Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsatzsteuererstattungsansprüche von gemeinsam vertretenen Streitgenossen, die teilweise vorsteuerabzugsberechtigt sind und teilweise nicht
Leitsatz (amtlich)
Ist zumindest ein Streitgenosse vorsteuerabzugsberechtigt und begehrt ein nicht vorsteuerabzugsberechtigter Streitgenosse (Kostengläubiger) die Kostenfestsetzung, so reicht allein die Erklärung nach § 104 Abs. 2 S. 3 ZPO zur Erstattung von Umsatzsteuer nicht hin. Vielmehr muss der Kostengläubiger darüber hinaus erklären, dass kein vorsteuerabzugsberechtigter Streitgenosse mit der angemeldeten Umsatzsteuer ganz oder teilweise belastet wird.
Normenkette
BRAGO §§ 6, 25 Abs. 2; ZPO § 91 Abs. 1, § 104 Abs. 2 S. 3
Verfahrensgang
LG Bielefeld (Beschluss vom 04.04.2003; Aktenzeichen 6 O 260/01) |
Tenor
In Abänderung der angefochtenen Entscheidung hat die Klägerin an den Beklagten zu 1) 1.239,19 Euro nebst Zinsen i.H.v. 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 28.11.2002 zu erstatten.
Die weiter gehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Klägerin nach einem Gegenstandswert von 460,30 Euro.
Von den außergerichtlichen Kosten entfallen auf die Klägerin 72 % und auf den Beklagten zu 1) 28 % nach einem Gegenstandswert von 635,65 Euro.
Gründe
Die Beschwerde hat teilweise Erfolg, weil der Beklagte zu 1) die von ihm mit 195,11 Euro angemeldete Umsatzsteuer nur i.H.v. 19,76 Euro erstattet verlangen kann, Dadurch verringert sich seine Forderung gegen die Klägerin von 1.414,54 Euro um 175,35 Euro (195,11 ./. 19,76) auf den tenorierten Betrag.
Wie die RPflegerin in ihrer Nichtabhilfeverfügung zutreffend ausgeführt hat, steht es in Einklang mit der st. Rspr. des Senats, dass der Beklagte zu 1) als Streitgenosse mit dem besseren Prozessergebnis die Kosten der gemeinsamen Anwälte im Rahmen seiner vollen Haftung nach § 6 Abs. 2 BRAGO gegenüber der ihm uneingeschränkt zur Erstattung verpflichteten Klägerin festsetzen lassen kann (vgl. Schnapp in AnwKom, BRAGO, § 6 Rz. 64 ff.). Deshalb muss die Beschwerde erfolglos bleiben, soweit sie eine kopfteilige Zuordnung der gemeinsamen Anwaltskosten der Beklagten zu 1) und 3) verfolgt.
Die Geltendmachung der Kostenhaftung nach § 6 Abs. 2 BRAGO erstreckt sich jedoch nur auf die Gebühren des Anwalts, nicht hingegen auch auf die Erstattung „der auf seine Vergütung entfallenden Umsatzsteuer” (§ 25 Abs. 2 BRAGO). Diese ist nicht ohne weiteres, sondern überhaupt nur dann erstattungsfähig, wenn aufgrund konkreter Umstände davon ausgegangen werden kann, dass sie bei dem Kostengläubiger wirklich einen Belastungsposten darstellt. Denn nach dem Steuerrecht kommt in Betracht, dass der Kostengläubiger den Umsatzsteueranteil der Anwaltsforderung vom Finanzamt erstattet bekommt und deshalb bei einer (nochmaligen) Erstattung durch den Prozessgegner um diesen Betrag bereichert wäre. Um das zu vermeiden, normiert § 104 Abs. 2 S. 3 ZPO die (formale) Anspruchsvoraussetzung, wonach der Umsatzsteueranteil nur dann erstattungsfähig ist, wenn der Kostengläubiger erklärt, nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt zu sein.
Die fehlende Vorsteuerabzugsberechtigung ist ein verlässliches Merkmal dafür, dass der Kostengläubiger keinen Anspruch gegen den Fiskus auf Umsatzsteuererstattung hat. Eine solche Feststellung reicht grundsätzlich aus, um der Gefahr doppelter Erstattung zu begegnen. Sie besagt indes nicht, dass mithin dem Kostengläubiger ein Erstattungsanspruch gegen den Kostenschuldner zustehen müsse. Dieser erfordert vielmehr eine tatsächliche Belastung des Kostengläubigers mit dem Umsatzsteueranteil. Das folgt bereits aus dem Erfordernis der Erklärung nach § 104 Abs. 2 S. 3 ZPO. Die vom Gesetz verlangte Verneinung eines Erstattungsanspruchs gegenüber dem Fiskus macht nur dort Sinn, wo ein solcher Anspruch womöglich in Betracht käme. Das wäre jedoch nicht der Fall, wenn es schon deshalb keine Steuer zu erstatten gäbe, weil es bereits an einer Steuerbelastung des Kostengläubigers fehlen würde.
Hat der Anwalt nur Auftraggeber, die allesamt nicht vorsteuerabzugsberechtigt sind, erscheint deren Belastung mit der nach § 25 Abs. 2 BRAGO auf die Gesamtvergütung zu zahlenden Umsatzsteuer nicht fraglich. Das gilt folglich auch für den jeweiligen Streitgenossen, der einen Teil dieser Gesamtvergütung gegen den Prozessgegner zur Erstattung anmeldet. Ebenso klar ist die Rechtslage, wenn sämtliche Auftraggeber zum Vorsteuerabzug berechtigt sind. Dann kann keiner von ihnen den Prozessgegner auf Umsatzsteuererstattung in Anspruch nehmen.
Anders verhält es sich jedoch, wenn die Auftraggeber teils zum Vorsteuerabzug berechtigt sind und teilweise nicht. Hier kommt in Betracht, dass der eine Teil im Rahmen seiner Haftung nach § 6 Abs. 2 BRAGO dem Fiskus gegenüber die Erstattung der enthaltenen Umsatzsteuer geltend macht, während der andere Teil die Umsatzsteuer vom Prozessgegner erstattet verlangt. Wäre in diesem Fall allein die Erklärung nach § 104 Abs. 2 S. 2 ZPO ausreichend, um dem nicht vorsteuerabzugsberechtigten Str...