Normenkette

ZPO § 717 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Dortmund (Aktenzeichen 18 O 137/99)

 

Tenor

Der angefochtene Beschluss wird abgeändert.

Es wird festgestellt, dass der Kostenfestsetzungsbeschluss der Rechtspflegerin des LG Dortmund vom 22.5.2000 gegenstandslos ist.

Im Wege der Rückfestsetzung wird angeordnet, dass die Beklagte dem Kläger den aufgrund des inzwischen gegenstandslos gewordenen Kostenfestsetzungsbeschlusses vom 22.5.2000 vollstreckten Betrag von 2.333,51 Euro (4.563,94 DM) zu erstatten hat.

Die Beklagte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens nach einem Gegenstandswert von 2.333,51 Euro zu tragen.

 

Gründe

Die zulässige sofortige Beschwerde des Klägers hat Erfolg.

Der Kostenfestsetzungsbeschluss vom 22.5.2000, der auf der im Urteil des LG Dortmund vom 23.3.2000 getroffenen Kostengrundentscheidung beruht, ist gegenstandslos. Die Kostengrundentscheidung ist nämlich dadurch entfallen, dass das OLG Hamm das landgerichtliche Urteil aufgehoben hat. Fällt die ursprüngliche Kostengrundentscheidung weg, so verlieren ohne weiteres auch auf ihrer Grundlage ergangene Kostenfestsetzungsbeschlüsse ihre Wirkung. Dies ist lediglich aus Gründen der Rechtssicherheit noch einmal deklaratorisch auszusprechen (s. OLG Hamm, Beschl. v. 22.2.1988 – 23 W 702/87, JurBüro 1988, 1033 = RPfleger 1988, 279; Göttlich/Mümmler, BRAGO, 20. Aufl., Anm. 2.1.2.4 zum Stichwort „Kostenfestsetzung”).

Zusätzlich ist entspr. § 717 Abs. 2 ZPO anzuordnen, dass die Beklagte dem Kläger den aufgrund des gegenstandslos gewordenen Kostenfestsetzungsbeschlusses vom 22.5.2000 vollstreckten Betrag, der sich unstreitig auf insgesamt 4.563,94 DM beläuft, zu erstatten hat. Eine solche Rückfestsetzung ist im Falle der Aufhebung der Kostengrundentscheidung zulässig, wenn die Höhe der Zahlung auf den ursprünglichen Kostenfestsetzungsbeschluss feststeht und der Empfänger der Zahlung gegen den Rückerstattungsanspruch keine materiell-rechtlichen Einwendungen erhebt (s. OLG Hamm, Beschl. v. 22.2.1988 – 23 W 707/87, JurBüro 1988, 1033 = RPfleger 1988, 279 und Beschl. v. 3.4.1981 – 23 W 9/81, JurBüro 1981, 1246 [1247]; Göttlich/Mümmler, BRAGO, 20. Aufl., Anm. 2.2.5 zum Stichwort „Kostenfestsetzung”; Zöller/Herget, 23. Aufl., §§ 103, 104 ZPO Rz. 21 zum Stichwort „Rückfestsetzung”; Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, 60. Aufl., § 104 ZPO Rz. 14). Hier wendet die Beklagte zwar ein, die Regelung unter Ziff. 3 des beim LG nach der Zurückverweisung am 15.11.2001 geschlossenen Vergleichs schließe einen Rückerstattungsanspruch des Klägers aus. Eine solche Auslegung des Vergleichs ist jedoch unzutreffend. Der Senat ist befugt, diese Frage im Kostenfestsetzungsverfahren zu beurteilen, so dass der Kläger wegen des von ihm geltend gemachten Rückerstattungsanspruchs nicht auf einen weiteren Rechtsstreit verwiesen werden muss.

Die für die Auslegung maßgeblichen Regelungen des Vergleichs vom 15.11.2001 lauten wie folgt:

3. Die Parteien sind darüber einig, dass mit diesem Vergleich sämtliche zwischen ihnen bestehende Ansprüche, gleichgültig ob bekannt oder unbekannt, endgültig abgegolten und erledigt sind.

4. Die Kosten des Rechtsstreits und des Vergleichs werden gegeneinander aufgehoben.

Aus Nr. 4 folgt, dass die Parteien die Kosten des gesamten Rechtsstreits unter Einschluss der Kosten der Beklagten, die bis zum Erlass des Urteils des LG Dortmund vom 23.3.2000 angefallen und mit dem Kostenfestsetzungsbeschluss vom 22.5.2000 zu Gunsten der Beklagten gegen den Kläger festgesetzt worden waren, in der Weise regeln wollten, dass jede Partei ihre eigenen außergerichtlichen Kosten selbst und die Gerichtskosten jeweils zur Hälfte zu tragen hat (§ 92 Abs. 1 S. 2 ZPO). Die Beklagte hat dem Kläger also einen gleichwohl erlangten Ausgleich ihrer außergerichtlichen Kosten zu erstatten. Dem entspr. Anspruch des Klägers steht Nr. 3 des gerichtlichen Vergleichs vom 15.11.2001 nicht entgegen, weil er die Zustimmung der Beklagten zum Vergleich vom maßgeblichen objektiven Empfängerhorizont her dahin verstehen durfte, dass Nr. 4 des Vergleichs eine abschließende Regelung der Kosten des Rechtsstreits enthalten sollte und sich hieraus evtl. ergebende Erstattungsansprüche dem Anspruchausschluss nach Nr. 3 des Vergleichs nicht unterfallen sollten. Nr. 4 des Vergleichs stellte ersichtlich eine Nr. 3 des Vergleichs vorgehende Regelung dar.

Bei der von der Beklagten geltend gemachten gegenteiligen Ansicht handelt es sich nicht um eine der Beurteilung im Kostenfestsetzungsverfahren entzogene materiell-rechtliche Einwendung. Die Auslegung von in Titeln, z.B. in Vergleichen, enthaltenen Kostengrundentscheidungen gehört zu den Aufgaben des Rechtspflegers im Kostenfestsetzungsverfahren. Auch im Verfahren über eine Rückfestsetzung, dessen Ergebnis von der Auslegung der Kostenentscheidung eines Vergleichs abhängt, gilt dies zumindest dann, wenn auch ein streitiges Verfahren keine neuen Gesichtspunkte und Erkenntnisse erbringen könnte (Göttlich/Mümmler, BRAGO, 20. Aufl., Anm. 2.2.5 zum Stichwort „Kostenfestse...

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