Entscheidungsstichwort (Thema)
Beiordnung eines nicht bei dem Prozessgericht niedergelassenen Anwalts
Leitsatz (redaktionell)
Die Beiordnung eines nicht bei dem Prozessgericht niedergelassenen Anwalts im Rahmen der Prozesskostenhilfe kommt nur dann in Betracht, wenn hierdurch keine weiteren Kosten entstehen
Normenkette
ZPO § 121 Abs. 1, 3
Verfahrensgang
AG Paderborn (Beschluss vom 14.07.2006; Aktenzeichen 8 F 803/06) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin vom 24.7.2006 wird der Beschluss des AG Paderborn vom 14.7.2006 abgeändert. Die Einschränkung der Beiordnung von Rechtsanwältin X aus I "zu den Bedingungen eines bei dem AG Paderborn zugelassenen Anwalts" entfällt.
Eine Kostenerstattung findet nicht statt.
Gründe
Die gem. § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO zulässige sofortige Beschwerde ist begründet.
1. Zwar ist im Rahmen der bewilligten Prozesskostenhilfe nach § 121 Abs. 1 und 3 ZPO in der Regel ein bei dem Prozessgericht niedergelassener Rechtsanwalt beizuordnen. Grundsätzlich kann ein nicht bei dem Prozessgericht niedergelassener Anwalt nur dann beigeordnet werden, wenn dadurch keine weiteren Kosten entstehen.
2. Wenn einer - wie hier - auswärts wohnenden Partei aber dementsprechend ein Rechtsanwalt am Ort des Prozessgerichts beigeordnet wird, kann es in Einzelfällen erforderlich sein, ihr einen zusätzlichen Rechtsanwalt, etwa zur Vermittlung des Verkehrs mit dem Hauptbevollmächtigten, beizuordnen (BGH v. 23.6.2004 - XII ZB 61/04, MDR 2004, 1373 = BGHReport 2004, 1371 m. Anm. Schneider = NJW 2004, 2749, 2750). Von einer derartigen Notwendigkeit ist in Ehesachen wegen deren existenzieller Bedeutung für die Parteien auszugehen (OLG Brandenburg v. 15.7.1998 - 10 WF 80/98, FamRZ 1999, 1357 m.w.N.). Der mittellosen Partei muss, selbst wenn sie geschäfts- und schreibgewandt ist, die Möglichkeit zugestanden werden, die mit der Scheidung und den Scheidungsfolgen zusammenhängenden vielfältigen und manchmal auch schwierigen Fragen persönlich mit dem Anwalt zu erörtern, und zwar nicht nur einmal, sondern mehrfach (OLG Bamberg v. 8.1.1990 - 7 WF 140/89, FamRZ 1990, 644; OLG Brandenburg, a.a.O.).
3. Ordnet das Gericht in diesen Fällen - wie hier - der Partei im Rahmen der bewilligten Prozesskostenhilfe ausnahmsweise einen nicht in seinem Bezirk niedergelassenen Rechtsanwalt bei, was ihr zugleich die Möglichkeit nimmt, die Beiordnung eines weiteren Verkehrsanwalts nach § 121 IV ZPO zu erlangen, kann es dem Prozessbevollmächtigten deswegen nicht durch die beschränkte Beiordnung "zu den Bedingungen eines ortsansässigen Rechtsanwalts" zugleich die Möglichkeit der Erstattung von Reisekosten nehmen (BGH a.a.O., S. 2750).
Deshalb war der in I wohnenden Antragstellerin Rechtsanwältin X aus I ohne die Einschränkung "zu den Bedingungen eines bei dem AG Paderborn zugelassenen Anwalts" beizuordnen.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst (§ 127 Abs. 4 ZPO).
Fundstellen
Haufe-Index 1718022 |
Rpfleger 2007, 33 |
OLGR-Mitte 2007, 360 |