Leitsatz (amtlich)
Berufliche und wirtschaftliche Schwierigkeiten als Folge eines angeordneten Fahrverbotes hat der Betroffene regelmäßig hinzunehmen. Derartige Nachteile rechtfertigen daher kein Absehen von der Verhängung eines Regelfahrverbotes, sondern grundsätzlich nur Härten ganz außergewöhnlicher Art, wie z.B. ein drohender Verlust des Arbeitsplatzes oder der Verlust einer sonstigen wirtschaftlichen Existenzgrundlage. Geht der Tatrichter davon aus, dass der Betroffene auch während eines Zeitraums von zwei Wochen keinen Fahrer beschäftigen kann, muss er diese Annahme durch tatsächlichen Feststellungen belegen.
Verfahrensgang
AG Herford (Entscheidung vom 25.11.2003) |
Tenor
Das angefochtene Urteil wird im Rechtsfolgenausspruch nebst den diesem zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens - an das Amtsgericht Herford zurückverwiesen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht Herford hat durch Urteil vom 25. November 2003 gegen den Betroffenen wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb einer geschlossenen Ortschaft gemäß §§ 41 Abs. 2, 49 StVO i.V.m. § 24 StVG um 27 km/h eine Geldbuße von 200,00 EUR festgesetzt und von der Verhängung eines Fahrverbotes abgesehen.
Hierzu hat das Urteil Folgendes ausgeführt:
"Mit einem Fahrverbot gem. § 25 Absatz 1 StVG, mit welchem der Verstoß des Betroffenen als beharrliche Pflichtverletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers im Regelfall zu ahnden gewesen wäre, war gegen den Betroffenen vorliegend nicht zu belegen, da ihn die Verhängung eines Fahrverbotes im Hinblick auf seine Berufsausübung deutlich überdurchschnittlich beeinträchtigt hätte. So ist der Betroffene zur Ausübung seines Berufes als Außendienstmitarbeiter bei einer jährlichen Kilometerfahrleistung von etwa 110.000 km auf die Nutzung eines Kraftfahrzeuges angewiesen. Eine derartige Tätigkeit wie diejenige des Betroffenen ist nämlich nicht ohne weiteres mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu bewältigen. Vielmehr ist allgemein anerkannt, dass gerade die Wahrnehmung von zeitlich engen Kundenterminen an teilweise entlegenen Betriebsstätten bei einem regional großen Vertriebsgebiet mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht möglich ist. Da der Betroffene glaubhaft angegeben hat, aufgrund der angespannten Personalsituation von seinem Arbeitgeber nicht länger als zwie Wochen zusammenhängend Erholungsurlaub gewährt zu bekommen, hätte selbst die Verhängung eines nur einmonatigen Fahrverbots für den Betroffenen zur Folge, dass er für jedenfalls zwei Wochen seinen Tätigkeit nicht annähernd in dem Umfang ausüben kann, wie er es unter Nutzung eines Pkws könnte. Da der Arbeitgeber des Betroffenen in der Bescheinigung vom 25.11.2003 für den Fall eines weiteren Ausfalls im Vertriebsbereich "immense Folgen" sowie "weitere negative Einschnitte im wirtschaftlichen Erfolg" ankündigt, könnte die Verhängung eines nur einmonatigen Fahrverbots für den Betroffenen daher den Verlust seines Arbeitsplatzes nach sich ziehen. Eine solche Konsequenz geht jedoch weit über das hinaus, was ein gewöhnlicher, durchschnittlicher Kraftfahrer an Einbußen hinnehmen muß, wenn er für einen Monat gemäß § 25 Absatz 1 Satz 1 StVG ein Fahrverbot hinnehmen muß. Darüber hinaus war bei der Frage der Verhängung eines Fahrverbots zugunsten des Betroffenen zu berücksichtigen, dass sowohl der vorliegend in Rede stehende Verstoß als auch der vorangegangene Geschwindigkeitsverstoß vom 12.08.2002 jeweils Geschwindigkeitsverstöße außerhalb geschlossener Ortschaften um 27 km/h - mithin nur knapp in dem Bereich, ab welchem ein Fahrverbot für beharrliche Verstöße im Regelfall überhaupt in Betracht kommt , - liegen.
Nach Abwägung aller für und gegen den Betroffenen sprechenden Umstände war daher ohne Verhängung eines Fahrverbots auf eine Geldbuße von 200,- Euro, dem Vierfachen der Regelgeldbuße, zu erkennen um sicherzustellen, dass die Rechtsfolge des Verstoßes für den Betroffenen auch ohne die Verhängung eines Fahrverbotes eine nachhaltige Wirkung hat, so dass er künftig keine gleichgelagerten Verstöße mehr begehen wird."
Gegen dieses Urteil richtet sich die auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft. Sie rügt die Verletzung materiellen Rechts und wendet sich insbesondere gegen das Absehen von der Verhängung des Regelfahrverbots.
Die Generalstaatsanwaltschaft ist der erhobenen Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft Bielefeld unter ergänzenden Ausführungen beigetreten. Sie ist der Auffassung, die Beschränkung der Rechtsbeschwerde auf den Rechtsfolgenausspruch sei wirksam, weil in der angefochtenen Entscheidung hinreichende Feststellungen für die vom Rechtsbeschwerdegericht zu treffende Entscheidung über die Rechtsfolgen enthalten seien.
II.
Die Rechtsbeschwerde ist zulässig und führt auf die erhobene Sachrüge hin zu einer Aufhebung des angefochtenen Urteils im Rechtsfolgenausspruch und zu...