Verfahrensgang

LG Münster (Urteil vom 12.01.2017; Aktenzeichen 014 O 317/16)

 

Tenor

Die Kläger werden darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, ihre Berufung gegen das Urteil des LG Münster vom 12.01.2017 durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen. Der Senat ist einstimmig davon überzeugt, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, § 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO, und dass auch die weiteren Voraussetzungen des § 522 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bis 4 ZPO gegeben sind.

Die Kläger erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme binnen 3 Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses. Ggf. mag innerhalb dieser Frist mitgeteilt werden, ob die Berufung aus Kostengründen zurückgenommen wird.

Auf den Hinweisbeschluss vom 22.03.2017 wurde die Berufung mit Endbeschluss vom 19.04.2017 zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Die Kläger begehren nach Widerruf ihrer auf Abschluss eines Darlehensvertrages gerichteten Willenserklärung Rückzahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung.

Unter dem 19.01.2006 schlossen die Kläger mit der Beklagten einen Darlehensvertrag über einen Nettodarlehensbetrag i.H.v. 140.000 EUR, der mit 5,31 % p.a. (effektiv 5,44 % p.a.) bei einer Zinsbindung bis 30.06.2013 zu verzinsen war. Als Sicherheit diente unter anderem eine zu bestellende Grundschuld. Die Beklagte erteilte den Klägern eine Widerrufsbelehrung (Anl. K2, Bl. 6 der Akten). Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Darlehensvertrag (Anl. K1, Bl. 4 ff. der Akten) sowie die Widerrufsbelehrung Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 21.04.2009 baten die Kläger um die Aussetzung der Raten. Am 08.04.2011 trafen sie mit der Beklagten eine Prolongationsvereinbarung dahingehend, dass ab dem 01.07.2013 das Darlehen jährlich mit 4,99 % bei einer Zinsbindung bis 30.07.2023 zu verzinsen war. Zum 15.01.2014 erfolgte die einvernehmliche Aufhebung des Darlehensvertrages; die Kläger zahlten an die Beklagte eine Vorfälligkeitsentschädigung i.H.v. 17.845,44 EUR (Anl. K3, Bl. 7 der Akten). Mit anwaltlichem Schreiben vom 03.05.2016 erklärten die Kläger den Widerruf des Darlehensvertrages und verlangten Rückzahlung der geleisteten Vorfälligkeitsentschädigung. Dies lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 12.05.2016 ab.

Der Senat nimmt hinsichtlich des weiteren Sachverhaltes einschließlich der in 1. Instanz gestellten Anträge zunächst Bezug auf die angefochtene Entscheidung, § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO.

Das LG hat die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Kläger hätten keinen Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten Vorfälligkeitsentschädigung. Zwar stehe ihnen grundsätzlich ein Widerrufsrecht zu, da die Widerrufsbelehrung wegen der Verwendung des Wortes "frühestens" sowie der Fußnote "Bitte Frist im Einzelfall prüfen" fehlerhaft sei. Jedoch sei das Widerrufsrecht verwirkt, da sowohl das erforderliche Zeit- als auch das Umstandsmoment erfüllt seien. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf das landgerichtliche Urteil Bezug genommen.

Dagegen wenden die Kläger sich mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten Berufung, mit der sie ihr erstinstanzliches Klagebegehren weiterverfolgen.

Sie tragen wiederholend und vertiefend vor, entgegen der Auffassung des LG sei der Anspruch auf Rückzahlung der Vorfälligkeitsentschädigung nicht verwirkt. Bezeichnenderweise habe der Bundesgerichtshof in seiner durch das LG zitierten Entscheidung vom 11.10.2016 - XI ZR 482/15 - die Frage der Verwirkung offengelassen und die Sache an den Tatrichter zurückverwiesen.

Das LG sei zunächst auf das Zeitmoment eingegangen. Die erforderliche Zeitspanne richte sich nach den Umständen des Einzelfalls. Zu berücksichtigen seien vor allem Art und Bedeutung des Anspruchs, die Intensität des vom Berechtigten geschaffenen Vertrauenstatbestandes und das Ausmaß der Schutzbedürftigkeit des Verpflichteten. Vorliegend hätten sie - die Kläger - mehrfach deutlich zum Ausdruck gebracht, nicht mehr an dem Darlehensvertrag festhalten zu wollen. Dies sei mit Schreiben vom 21.04.2009 bezüglich der Aussetzung der Raten, mit Schreiben vom 08.04.2011 hinsichtlich der Anschlusszinsvereinbarung sowie der Beendigung des Darlehensverhältnisses wenige Monate nach Abschluss der Anschlussvereinbarung am 15.01.2014 geschehen. Sie - die Kläger - hätten adäquate Zinsbedingungen erhalten wollen, die die Beklagte ihn jedoch verwehrt habe. Daher habe die Beklagte damit rechnen müssen, dass sie - die Kläger - ihr Widerrufsrecht ausüben würden, sofern sie darum wüssten. Bezeichnend sei, dass eine Widerrufsbelehrung verwandt worden sei, die nicht dem seinerzeit gültigen Muster entsprochen habe und objektiv geeignet gewesen sei, den Verbraucher von der Ausübung seines Widerrufsrechts abzuhalten. Daher sei die Beklagte nicht als besonders schutzbedürftig anzusehen. Auch könne ihnen kein treuwidriges Verhalten vorgeworfen werden, da die Beklagte aufgrund des fortwährenden Beendigungswunsches in besonderem Maße davon habe ausgehen müssen, dass sie - die Kläger - von ihrem Widerrufsrecht Gebrauch mach...

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