Entscheidungsstichwort (Thema)
Antrag auf Anordnung einer Nachlasspflegschaft. Aufhebungsanspruch der Erbengemeinschaft hinsichtlich eines Miteigentumsanteils an einem Grundstück. außerordentliche örtliche Zuständigkeit. Feststellungen zur Erbenermittlung
Leitsatz (amtlich)
1. Beziehen sich mehrere Erbengemeinschaften jeweils auf verschiedene ideelle Grundstücksbruchteile, so handelt es sich um einen Anwendungsfall des § 1961 BGB, wenn ein Aufhebungsanspruch gegen den Nachlass eines Erblassers geltend gemacht werden soll, zu dem ein Miteigentumsanteil an dem Grundstück gehört.
2. Der Senat neigt zu der Auffassung, dass § 74 FGG sich nicht auf eine gem. § 1961 BGB anzuordnende Nachlasspflegschaft erstreckt.
Normenkette
BGB §§ 1960-1961; FGG § 74; BGB § 1008
Verfahrensgang
LG Paderborn (Beschluss vom 15.06.2007; Aktenzeichen 5 T 163/07) |
AG Delbrück (Aktenzeichen 4 AR 254/06) |
Tenor
Unter Zurückweisung der weiteren Beschwerde im Übrigen werden der angefochtene Beschluss und der Beschluss des AG Delbrück vom 7.3.2007 aufgehoben, soweit die Anordnung einer Nachlasspflegschaft nach Frau H abgelehnt worden ist.
Insoweit wird die Sache mit der Maßgabe an das AG zurückverwiesen, dass diesem bei der erneuten Behandlung der Sache die Prüfung seiner örtlichen Zuständigkeit vorbehalten bleibt.
Der Gegenstandswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf bis zu 1.200 EUR festgesetzt, wovon 800 EUR auf die Zurückweisung der weiteren Beschwerde entfallen.
Gründe
I. Die Beteiligten sind in mehreren Erbengemeinschaften Miteigentümer der im Grundbuch von Z2 Blatt ... verzeichneten Grundstücke. Sie haben die Teilungsversteigerung dieser Grundstücke beantragt. Das AG Paderborn als Zwangsversteigerungsgericht konnte nicht alle weiteren, im Grundbuch verzeichneten Miteigentümer an dem Versteigerungsverfahren beteiligen, teils weil deren aktuelle Anschrift unbekannt war, teils weil diese verstorben waren.
Die o.a. Beteiligten haben daraufhin beim AG Delbrück beantragt, für "die bisher unbekannt gebliebenen Miteigentümer" einen Nachlasspfleger zu bestellen, da nach dem Alter derselben davon auszugehen sei, dass diese verstorben seien.
Das AG Delbrück hat den Antrag durch Beschluss vom 7.3.2007 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass aus der Grundbuchakte ersichtlich sei, dass allenfalls noch die Erben nach der vormaligen Miteigentümerin bzw. Miterbin eines Miteigentumsanteils H unbekannt seien. Insoweit habe jedoch ein Telefonat mit einem Neffen der H ergeben, dass auch die gesetzlichen Erben nach dieser bekannt seien und die Vorlage eines Erbscheins zum Zwecke der Grundbuchberichtigung bislang allein aus Zeitmangel unterblieben sei. Demnach sei nicht schlüssig vorgetragen, dass Erben unbekannt seien bzw. eine mögliche Ungewissheit nicht durch Ermittlungen zu beheben sei, so dass es an einem Bedürfnis für die Bestellung eines Nachlasspflegers fehle. Weiter sei der Antrag auch zurückzuweisen, weil die Nachlasspflegschaft allein den Interessen der Antragsteller, aber nicht der Sicherung des Nachlasses diene, wie § 74 FGG dies voraussetze.
Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Beteiligten hat das LG zurückgewiesen. Gegen diese Entscheidung wenden sich die Beteiligten mit der weiteren Beschwerde.
II. Die weitere Beschwerde ist statthaft und formgerecht eingelegt. Die Beschwerdebefugnis der Beteiligten ergibt sich bereits daraus, dass ihre Erstbeschwerde ohne Erfolg geblieben ist.
In der Sache ist die weitere Beschwerde teilweise begründet, da die Entscheidung des LG auf einer Verletzung des Rechts beruht, § 27 Abs. 1 FGG. In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist das LG zutreffend von einer zulässigen Erstbeschwerde ausgegangen (§§ 75, 57 Abs. 1 Nr. 3 FGG). In sachlicher Hinsicht hält die landgerichtliche Entscheidung der rechtlichen Prüfung hingegen nur teilweise und auch insoweit nur im Ergebnis stand.
Das LG hat die Anordnung einer Nachlasspflegschaft nach § 1961 BGB mit der Begründung abgelehnt, die Antragsteller beabsichtigten nicht, einen Anspruch gegen den Nachlass geltend zu machen. Mit der Zwangsversteigerung würden sie vielmehr einen Erbauseinandersetzungsanspruch nach § 2042 BGB geltend machen, der sich jedoch nicht gegen den Nachlass, sondern gegen die einzelnen Miterben richte. Dies ist zwar in rechtlicher Hinsicht zutreffend, geht jedoch von einem falschen Sachverhalt aus.
Die Grundstücke, auf welche sich die Teilungsversteigerungsanträge beziehen, stehen im Miteigentum (§ 1008 BGB). Lediglich einzelne der Miteigentumsanteile stehen (unterschiedlichen) Erbengemeinschaften zu. Den hiesigen Antragstellern stehen in unterschiedlich zusammengesetzten Erbengemeinschaften die 1/60-Miteigentumsanteile zu, die in Abteilung I des Grundbuchs mit den Ordnungsziffern 1, 2 und 8 bezeichnet sind. Aus dieser Position heraus können sie gegen die weiteren Miteigentümer ihren Aufhebungsanspruch gem. §§ 749, 753 Abs. 1 S. 1 BGB geltend machen. Soweit bei den weiteren Miteigentumsanteilen zwischenzeit-lich eine Gesamtrechtsnachfolge ...