Leitsatz (amtlich)

1. Zu dem einzusetzenden Vermögen gehört - unter Berücksichtigung des angemessenen Schonvermögens - auch die Auszahlung aus einem Lebensversicherungsvertrag.

2. Sollen mit dem Vermögen Schulden getilgt werden zu einem Zeitpunkt, in dem die mögliche Pflicht zur Tragung von Verfahrenskosten bereits bekannt ist, kommt es darauf an, ob die Zurückstellung der Tilgung zuzumuten war.

3. Die bloße Absicht, später mit vorhandenem Vermögen eine Verbindlichkeit abzulösen, ist nicht geschützt.

 

Normenkette

FamFG § 113 Abs. 1 S. 2; ZPO § 115 Abs. 3

 

Verfahrensgang

AG Siegen (Aktenzeichen 15 F 587/20)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin vom 16.08.2023 gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Siegen vom 31.07.2023 wird zurückgewiesen.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin begehrt in der Hauptsache die Zahlung von Trennungsunterhalt.

Mit Beschluss vom 25.06.2020 bewilligte das Amtsgericht ihr hierfür Verfahrenskostenhilfe.

Durch Verfügung vom 26.06.2023 forderte das Amtsgericht die Antragstellerin gemäß § 120a ZPO zur Vorlage einer aktuellen Erklärung zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen auf. Dem kam die Antragstellerin nach und überreichte das entsprechend ausgefüllte Formular. Aus diesem ergab sich im Abschnitt G, dass unter anderem ein Sparkonto mit einem Guthaben von 14.060,19 EUR existierte (Bl. 20 des VKH-Heftes). Hierzu überreichte die Antragstellerin eine Anlage, in der sie ausführte, dass es sich um ein Guthaben aus einer fondsgebundenen Lebensversicherung handele (Bl. 42 des VKH-Heftes), das zur Ablösung eines Immobiliendarlehens bestimmt sei (Bl. 38 des VKH-Heftes). Zudem überreichte sie ein Schreiben der finanzierenden Bank, wonach das Darlehen zum 21.06.2023 in Höhe von 12.436,43 EUR valutiere (Bl. 41 des VKH-Heftes) und die Sollzinsbindung am 01.07.2023 ende (Bl. 40 des VKH-Heftes).

Das Amtsgericht wies sodann daraufhin, dass in Form des Guthabens aus der Lebensversicherung einzusetzendes Vermögen vorhanden sei (Bl. 66 des VKH-Heftes).

Die Antragstellerin verwies daraufhin nochmals darauf, dass das Geld zur Ablösung des Baudarlehens benötigt werde; zudem bestünden auch noch andere Verbindlichkeiten (Bl. 71 des VKH-Heftes).

Im weiteren Verlauf hat das Amtsgericht die Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe dahingehend abgeändert, dass die Verfahrenskosten von der Antragstellerin in einer einmaligen Zahlung von 2.529,37 EUR zu erbringen seien (Bl. 81 ff. des VKH-Heftes).

Dagegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer sofortigen Beschwerde. Sie macht weiterhin geltend, dass sie insgesamt Verbindlichkeiten habe, die deutlich über dem Guthaben aus der Lebensversicherung lägen. Im Beschwerdeverfahren hat sie darüber hinaus vorgebracht, dass sich ihr "reales Einkommen" im Vergleich zum Zeitpunkt der ursprünglichen Bewilligung sogar verringert habe.

Der Senat hat durch Verfügung vom 19.10.2023 darauf hingewiesen, dass die sofortige Beschwerde unbegründet ist. Eine Stellungnahme dazu ist nicht erfolgt.

II. Der als sofortige Beschwerde im Sinne von § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG i.V.m. § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO auszulegende "Einspruch" bzw. "Widerspruch" ist statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere fristgerecht eingelegt.

In der Sache bleibt das Rechtsmittel aber ohne Erfolg.

Dabei kann der Senat dahingestellt sein lassen, welche Rechtsfolgen es gehabt haben würde, dass in der ursprünglichen Erklärung zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen vom 22.04.2020, die Grundlage für die Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe war, im Abschnitt G.5 die Frage nach Lebens- oder Rentenversicherungsverträgen offenbar wahrheitswidrig mit "nein" beantwortet wurde.

Denn das Amtsgericht hat die ursprüngliche Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe unabhängig von dem Vorstehenden zu Recht dahin abgeändert, dass die Verfahrenskosten aus dem Guthaben aus der Lebensversicherung zu zahlen sind.

1. Gemäß § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG i.V.m. § 115 Abs. 3 ZPO hat ein Beteiligter zur Begleichung der Verfahrenskosten auch das Vermögen einzusetzen, soweit dies zumutbar ist.

Zu dem einzusetzenden Vermögen gehört auch die hier in Rede stehende Auszahlung aus einem Lebensversicherungsvertrag.

Zwar muss einem Beteiligten das sogenannte "Schonvermögen" stets erhalten bleiben. Zu Recht hat das Amtsgericht darauf verwiesen, dass der ausgezahlte Betrag dieses Schonvermögen (derzeit 10.000,- EUR) jedoch deutlich übersteigt. Die hier in Rede stehenden Verfahrenskosten von insgesamt 2.529,37 EUR können aus dem das Schonvermögen übersteigenden Teil gezahlt werden.

Der Umstand, dass das Geld zwischenzeitlich offenbar für die Tilgung des Baudarlehens verwendet wurde, steht einer Abänderung der Verfahrenskostenhilfeentscheidung nicht entgegen. Will ein Beteiligter mit dem Vermögen Schulden tilgen zu einem Zeitpunkt, als ihm die mögliche Pflicht zur Tragung von Verfahrenskosten bereits bekannt ist, kommt es darauf an, ob ihm die Zurückstellung der Tilgung zuzumuten war (vgl...

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