums zu verbringenden Arbeitszeiten, die zahlreichen Freizeit- und Sportmöglichkeiten sowie die Unterbringung in einer Wohngruppe führten dazu, dass Sicherungsverwahrte im Wesentlichen nur die nächtliche Ruhezeit in dem eigenen Haftraum verbringen müssten.

Die Strafvollstreckungskammer hat mit dem angefochtenen Beschluss den Antrag auf gerichtliche Entscheidung zurückgewiesen. Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt, der Antrag sei schon deshalb unbegründet, weil gerichtsbekannt sei, dass Unterbringungsräume der vom Antragsteller begehrten Art nicht existierten; das Gericht könne die JVA nicht zu einer unmöglichen Handlung verpflichten. Darüber hinaus sei die Unterbringung auch unter Beachtung der vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Vorgaben nicht menschenunwürdig. Insbesondere ...

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