Leitsatz (amtlich)
Eine Kindeswohlgefährdung, die zur Entziehung der elterlichen Sorge nach § 1666 BGB führen kann, liegt vor, wenn das Kind zwei Jahre schulabstinent und derzeit unbekannten Aufenthaltes ist und die Kindesmutter durch ihr Verhalten ein Auffinden des Kindes verhindert.
Normenkette
BGB § 1666
Verfahrensgang
AG Bochum (Beschluss vom 25.05.2011; Aktenzeichen 62 F 113/11) |
Tenor
Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den am 25.5.2011 erlassenen Beschluss des AG - Familiengerichts - Bochum wird zurückgewiesen
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden der Antragsgegnerin auferlegt.
Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Antragsteller und die Antragsgegnerin führten eine nichteheliche Beziehung. Aus dieser Beziehung entstammt der am 31.7.1998 geborene gemeinsame Sohn U (im Folgenden: U). Der Antragsteller erkannte die Vaterschaft für U an und übte nach der endgültigen Trennung von der Antragsgegnerin im Jahre 2004 Umgangskontakte mit U aus. Am 18.10.1999 wurde das gemeinsame Kind V (im Folgenden: V) geboren. Der Antragsteller erkannte ebenfalls die Vaterschaft für V an und übte nach der Trennung von der Antragsgegnerin Umgangskontakte mit V aus
Nach der endgültigen Trennung des Antragstellers und der Antragsgegnerin verblieben die Kinder U und V bei der Antragsgegnerin. Das Jugendamt der Stadt C3 machte ihr das Angebot, U und V in einem Realschulinternat in Rheinland-Pfalz unterzubringen. Die Antragsgegnerin lehnte ab.
Die Antragsgegnerin heiratete in der Folgezeit Herrn T. Am 7.8.2006 wurde das gemeinsame eheliche Kind W (im Folgenden: W) geboren. W lebt ihm Haushalt des leiblichen Vaters T. Am 4.3.2009 wurde das weitere eheliche Kind X (im Folgenden: X) geboren. X lebt im Haushalt der Antragsgegnerin. Am 26.6.2007 trennten sich Herr T und die Antragsgegnerin. Im darauf folgenden Sorgerechtsverfahren 2 F 289/07, AG Bochum, betreffend das Kind W, holte das AG das Gutachten der Sachverständigen I2 vom 25.8.2008 ein. Die Sachverständige stellte fest, dass das Aufenthaltsbestimmungsrecht auf Herrn T alleine zu übertragen sei, da er - trotz Berufstätigkeit - besser erziehungsgeeignet sei. Auf den Inhalt des Gutachtens wird zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen. Am 2.9.2009 wurde die Ehe zwischen Herrn T und der Antragsgegnerin geschieden.
In der Zeit von Januar 2009 bis Mai 2010 wurde die Antragsgegnerin ambulant im Jugendhilfezentrum St. Y betreut. In den Sommerferien 2010 verbrachten U und V vier Wochen beim Antragsteller. In der Folgezeit lebte die Antragsgegnerin mit einem neuen Lebensgefährten, Herrn C, zusammen. In der Zeit vom 17.9.2010 bis 19.9.2010 waren U und V zu Besuch beim Antragsteller. Am 20.9.2010 brachte der Antragsteller U und V zurück zur Antragstellerin. Da diese nicht zu Hause war, verbrachte er die Kinder zur Mutter der Antragsgegnerin. Am 27.9.2010 stellte der Antragsteller U und V beim Jugendamt der Stadt C3 vor. Frau Q vom Jugendamt der Stadt C3 erklärte dem Antragsteller, dass aufgrund dessen, was ihm die Kinder erzählt hätten, eine sofortige Inobhutnahme erfolgen müsse. Es erfolgte eine Vereinbarung mit der Antragsgegnerin, dass U und V bis zum 28.9.2010 beim Antragsteller bleiben sollten.
Am 28.9.2010 wurden U und V durch das Jugendamt der Stadt C3 in Obhut in eine Diagnosegruppe in H genommen. Am 5.10.2010 verließ V auf eigenen Wunsch die Einrichtung und kehrte in den Haushalt der Antragsgegnerin zurück.
Ein ärztliches Attest vom 15.11.2010 wies hinsichtlich V aus, dass sie ein Hämatom am Hinterkopf erlitten habe. Nach Angaben Vs sei sie vom Antragsteller und dessen Lebensgefährtin geschlagen worden. Mit ärztlichem Attest vom 23.11.2010 wurde V zunächst für fünf Tage krankgeschrieben. Mit Folgeattesten vom 6.12.2010, 9.12.2010, 14.12.2010 und 17.12.2010 wurde sie für den anschließenden Zeitraum jeweils weiter krankgeschrieben. In der Folgezeit verblieb U in der Diagnosegruppe und wechselte dann zum Antragsteller. V verblieb bei der Antragsgegnerin; nach Angaben ihrer Großmutter habe sie sich seit November 2010 bei dieser aufgehalten.
Seit 11.11.2010 blieb V bis auf wenige Ausnahmen durchgängig dem Schulunterricht fern. Seit dem 3.12.2010 fehlt sie durchgängig. Mit Schreiben vom 12.1.2011 drohte die Schule der Antragsgegnerin die Durchführung eines Bußgeldverfahrens wegen der Schulabwesenheit Vs an.
Am 6.9.2011 wurde V seitens des Jugendamtes der Stadt C3 an der Hauptschule angemeldet. Das Jugendamt der Stadt C3 stellte in der Folgezeit den Antrag auf flexible Hilfen nach § 27 SGB VIII, dem stattgegeben wurde. In der Folgezeit fand das Jugendamt der Stadt C3 einen Platz für V an einer Waldorfschule. Im Oktober 2011 erkrankte die Großmutter von V. V wurde daraufhin vorübergehend in einem Heim in I untergebracht. V flüchtete aus dieser Einrichtung. V wurde nach ihrem Aufgreifen seitens des Jugendamtes der Stadt C3 in der Folgezeit in der Wohngruppe I3 untergebracht. Seit dem 4.5.2012 wurde sie in ihrer Wohngruppe I3 vermisst. N...