Leitsatz (amtlich)
In Kindschaftssachen nach § 151 Nr. 1 FamFG hinsichtlich der Genehmigung einer Erbausschlagung nach § 1643 Abs. 2 Satz 1, Abs. 1 BGB kommt die Beiordnung eines Rechtsanwalts nur dann in Betracht, wenn wegen der Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint. Im Falle einer evidenten Überschuldung des Nachlasses und eines Hinweises des Nachlassgerichts auf eine etwaig erforderliche familiengerichtliche Genehmigung ist eine derartige Schwierigkeit zu verneinen.
Normenkette
FamFG § 78 Abs. 2, § 151 Nr. 1; BGB § 1643 Abs. 2 S. 1, Abs. 1
Verfahrensgang
AG Brakel (Beschluss vom 06.10.2011; Aktenzeichen 9 F 81/11) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin vom 20.10.2011 gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Brakel vom 6.10.2011 wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Mit Antrag vom 4.7.2011 begehrte die Antragstellerin die familiengerichtliche Genehmigung für die Erklärung der Ausschlagung der Erbschaft ihres Kindes O-M X hinsichtlich des Nachlasses des am 30.7.2010 verstorbenen T E, des Bruders der Mutter des Kindesvaters. Zur Begründung führte sie aus, dass vorrangige Erben die Erbschaft ausgeschlagen hätten und die Schwester des Verstorbenen ihr mündlich mitgeteilt habe, dass der Nachlass mit mindestens 10.000 EUR überschuldet sei. Zugleich beantragte sie die Gewährung von Verfahrenskostenhilfe und angesichts der angenommenen Schwierigkeit der Rechtslage die Beiordnung ihrer Rechtsanwältin. Unter dem 11.7.2011 erklärte die Antragstellerin die Erbschaftsausschlagung.
Mit Beschluss vom 8.8.2011 genehmigte das AG - Familiengericht - Brakel die Erbschaftsausschlagungserklärung. Nach Hinweisen vom 22.8.2011 und 31.8.2011, dass eine Anwaltsbeiordnung deswegen nicht in Betracht komme, weil Probleme direkt mit dem Gericht durch die Antragstellerin hätten geklärt werden können, zumal die Antragstellerin selbst bei Gericht erschienen sei und Erkundigungen eingeholt habe, bewilligte das AG - Familiengericht - Brakel mit Beschluss vom 5.10.2011 der Antragstellerin die begehrte Verfahrenskostenhilfe und wies den Antrag auf Anwaltsbeiordnung zurück. Zur Begründung führte es aus, dass die Vertretung durch einen Rechtsanwalt nicht erforderlich erscheine. Die Antragstellerin habe ihr Anliegen am 11.7.2011 vor dem Nachlassgericht persönlich zu Protokoll erklärt. Auch der Antrag auf Erteilung der familiengerichtlichen Genehmigung dieser Erbschaftsausschlagungserklärung sei in den Antrag mit aufgenommen worden. Anwaltlicher Hilfe habe es nicht bedurft. Eine schwierige Rechtsfrage habe ebenfalls nicht vorgelegen.
Gegen diesen Beschluss hat die Antragstellerin unter dem 20.10.2011 Beschwerde eingelegt. Zur Begründung führte sie aus, dass bereits für einen juristischen Laien der Umstand der Erbausschlagung mit der gesetzlichen Fristenregelung und den daraus folgenden Konsequenzen schwer verständlich sei. Auch habe sich die Frage gestellt, ob eine familiengerichtliche Genehmigung erforderlich und an welche Voraussetzungen diese geknüpft gewesen sei. Die Notwendigkeit der Genehmigung sei überdies in den Fällen unterschiedlich zu werten, in denen die Kindeseltern verheiratet seien oder gemeinsame Sorge bei nichtehelichen Eltern bestehe oder unter welchen Voraussetzungen der Anfall erfolge.
Das AG - Familiengericht - Brakel hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
II. Die gemäß den §§ 76 Abs. 2 FamFG, 127 Abs. 2 Satz 2 und Satz 3 ZPO zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
Zutreffend hat das Familiengericht eine Beiordnung eines Rechtsanwalts abgelehnt.
1. Im Kindschaftssachen nach § 151 Nr. 1 FamFG hinsichtlich der Genehmigung einer Erbausschlagung nach § 1643 Abs. 2 Satz 1, Abs. 1 BGB ist eine Vertretung durch einen Rechtsanwalt nicht gesetzlich vorgeschrieben. Den Beteiligten wird daher nach § 78 Abs. 2 FamFG im Rahmen der bewilligten oder zu bewilligenden Verfahrenskostenhilfe auf seinen Antrag ein Anwalt nur dann beigeordnet, wenn wegen der Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint.
Bei der gebotenen objektiven Bemessung der Schwierigkeit kann jeder der genannten Umstände, d. b. sowohl die Schwierigkeit der Rechtslage als auch die Schwierigkeit der Sachlage für sich allein die Beiordnung eines Rechtsanwalts im Rahmen der bewilligten Verfahrenskostenhilfe erforderlich machen. Entscheidend ist dabei, ob ein bemittelter Rechtssuchender in der Lage eines Unbemittelten vernünftigerweise einen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung seiner Interessen beauftragt hätte (vgl. BGH, Beschl. v. 23.6.2010 - XII ZB 232/09, MDR 2010, 1145 = FamRZ 2010, 1427). Dabei sind als Abwägungskriterien auch die subjektiven Fähigkeiten des betroffenen Beteiligten zu berücksichtigen, insbesondere seine Fähigkeit, sich mündlich oder schriftlich auszudrücken (vgl. OLG Schleswig, Beschl. v. 7.5.2010 - 10 WF 78/10 - SchlHA 2011, 205).
Ob die Beiordnung i.S.v. § 78 Abs. 2 ...