Entscheidungsstichwort (Thema)
Neuer VKH-Antrag für abgetrennte Folgesachen
Normenkette
ZPO § 623 Abs. 2 S. 2; FamFG § 137 Abs. 5 S. 2
Verfahrensgang
AG Lüdinghausen (Beschluss vom 23.08.2010) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Vertreters der Staatskasse wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Lüdinghausen vom 23.8.2010 abgeändert.
Auf die Erinnerung des Antragstellers hin werden in Abänderung des Beschlusses des AG - Familiengericht - Lüdinghausen vom 11.6.2010 dem Antragsteller zu zahlenden Gebühren und Auslagen für seine Tätigkeit als beigeordneter Rechtsanwalt auf insgesamt 500 EUR (?) festgesetzt.
Im Übrigen wird die Erinnerung des Antragstellers gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Lüdinghausen vom 11.6.2010 zurückgewiesen.
Im Übrigen wird die Beschwerde des Vertreters der Staatskasse gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Lüdinghausen vom 23.8.2010 zurückgewiesen.
Gründe
Die zulässige Beschwerde des Vertreters der Staatskasse hat nur zum Teil Erfolg und ist im Übrigen unbegründet.
I. Zu Unrecht rügt der Vertreter der Staatskasse, dass es sich bei der erfolgten Abtrennung der Folgesachen "Umgang" und "Sorgerecht" im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 29.1.2008 nicht um eine "echte" Abtrennung nach § 623 Abs. 2 ZPO, sondern um eine "unechte" Trennung nach § 628 Abs. 1 Nr. 4 ZPO handele.
Dem Vertreter der Staatskasse ist allerdings darin Recht zu geben, dass der gesamte Verfahrensablauf eher für eine unechte Abtrennung nach § 628 ZPO spricht. Nach der dienstlichen Äußerung des zuständigen Dezernenten vom 22.10.2010 erfolgte die Abtrennung nämlich, "um die Scheidung zu ermöglichen". Eine Abtrennung nach § 623 Abs. 2 S. 2 ZPO hat eine Sorge- oder Umgangsentscheidung bereits vor Rechtskraft der Scheidung zum Zweck. Wenn die Eheleute hingegen eine Scheidung vor der Regelung des Sorge- oder Umgangsrechts erreichen wollen, steht ihnen hierfür das Institut der Abtrennung nach § 628 Nr. 4 ZPO zur Verfügung.
Gleichwohl ist davon auszugehen, dass es sich bei der Abtrennung nicht um eine solche nach § 628, ZPO sondern um eine solche nach § 623 Abs. 2 S. 2 ZPO handelte. Dies ergibt sich unzweifelhaft aus der Begründung des angefochtenen Beschlusses vom 23.8.2010, wonach es sich um eine Abtrennung nach § 623 Abs. 2 S. 2 ZPO gehandelt hatte. Angesichts dieser Ausführungen des Dezernenten, der die Abtrennung selbst vorgenommen hat, ist eine andere Auslegung des Beschlusses - zumindest im vorliegenden Gebührenfestsetzungsverfahren - nicht angezeigt.
Eine Begründung der Abtrennung, die wünschenswert gewesen wäre, ist nicht erfolgt.
Dann ist aber entgegen der Ansicht des Vertreters der Staatskasse unerheblich, ob die Abtrennung nach § 623 Abs. 2 S. 2 ZPO dem Zweck entsprochen hat, welcher zu der Einführung der Vorschrift geführt hat. Auch wenn die Abtrennung aus anderen Gründen als vom Gesetzgeber beabsichtigt erfolgte, verbleibt es dabei, dass die Abtrennung nach § 623 Abs. 2 S. 2 ZPO erfolgte.
II. Erfolgte aus den oben genannten Gründen eine echte Abtrennung nach § 623 Abs. 2 S. 2 ZPO, hatte dies nach § 623 Abs. 2 S. 4 ZPO die Fortführung der Folgesachen Umgang und Sorgerecht als selbständige Familiensache zur Folge. Für den Zeitraum ab Verfahrenstrennung entstanden die Rechtsanwaltsgebühren noch einmal, und zwar auch aus den Werten der getrennten Verfahren (vgl. Gerold/Schmidt, Kommentar zum RVG, 19. Aufl., Ziff. 3100 VV zum RVG, Rz. 107 (Bearbeiter fehlt)).
III. Allerdings hatte die Abtrennung nach § 623 Abs. 2 S. 2 ZPO auch zur Folge, dass Anträge und Beschlüsse aus dem Scheidungsverbund in den neuen selbständigen Familiensachen nicht mehr fortwirkten. Dies gilt auch für die Beantragung oder Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Folgesache, die sich nicht auf die neue Familiensache auswirkte (vgl. hierzu OLG des Landes Sachsen-Anhalt in FamRZ 2001, 1469 ff. sowie OLG Braunschweig in OLG-R Braunschweig 2003, 5 ff. sowie Musielak, Kommentar zur ZPO, 6. Aufl., § 119 Rz. 6 und Keidel, Kommentar zum FamFG, § 150 Rz. 7, letzterer zur neuen Rechtslage nach der Reform vom 1.9.2009, die aber insoweit mit der alten Rechtslage vergleichbar ist).
Der Senat schließt sich dieser Auffassung an. Bereits im Hinblick darauf, dass sich mit der Abtrennung nunmehr regelmäßig die Streitwerte erhöhen und auch die Voraussetzungen der Bewilligung von Prozesskostenhilfe sich verändern können, was sich bereits daraus ergibt, dass zum Teil auch andere Anträge zur Disposition stehen (z.B. Umgangs- und Sorgerecht bereits für die Zeit vor Rechtskraft der Scheidung) ist es geboten, dass eine Prozesskostenhilfebewilligung nach Abtrennung nicht mehr auf die selbständigen Familiensachen fortwirkt.
Die Kindesmutter hätte daher einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe stellen müssen, was nicht geschehen ist.
IV. Aus diesen Gründen kann der Antragsteller daher für den Zeitraum nach Abtrennung nur hinsichtlich der Folgesache "Umgang", für welche nach der Abtrennung Prozesskostenhilfe bewilligt wurde, seine Gebühren gegenüber der Sta...