Entscheidungsstichwort (Thema)
AKB: Leistungsfreiheit wegen der vorsätzlicher Verletzung der Obliegenheit zur Anzeige des Versicherungsfalls
Leitsatz (amtlich)
Vorsätzliche Verletzung der Obliegenheit zur Anzeige des Versicherungsfalls bejaht bei
- Anzeige erst (knapp) 6 Monate nach einem Verkehrsunfall und
- Kenntnis des VN von der Anzeigeobliegenheit im Grundsatz.
Verfahrensgang
LG Essen (Aktenzeichen 18 O 357/16) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 30.01.2017 verkündete Urteil der 18. Zivilkammer des Landgerichts Essen wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten der Berufung.
Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Der Kläger nimmt die Beklagte aus einer Vollkaskoversicherung auf Entschädigung für einen Schaden am versicherten Pkw in Anspruch.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, weil der Kläger seine Obliegenheit zur Schadenmeldung binnen einer Woche verletzt habe.
Wegen des Sach- und Streitstandes in erster Instanz sowie wegen der erstinstanzlich gestellten Anträge und der Argumentation des Landgerichts wird auf das angefochtene Urteil verwiesen.
Mit seiner Berufung macht der Kläger geltend, dass ihm die Versäumung der Frist zur Schadenmeldung nicht bewusst gewesen sei, weil er darauf vertraut habe, dass der von ihm beauftragte Rechtsanwalt seine Rechte wahren würde.
Auf die Berufungsbegründung vom 27.03.2017 wird verwiesen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landgerichts abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn 5.361,17 Euro zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten oberhalb des Basissatzes seit dem 20.08.2016 zu zahlen und ihn von vorprozessual angefallenen Gebühren der T Rechtsanwälte GbR in Höhe von 285,72 Euro freizustellen;
hilfsweise,
den Rechtsstreit an das Landgericht Essen zurückzuverweisen zur weiteren Beweisaufnahme und Entscheidung.
II. Der Senat ist einstimmig davon überzeugt, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung auf Grund mündlicher Verhandlung erfordern und eine mündliche Verhandlung auch sonst nicht geboten ist.
Die Berufung ist unbegründet.
Wie bereits mit Hinweisbeschluss des Senats vom 26.04.2017 ausgeführt hat das Landgericht die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger ist dem innerhalb der ihm eingeräumten Frist zur Stellungnahme nicht entgegengetreten.
Der Kläger hat danach keinen Anspruch auf Entschädigung des angezeigten Unfallschadens gegen die Beklagte, weil die Beklagte gem. § 28 Abs. 2 Satz 1 VVG i. V. m. Ziffer E.6.1 Satz 1, E.1.1 Satz 1 der hier vereinbarten AKB wegen vorsätzlicher Obliegenheitsverletzung leistungsfrei geworden ist.
1. Der Kläger hat gegen die in Ziffer E.1.1 Satz 1 AKB begründete Obliegenheit zur Schadenmeldung innerhalb einer Woche verstoßen. Er hat den nach seinem Vortrag am 23.12.2015 eingetretenen Unfallschaden erst mit anwaltlichem Schriftsatz vom 16.06.2016 und damit knapp sechs Monate nach dem Schadenereignis bei der Beklagten angezeigt.
Dabei handelte der Kläger im Hinblick auf die Überschreitung der Frist zur Schadenanzeige vorsätzlich i.S.d. § 28 Abs. 2 Satz 1 VVG, Ziffer E.6.1. Satz 1 AKB.
Eine vorsätzliche Verletzung der Anzeigepflicht setzt voraus, dass der Versicherungsnehmer die Verhaltensnorm, aus der die Obliegenheit folgt, positiv kennt. Insoweit genügt bedingter Vorsatz, der nach allgemeinen Regeln vorliegt, wenn der Versicherungsnehmer die Obliegenheitsverletzung für möglich hält und sie billigend in Kauf nimmt, also nicht ernsthaft darauf vertraut, dass der Erfolg ausbleiben werde (Prölss/Martin/Armbrüster, VVG 29. Aufl. 2015, § 28, Rn. 188; BGH, Urteil vom 03. Oktober 1979 - IV ZR 45/78 -, VersR 1979, 1117, Rn. 29, juris Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken, Urteil vom 12. Juli 2006 - 5 U 6/06 - 1 -, VersR 2007, 532, Rn. 15, juris; OLG Naumburg, Urteil vom 29.04.2004 - 4 U 167/03 -, VersR 2004, 1172, Rn. 28, juris; OLG Frankfurt, Urteil vom 01.11.1996 - 24 U 309/94 -, OLGR Frankfurt 1997, 14, Rn. 16, juris; OLG Düsseldorf, Urteil vom 16.08.1994 - 4 U 151/93 -, VersR 1995, 3, Rn. 11, juris).
Zwar spricht keine Vermutung für eine vorsätzliche Verletzung der Anzeigeobliegenheit, vielmehr hat der Versicherer diese gem. § 28 Abs. 2 Satz 1 VVG, Ziffer E.6.1 Satz 1 AKB zu beweisen (Prölss/Martin/Armbrüster, VVG 29. Aufl. 2015, § 28, Rn. 193; Heiss in: Bruck/Möller, VVG, 9. Aufl. 2008, § 28 VVG, Rn. 215).
Dass der Kläger die konkrete Regelung aus Ziffer E.1.1 Satz 1 AKB zu oder nach dem Schadenfall zur Kenntnis genommen hatte, lässt sich nicht feststellen.
Der Kläger stellt aber nicht in Abrede, dass er seine Obliegenheit zur Schadenmeldung als solche kannte.
Damit war ihm auch bewusst, dass er den Schaden zumindest zeitnah, insbesondere vor der Reparatur des Fahrzeugs zu melden hatte. Denn ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer wie der Kläger erkennt, dass die Obliegenheit zur Schadenmeldung dem Ve...