Leitsatz (amtlich)

1) Der Senat hält an seiner Rechtsprechung fest, dass der Nachweis, dass eine testamentarische Erbeinsetzung bei angeordneter Pflichtteilsstrafklausel nicht durch ein Pflichtteilsverlangen entfallen ist, im Grundbucheintragungsverfahren auch durch eine eidesstattliche Versicherung aller Miterben, nicht aber durch deren formfreie Erklärung erbracht werden kann.

2) Eine weiter gehende Nachweiserleichterung, insbesondere durch Zulassung privatschriftlicher Erklärungen der Beteiligten, kommt nicht in Betracht.

 

Normenkette

GBO § 35

 

Verfahrensgang

AG Essen (Beschluss vom 16.07.2015; Aktenzeichen RÜ-426-29)

 

Tenor

Unter Zurückweisung der weiter gehenden Beschwerde wird die mit dem angefochtenen Beschluss erlassene Zwischenverfügung abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der beantragten Grundbuchberichtigung steht entgegen, dass die Erbfolge nach dem am 11.11.2014 verstorbenen E3 nicht lückenlos in der Form des § 35 Abs. 1 GBO nachgewiesen ist.

Zur Behebung des Hindernisses haben die Beteiligten zu 1) und zu 2) innerhalb einer Frist von drei Monaten nach Zustellung dieses Beschlusses entweder einen Erbschein einzureichen, der sie als Erbinnen des Erblassers E3 ausweist, oder eidesstattliche Versicherungen vorzulegen, die den in den Gründen dieses Beschlusses genannten Anforderungen entsprechen.

Der Wert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000,- EUR festgesetzt.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Im Grundbuch ist als Eigentümer des im Rubrum bezeichneten Grundbesitzes noch Herr E3 eingetragen. Dieser ist am 11.11.2014 verstorben.

Dieser hatte mit seiner Ehefrau am 23.1.1979 ein gemeinschaftliches notariell beurkundetes Testament errichtet, in dem die Ehegatten sich wechselseitig zu Alleinerben einsetzten. Erben des letztversterbenden Ehegatten sollten zu gleichen Teilen die beiden gemeinsamen Töchter - die Beteiligten dieses Verfahrens - sein.

§ 3 des Testaments lautete:

"Sollte eines unserer Kinder nach dem Zuerstversterbenden von uns den Pflichtteil verlangen, so soll es auch nach dem Letztversterbenden von uns den Pflichtteil erhalten."

Die Ehefrau X E4 geb. M war am 13.1.2002 vorverstorben.

Nach dem Tod des Herrn E3 beantragte die Beteiligte zu 1) die Berichtigung des Grundbuchs dahin, dass sie gemeinsam mit der Beteiligten zu 2) in Erbengemeinschaft im Grundbuch einzutragen sei. Der Rechtspfleger des Grundbuchamtes wies mit Verfügung vom 8 April 2015 darauf hin, dass hierfür die Vorlage eines Erbscheines erforderlich sei, und verwies zur Begründung auf die Entscheidung des Senats im Verfahren 15 W 144/13. Mit der gegen diese Verfügung gerichteten Beschwerde, in der sich die Beteiligte zu 2) dem Berichtigungsantrag anschloss, erklären die Beteiligten, nach dem Tod ihrer Mutter nicht den Pflichtteil geltend gemacht zu haben, und beriefen sich auf § 35 GBO. Sie vertraten die Auffassung, zum Nachweis für die Nichtgeltendmachung des Pflichtteils müsse eine eidesstattliche Versicherung genügen; ein Erbschein sei nicht erforderlich. Darüber hinaus waren sie der Meinung, bei übereinstimmender Antragstellung aller Miterben wie im vorliegenden Fall sei sogar die Vorlage eidesstattlicher Versicherungen entbehrlich.

Der Senat hat nach vorangegangenem Hinweis die Beschwerde gegen die Verfügung vom 8.4.2015 mit Beschluss vom 12.6.2015 wegen fehlender Statthaftigkeit als unzulässig verworfen. Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens 15 W 207/15 hat der Senat - notwendig unverbindlich - auf seine Entscheidung vom 16.2.2011, Aktenzeichen 15 W 27/11, hingewiesen.

Nunmehr beantragen die Beteiligten mit Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 3.7.2015, sie im Wege der Grundbuchberichtigung in Erbengemeinschaft einzutragen und zwar ohne weitere Nachweise. Zur Begründung wiederholen, ergänzen und vertiefen sie ihre bisherigen Ausführungen. Mit Beschluss vom 16.7.2015 hat das Grundbuchamt eine Zwischenverfügung erlassen und darin die Vorlage eines Erbnachweises nach E3 in Form eines Erbscheines verlangt. Der hiergegen gerichteten Beschwerde der Beteiligten hat es nicht abgeholfen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird ergänzend auf den Akteninhalt verwiesen.

II. Die Beschwerde ist nach den §§ 71 ff. GBO statthaft und auch im Übrigen zulässig, soweit die Beteiligten die Aufhebung der Zwischenverfügung vom 16.7.2015 begehren.

Der weiter gehende Antrag, das Grundbuchamt zur Durchführung der Grundbuchberichtigung anzuweisen, ist dagegen bereits unzulässig, weil der Senat im vorliegenden Beschwerdeverfahren nicht abschließend über den Eintragungsantrag zu entscheiden hat. Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist ausschließlich die in der Zwischenverfügung erhobene Beanstandung und nicht der Eintragungsantrag. In einem solchen Beschwerdeverfahren darf das Beschwerdegericht keine Anweisung aussprechen; widrigenfalls wäre eine solche sogar auf eine etwaige Rechtsbeschwerde hin aufzuheben (vgl. Demharter, GBO, 29. Auflage, § 77 Rn. 15).

Die Beschwerde ist im zulässigen Umfang teilweise begründet und führt zu einer Abände...

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