Leitsatz (amtlich)

Die Entscheidung der Vollstreckungsbehörde, von dem Vollstreckungsplan abzuweichen und den Verurteilten unmittelbar in eine Justizvollzugsanstalt des offenen Vollzuges zu laden, liegt in ihrem pflichtgemäßen Ermessen. Das OLG hat deshalb gemäß § 28 Abs. 3 EGGVG nur zu prüfen, ob bei der Ermessensentscheidung fehlerfrei verfahren wurde. Dies enthebt die Vollstreckungsbehörden aber nicht von der Verpflichtung, auch das Resozialisierungsinteresse eines Verurteilten bei ihrer Entscheidung mit zu berücksichtigen.

 

Tenor

Die angefochtenen Bescheide werden aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Behandlung und Entscheidung an die Staatsanwaltschaft Düsseldorf zurückverwiesen.

Die Staatskasse trägt die Kosten des Verfahrens und die dem Betroffenen entstandenen notwendigen Auslagen.

Der Geschäftswert wird auf 2.500,- EUR festgesetzt.

 

Gründe

I.

Der Betroffene ist durch Urteil des Landgerichts Duisburg vom 31. August 2006, rechtskräftig seit dem 22. Mai 2007, wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern sowie sexuellen Missbrauchs von Kindern zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt worden.

Mit Verfügung vom 23. August 2007 hat die Staatsanwaltschaft Düsseldorf den Betroffenen zum Strafantritt in die Justizvollzugsanstalt Düsseldorf geladen. Sein Verfahrensbevollmächtigter hat daraufhin mit Schriftsatz vom 18. September 2007 beantragt, den Betroffenen in den "offenen Vollzug" einzugliedern, da er seit dem 1. Juni 2007 ein festes Arbeitsverhältnis als Kraftfahrer, welches zuvor lediglich auf Zeit abgeschlossen gewesen sei, habe. Einen entsprechenden Arbeitsvertrag hat er vorgelegt. Die Staatsanwaltschaft Düsseldorf hat am 9. Oktober 2007 den Präsidenten des Landesjustizvollzugsamtes Nordrhein-Westfalen um Zustimmung zur Ladung in eine an sich unzuständige Anstalt gebeten und dem Betroffenen zugleich Strafaufschub für einen Zeitraum von vier Monaten gewährt. Mit Schreiben vom 16. November 2007 hat der Präsident des Landesjustizvollzugsamtes mitgeteilt, dass mit Erlass vom 8. November 2005 (4431-IV.28) das Justizministerium NRW bestimmt habe, dass verurteilte Personen, die wegen einer Straftat gegen die sexuelle Selbstbestimmung verurteilt wurden, ausnahmslos in Anstalten des geschlossenen Vollzuges unterzubringen seien. Er habe daher von einer weiteren Prüfung gemäß § 26 Abs. 2 StrVollStrO abgesehen. Die Staatsanwaltschaft Düsseldorf hat dem Betroffenen den Inhalt dieses Schreibens mitgeteilt und ihn aufgefordert, sich umgehend in der Justizvollzugsanstalt Düsseldorf zu stellen, da dies die zuständige Anstalt sei, an die die Vollstreckungsbehörde aufgrund des Vollstreckungsplanes gebunden sei.

Mit Schreiben vom 12. Dezember 2007 hat der Verfahrensbevollmächtigte des Betroffenen gegen diese Verfügung der Staatsanwaltschaft Düsseldorf Beschwerde eingelegt. Zur Begründung hat er erneut auf das bestehende Arbeitsverhältnis hingewiesen, darüber hinaus die gefestigte familiäre Situation des Verurteilten als Argument für eine Eingliederung in den offenen Vollzug herangezogen. Dieser lebe mit seiner Ehefrau und seinen zwei Töchtern ununterbrochen in einem Haushalt. Im Jahre 2001 habe er ein Einfamilienhaus erworben, dessen Finanzierung über einen Zeitraum von 31 Jahren vertraglich geregelt sei. Falls das Arbeitseinkommen des Betroffenen wegfalle, könne der Finanzierungsplan nicht eingehalten werden. Im Übrigen weist der Prozessbevollmächtigte darauf hin, dass der Verurteilte mit Ausnahme der dem Urteil des Landgerichts Düsseldorf zugrunde liegenden Straftaten ein straffreies Leben geführt hat. Darüber hinaus beruft er sich auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 27. September 2007 - 2 BvR 725/07 -. In dieser Entscheidung habe das Bundesverfassungsgericht gefordert, dass die Vollstreckungsbehörden vor jedem Strafantritt eine Ermessensentscheidung zu treffen hätten, ob der Verurteilte die Voraussetzungen für den offenen Vollzug mitbringe, wobei u.a. das Vorhandensein eines festen Arbeitsplatzes eine entscheidende Rolle spiele. Indem die Staatsanwaltschaft Düsseldorf im vorliegenden Fall eine Überprüfung der Voraussetzungen für die Eingliederung des Verurteilten in den offenen Vollzug von vornherein mit dem Hinweis auf den Erlass des Justizministeriums vom 8. November 2005 unterlassen hätte, hätte sie ihr pflichtgemäßes Ermessen überhaupt nicht ausgeübt.

Nachdem die Staatsanwaltschaft Düsseldorf am 12. Dezember 2007 das erneute Strafaufschubgesuch des Betroffenen abgelehnt hatte, hat der Antragsteller sich am

28. Dezember 2007 zum Strafantritt in der Justizvollzugsanstalt Düsseldorf gestellt.

Mit Bescheid vom 14. Januar 2008 hat der Generalstaatsanwalt in Düsseldorf die Beschwerde des Betroffenen zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt:

"Soweit die Staatsanwaltschaft Düsseldorf den Antrag auf Einweisung in einer Justizvollzugsanstalt des offenen Vollzuges zurückgewiesen hat, sehe ich nach Prüfung der Sach- und Rechtslage zu einer abweichenden Entschließung auch aufgrund des Beschwerdevo...

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