Leitsatz (amtlich)
1. Aus § 1599 Abs. 1 BGB, der zwingendes Recht ist, folgt, dass Vaterschaftstatbestände mit Wirkung für und gegen alle gelten und man sich nur und erst dann auf die Vaterschaft eines anderen Mannes berufen kann, wenn die Tatbestände des § 1592 Nr. 1 und 2 BGB aufgrund einer wirksamen Anfechtung beseitigt sind.
2. Der durch eine Jugendamtsurkunde zur Zahlung von Kindesunterhalt verpflichtete rechtliche Vater kann sich daher in einem auf Abänderung der Jugendamtsurkunde gerichteten Verfahren nicht darauf berufen, er sei nach Treu und Glauben nicht mehr zu Unterhaltszahlungen verpflichtet, weil er nicht der leibliche Vater des Antragsgegners sei (vgl. auch OLG Hamm, Beschl. v. 18.2.2013 - II-8 WF 13/13).
Normenkette
BGB §§ 1592, 1599
Verfahrensgang
AG Bottrop (Beschluss vom 06.08.2013; Aktenzeichen 13 F 166/13) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Bottrop vom 6.8.2013 unter Zurückweisung des weiter gehenden Rechtsmittels wie folgt abgeändert:
Dem Antragsteller wird ratenfreie Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin G aus S bewilligt, soweit er beantragt, die Urkunde über die Verpflichtung zur Unterhaltsleistung des Jugendamtes der Stadt C vom 23.9.2003, Urkunden-Nr. 121/2003, Az..., dahingehend abzuändern, dass der Antragsteller dem Antragsgegner ab dem 1.9.2013 Unterhalt i.H.v. 134 EUR monatlich schuldet.
Gründe
I. Der Antragsteller wendet sich gegen einen Beschluss des AG - Familiengericht - Bottrop, mit dem ihm Verfahrenskostenhilfe für einen Antrag auf Abänderung einer durch ihn unterzeichneten Jugendamtsurkunde versagt worden ist.
Der Antragsteller ist der rechtliche Vater des am 6.12.1996 geborenen Antragsgegners. Leiblicher Vater des Antragsgegners ist der Ehemann der Kindesmutter, Herr T2. Weiterhin ist der Antragsteller Vater einer am 4.9.2000 in anderer Ehe geborenen Tochter Q, die nicht bei ihm, sondern bei der vom Antragsteller geschiedenen Kindesmutter lebt.
Durch Jugendamtsurkunde der Stadt C vom 23.9.2003 verpflichtete er sich, an den Antragsgegner Kindesunterhalt i.H.v. 100 % des jeweiligen Regelbetrages der entsprechenden Altersstufe abzgl. des hälftigen Kindergeldes zu zahlen. Zum Zeitpunkt der Unterzeichnung der Urkunde betrug sein monatliches Nettoeinkommen 1.546,68 EUR. Arbeitgeberin war zu diesem Zeitpunkt die Firma P GmbH & Co. KG. Von Mai 2009 bis einschließlich April 2013 zahlte der Antragsteller an den Antragsgegner einen monatlichen Kindesunterhalt i.H.v. 295 EUR und im Mai oder Juni 2013 weitere 45 EUR.
Unter dem 31.1.2013 kündigte die damalige Arbeitgeberin, die Firma I, das Arbeitsverhältnis mit dem Antragsteller aus betriebsbedingten Gründen zum 30.4.2013. Ab dem 1.5.2013 bezog der Antragsteller Arbeitslosengeld i.H.v. 897,60 EUR monatlich. Seit dem 1.6.2013 ist der Antragsteller als Disponent bei der Firma T in R beschäftigt. Sein Arbeitsentgelt dort beträgt monatlich netto 1.516,06 EUR.
Der Antragsgegner befindet sich seit dem 1.9.2013 in der Ausbildung. In deren Rahmen bezieht der Antragsgegner ein monatliches Bruttoeinkommen von 580 EUR.
Mit Schreiben vom 11.4.2013 forderte der Antragsteller den Antragsgegner auf, bis zum 19.4.2013 eine Erklärung abzugeben, dass er aus der Jugendamtsurkunde keine Rechte mehr herleiten werde. Dies lehnte der Antragsgegner mit Schreiben vom 26.4.2013 ab und forderte den Antragsteller auf, den Unterhalt zu zahlen.
Der Antragsteller hat behauptet, der einfache Weg zu seiner neuen Arbeitsstätte betrage 6,8 km. Hierfür seien monatlich 74,80 EUR in Abzug zu bringen. Er ist der Auffassung, die Jugendamtsurkunde sei abzuändern. Unter Berücksichtigung der Unterhaltspflicht betreffend das weitere Kind Q sei er daher nur in der Lage, für den Antragsgegner einen monatlichen Kindesunterhalt i.H.v. 215,60 EUR ab Juli 2013 zu zahlen. Für den Monat Mai 2013 sei kein Unterhalt zu entrichten, da er in diesem Monat arbeitslos gewesen sei. Entsprechendes gelte auch für den Monat Juni 2013, da er sein Arbeitsentgelt für diesen Monat erst am Ende des Monats erhalten habe. Allerdings sei eine Bedürftigkeit des Antragsgegners nicht gegeben. Dieser lebe im Haushalt seines biologischen und sozialen Vaters T2. Dieser erbringe Unterhaltsleistungen für den Antragsgegner. Er, der Antragsteller, sei lediglich mit der Kindesmutter verheiratet gewesen, als der Antragsgegner gezeugt worden sei. Erst drei Jahre nach der Geburt des Antragsgegners habe er erfahren, dass er nicht der Vater sei. Dies habe zur Trennung und Scheidung von der Kindesmutter geführt. Er habe die Vaterschaft nicht erfolgreich anfechten können, weil die Kindesmutter und der leibliche Kindesvater in jenem Verfahren behauptet hätten, der Antragsteller hätte vor der Geburt des Kindes gewusst, dass er nicht dessen Vater sei. Die Vaterschaftsanfechtungsklage habe deshalb wegen Fristablaufs keinen Erfolg gehabt. Seit der Trennung von der Kindesmutter habe er zum Antragsgegner keinen Kontakt. Dieser kenne den Antragsteller n...