Leitsatz (amtlich)
Der Pflichtteilsanspruch der Ehefrau nach lebzeitiger Übertragung des Hofes auf den Sohn im Wege vorweggenommener Erbfolge richtet sich nach den §§ 2303, 2311 BGB. Für die Berechnung wird der tatsächliche Nachlass im Zeitpunkt des Erbfalls zugrunde gelegt, wozu der Hof nicht mehr gehört. § 12 Abs. 10 HöfeO enthält keine eigene Anspruchsgrundlage, sondern setzt einen bestehenden Anspruch voraus und verweis für die Berechnung auf die Absätze 2 bis 5.
Normenkette
BGB § 1931 Abs. 1 S. 1, §§ 2303, 2311 Abs. 1 S. 1; HöfeO § 12 Abs. 10
Verfahrensgang
AG Bad Oeynhausen (Aktenzeichen 9 a Lw 42/16) |
Tenor
Die Beschwerde der Antragstellerin vom 29.03.2017 gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Landwirtschaftsgericht - Bad Oeynhausen vom 09.03.2017 wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Auslagen der Beteiligten.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 6.135,50 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Gegenstand des Verfahrens sind Pflichtteilsansprüche nach Übertragung eines Hofes im Wege vorweggenommener Erbfolge, die die Ehefrau des Erblassers nach dessen Tod geltend macht.
Erblasser ist der am 04.05.19... geborene und am 26.02.20... verstorbene Landwirt F. T. Die Antragstellerin ist seine seit dem Jahr 1999 von ihm getrennt lebende Ehefrau. Ein Scheidungsverfahren war nicht anhängig. Aus der Ehe der im gesetzlichen Güterstand verheirateten Eheleute stammen zwei Kinder, nämlich der Antragsgegner und seine Schwester L-S T.
Der Erblasser war Eigentümer des beim Amtsgericht Bad Oeynhausen im Grundbuch von F Blatt ... eingetragenen Hofes im Sinne der Höfeordnung "T" mit einer Gesamtgröße von 17,17 ha. Der zuletzt mit Bescheid vom 08.01.2002 festgestellte Wirtschaftswert des Hofes betrug 49.084,- EUR. Mit Übergabevertrag vom 13.10.1998 (UR Nr. .../19... des Notars H in Bad T2, Bl. 44 ff. der Gerichtsakten) übertrug der Erblasser den Hof zunächst aufschiebend bedingt durch seinen Tod auf den Antragsgegner. Mit Testament vom 07.03.2002 (UR Nr. .../20... des Notars H in Bad T2, Bl. 10 ff. der Gerichtsakten) setzte er den Antragsgegner zudem testamentarisch zum Hoferben und zum alleinigen Erben seines hoffreien Vermögens ein. Erbansprüche seiner Tochter sowie der Antragstellerin schloss er in dem Testament ausdrücklich aus. Mit notariellem Vertrag vom 04.07.2002 (UR Nr. .../20... des Notars H in Bad T2, Bl. 53 ff. der Gerichtsakte) übertrug der Erblasser den Hof sodann im Wege der vorweggenommenen Erbfolge auf den Antragsgegner. Mit notariell beurkundeter Erklärung vom 15.10.2003 (Bl. 42 der Gerichtsakte) genehmigte die Antragstellerin die Veräußerung. Die Eintragung des Antragsgegners als Eigentümer im Grundbuch erfolgte am 14.04.2004. Am 26.04.2004 veräußerte der Antragsgegner den Hof an eine Dritte und schaffte - seiner Behauptung nach - Ersatzflächen in den neuen Bundesländern an.
Nach dem Tod des Erblassers hat die Antragstellerin den Antragsgegner vor dem Landwirtschaftsgericht auf Zahlung eines (Mindest-)Pflichtteils in Anspruch genommen, den sie auf 6.135,50 EUR beziffert hat. Sie hat die Auffassung vertreten, wegen der lebzeitigen Hofübertragung habe sie gegen den Antragsgegner einen nach Maßgabe des § 12 Abs. 10, Abs. 2 bis 5 HöfeO zu berechnenden Pflichtteilsanspruch, der mit dem Tod des Erblassers fällig geworden sei. Die Geltendmachung von Nachforderungen wegen der Weiterveräußerung des Hofes durch den Antragsgegner bleibe vorbehalten. Hilfsweise hat sie ihre Forderung auf einen Zugewinnausgleichsanspruch gemäß § 1371 Abs. 2 BGB gestützt, der ebenfalls nach Maßgabe des § 12 Abs. 10, Abs. 2 bis 5 HöfeO zu berechnen sei.
Der Antragsgegner hat die Abweisung des Zahlungsantrages beantragt. Er hat gemeint, ein Pflichtteilsanspruch unter Berücksichtigung des Hofeswertes bestehe nicht, da der Hof zum Zeitpunkt des Erbfalls nicht mehr zum Nachlass gehört habe. Eine analoge Anwendung des § 17 Abs. 2 HöfeO komme nicht in Betracht, ein etwaig hieraus resultierender Anspruch sei zudem jedenfalls verjährt. Pflichtteilsergänzungsansprüche der Klägerin kämen nicht in Betracht, da seit der Übertragung des Hofes mehr als zehn Jahre verstrichen seien.
Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Vortrages der Beteiligten und der in erster Instanz gestellten Anträge wird auf die Sachverhaltsdarstellung im angefochtenen Beschluss Bezug genommen.
Das Landwirtschaftsgericht hat den Zahlungsantrag zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, ein Pflichtteilsanspruch unter Berücksichtigung des Hofeswertes bestehe nicht, da der Hof zum Zeitpunkt des Erbfalls nicht mehr zum Nachlass gehört habe. Ein Pflichtteilsergänzungsanspruch scheitere daran, dass zum Zeitpunkt des Erbfalls seit der Hofübertragung mehr als 10 Jahre vergangen seien. Der Antragstellerin stünden auch keine Ansprüche aus § 12 HöfeO zu, da sie mit Rücksicht auf ihre ausdrückliche Enterbung im Testament vom 07.03.2002 weder zum Ze...