Leitsatz (amtlich)
Die Zuständigkeitskonzentration aus § 2 Abs. 3 i.V.m. § 5 Abs. 1 S. 1 AdWirkG greift nur dann ein, wenn auf die Annahme insgesamt, nicht nur auf Teil- oder Vorfragen, ausländische Sachnormen zur Anwendung kommen.
Normenkette
AdWirkG § 2 Abs. 3, § 5 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
AG Hamm (Aktenzeichen XVI 180/02) |
AG Recklinghausen (Aktenzeichen 62 XVI 4/02) |
Tenor
Das AG Recklinghausen ist zuständig.
Gründe
I. Die Beteiligte zu 1) ist eheliches Kind der Beteiligten zu 2) aus deren im Jahre 2000 geschiedenen Ehe mit dem kasachischen Staatsangehörigen S. Die Beteiligte zu 2), die ursprünglich auch kasachischer Staatsangehörigkeit war, ist im Dezember 1995 mit der Beteiligten zu 1) in die Bundesrepublik eingereist und hat am 28.1.1998 durch Einbürgerung die deutsche Staatsangehörigkeit erworben. Sie ist seit dem 21.12.2001 mit dem Beteiligten zu 3) verheiratet. Die Beteiligte zu 1) lebt im gemeinsamen Haushalt der Beteiligten zu 2) und 3) in R. Der Beteiligte zu 3) beabsichtigt, die Beteiligte zu 1) als Kind anzunehmen und hat im Juli 2002 einen entspr. Antrag an das AG R. gerichtet. Mit der Begründung, dass nach seiner Auffassung für das Adoptionsverfahren kasachisches Recht anzuwenden sei, hält das AG R. unter Hinweis auf die §§ 5 und 2 AdWirkG die Zuständigkeit des AG H. für gegeben und hat dieses um Übernahme des Verfahrens gebeten. Das AG H. hat durch Beschluss vom 17.10.2002 die Übernahme der Sache abgelehnt und diese an das AG R. zurückgegeben. Das AG R. hat die Sache dem OLG mit der Bitte um Bestimmung der Zuständigkeit vorgelegt.
II. Der Senat ist gem. § 5 FGG dazu berufen, darüber zu entscheiden, welches von mehreren Gerichten örtlich zuständig ist, wenn über diese Frage zwischen den beteiligten Gerichten Streit besteht. Der Senat bejaht die örtliche Zuständigkeit des AG R.
Gemäß § 43b Abs. 2 FGG ist in Angelegenheiten, welche die Annahme eines Kindes betreffen, das Gericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Annehmende in dem Zeitpunkt, in dem der Antrag eingereicht worden ist, seinen Wohnsitz hatte. Da der Beteiligte zu 3) im Zeitpunkt der Antragstellung im Juli 2002 seinen Wohnsitz in R. hatte, ist das AG R. für das vorliegende Adoptionsverfahren örtlich zuständig.
Die örtliche Zuständigkeit des AG H. ergibt sich entgegen der Auffassung des AG R. nicht aus § 2 Abs. 3 i.V.m. § 5 Abs. 1 S. 1 AdWirkG. Gemäß § 5 Abs. 1 S. 1 AdWirkG entscheidet über Anträge nach den §§ 2 und 3 dieses Gesetzes das VormG, in dessen Bezirk ein OLG seinen Sitz hat. Die in dem neuen § 43b Abs. 2 S. 2 FGG i.V.m. § 5 Abs. 1 und 2 AdWirkG vorgesehene Zuständigkeitskonzentration greift jedenfalls nur dann ein, wenn auf die Annahme insgesamt, nicht nur auf Teil- oder Vorfragen, ausländische Sachnormen zur Anwendung kommen. Erfasst sind demnach nur die Fallgestaltungen, in denen Art. 22 Abs. 1 i.V.m. Art. 4 Abs. 1 und 3, Art. 5 Abs. 1 und 2 und Art. 14 Abs. 1 EGBGB auf ausländisches Recht verweist; die Anwendung ausländischer Sachvorschriften auf Erforderlichkeit und Erteilung familienrechtlicher Zustimmungen nach Art. 23 S. 1 EGBGB reicht dagegen nicht aus.
Im vorliegenden Fall unterliegt die Annahme der Beteiligten zu 1) durch den Beteiligten zu 3) gem. Art. 22 Abs. 1 S. 1 i.V.m. Art. 14 Abs. 1 EGBGB dem deutschen Recht, da der Beteiligte zu 3) und die Beteiligte zu 2) die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen. Soweit die Anerkennung der beabsichtigten Adoption nach Art. 187 Abs. 2 des kasachischen FamGB der Genehmigung des kasachischen Bildungsministeriums bedarf, handelt es sich um einzuholende familienrechtliche Zustimmungen nach Art. 23 S. 1 EGBGB, mithin nur um eine die Zuständigkeit des AG H. nicht auslösende Anwendung ausländischer Sachnormen zu einem Teilaspekt zu dem i.Ü. dem deutschem Recht unterliegenden Annahmeverfahren.
Dr. Gammelin Engelhardt Lohmeyer
Fundstellen
Haufe-Index 1106277 |
FamRZ 2003, 1042 |
FGPrax 2003, 75 |
OLGR Hamm 2003, 189 |
IPRspr. 2002, 227 |
NJOZ 2003, 621 |