Entscheidungsstichwort (Thema)

Beschlagnahme. Grundstück. Verschiebungsfall. Einziehung von Taterträgen bei Dritten

 

Leitsatz (amtlich)

Zu den Voraussetzungen der Einziehung von Taterträgen bei einem nicht tatbeteiligten Dritten.

 

Normenkette

StGB § 73b Abs. 1; StPO § 111b Abs. 1, § 111j Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Essen (Entscheidung vom 29.08.2019; Aktenzeichen 56 Qs 4/19)

 

Tenor

Auf die weitere Beschwerde der Staatsanwaltschaft Duisburg vom 26.09.2019 wird der Beschluss des Landgerichts Essen vom 29.08.2019 - 56 Qs 4/19 -aufgehoben.

Gemäß §§ 111b Abs. 1, 111j Abs. 1 StPO wird zur Sicherung der Vollstreckung des staatlichen Anspruchs auf Einziehung gem. §§ 73, 73b Abs. 1 S. 1 Nr. 2a, Abs. 2, 73c, 73d StGB sowie §§ 370 Abs. 1 Nr. 1 und 2 AO, 18 UStG, 20, 25 EStG die Beschlagnahme folgender Gegenstände der

F AG,

- vertreten durch den Vorstand I, E- Str. 82, ##### E2 -

Verfahrensbevollmächtigter: Rechtsanwalt Dr. T, E- Str. 95, ##### E2,

- Schuldnerin -

bis zu einem Wert von 630.000 Euro angeordnet:

  1. Gebäude- und Freifläche P-hof 71 in I2, Flur #8, Flurstück ##1, Amtsgericht Wesel, Grundbuch von I2, Blatt ###5, Gemarkung I2, lfd. Nummer 1;
  2. Gebäude und Freifläche E- Straße 82 in E2, 167/1.000 Miteigentumsanteil an Flur #6 Flurstück #5, Flur #6 Flurstück ##7 und Flur #6 Flurstück ##8 verbunden mit dem Sondereigentum an der im Aufteilungsplan mit Nr. 1 gekennzeichneten Wohneinheit, Amtsgericht Dinslaken, (Wohnungs-) Grundbuch von E2, Blatt ####1, Gemarkung E2, lfd. Nummer 1.
 

Gründe

I.

Die Staatsanwaltschaft Duisburg ermittelt gegen den Beschuldigten B wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung. Der Beschuldigte war von 2011 bis 2017 Geschäftsführer der B GmbH, die sich in Liquidation befindet. Liquidator der Gesellschaft ist der Beschuldigte. Zudem war er bis 2017 als Einzelunternehmer im Sicherheitsgewerbe tätig.

Eine am 28.03.2019 vorgenommene Durchsuchung in den ehemals von dem Beschuldigten für die B GmbH genutzten Räumlichkeiten führte zum Auffinden zahlreicher Unterlagen und Kontoauszüge, aus denen sich Zahlungen in insgesamt siebenstelliger Höhe für erbrachte Sicherheits- und Brandschutzdienstleistungen auf Konten der B GmbH aus den Jahren 2015 bis 2017 ergaben. Die dokumentierten Umsätze beliefen sich auf insgesamt 896.787,33 € brutto für das Jahr 2015, auf 4.819.673,44 € brutto für das Jahr 2016 und auf 293.362,85 € für das Jahr 2017. Die Auswertung der Kontobewegungen ergab zudem, dass der Beschuldigte als Geschäftsführer und alleiniger Gesellschafter der B GmbH erhebliche verdeckte Ausschüttungen an sich selbst vorgenommen hatte. Nach dem Ergebnis der Ermittlungen wurden auf diese Umsätze weder Umsatz- noch Einkommensteuer, Körperschaft- oder Gewerbesteuer abgeführt.

Durch das Finanzamt E2 wurde die B GmbH umsatzsteuerrechtlich als Organgesellschaft des Beschuldigten im Sinne von § 2 Abs. 2 UStG eingestuft. Gegen diesen besteht infolgedessen der Verdacht der Steuerhinterziehung in Höhe von insgesamt 1.743.505,89 €. Dieser Betrag setzt sich zusammen aus der Einkommensteuerverkürzung für das Jahr 2016 i.H.v. 347.976,72 €, der Umsatzsteuerverkürzung für die Jahre 2015 bis 2017 i.H.v. 671.686,17 € und der Körperschaft- und Gewerbesteuerverkürzung sowie der Verkürzung des Solidaritätszuschlags für die Jahre 2015 bis 2017 i.H.v. 723.843 € betreffend die B GmbH i. L..

Im Jahr 2017 beendete der Beschuldigte die Geschäftstätigkeit der B GmbH und meldete auch sein Einzelgewerbe ab. Im Folgenden verlagerte er sein bewegliches Vermögen ganz überwiegend ins Ausland, insbesondere auf die Philippinen, wo er auch Grundbesitz erwarb. Insgesamt 96.000 € wandte er durch Überweisung auf deren Konto auch seiner Mutter zu.

Wegen der Einzelheiten wird Bezug genommen auf den Arrestbeschluss des Amtsgerichts Essen vom 11.04.2019 - 44 Gs 1400/19.

Der Beschuldigte hat im Jahr 2017 seinen bisherigen Wohnsitz in I2 abgemeldet und dabei angegeben, in die Niederlande verzogen zu sein. Faktisch ist er auf den Philippinen ansässig, möglicherweise schon seit 2015.

Im Mai 2018 gründete der Beschuldigte die Einziehungsbeteiligte, deren alleiniger Anteilseigner er bis heute ist. Zunächst wurde er selbst zum Vorstand der AG bestellt. Bereits am 22.05.2018 wurde an seiner statt sein Onkel, der damals 72-jährige I zu deren Vorstand bestellt. Aufsichtsratsvorsitzender der Gesellschaft wurde zum selben Zeitpunkt der Bruder der Lebensgefährtin des Beschuldigten. Bei den übrigen Aufsichtsratsmitgliedern handelt es sich um Verwandte des Beschuldigten.

Mit Kaufvertragsurkunde des Notars Dr. T aus E2 vom 10.12.2018 veräußerte der Beschuldigte das Grundstück "P-hof 71" in I2, welches er seinerseits unter dem 16.03.2016 zum Kaufpreis von 219.500 € erworben hatte, für 220.000 € an die Einziehungsbeteiligte.

Mit weiterer Urkunde des Notars Dr. T vom selben Tag verkaufte der Beschuldigte auch das Grundstück "E-Str. 81" in E2, eine an seinen Onkel I vermietete Eigentumswohnung, zu einem Kaufpreis von 410.000 € an die AG. Dieses Grundstück hatte er seinerseits unter dem 28.06...

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