Leitsatz (amtlich)
Zur Wirkung eines nicht nach § 273 Abs. 3 StPO sondern nur nach § 273 Abs. 1 StPO protokollierten Rechtsmittelverzichts.
Verfahrensgang
AG Bielefeld (Aktenzeichen 36 OWi 1006/09) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde wird als unzulässig verworfen.
Die Kosten des Rechtsmittels trägt der Betroffene.
Gründe
I.
Das Amtsgericht hat den Betroffenen mit dem angefochtenen Urteil wegen vorsätzlicher Ausübung einer Tätigkeit ohne erforderliche Arbeitserlaubnis zu einer Geldbuße von 500 Euro verurteilt.
Hiergegen wendet sich der Betroffene mit der Rechtsbeschwerde.
II.
Die Rechtsbeschwerde ist unzulässig, da sie eingelegt wurde, nachdem der Betroffene wirksam auf Rechtsmittel verzichtet hatte.
Der Betroffene, für den eine Dolmetscherin in der Hauptverhandlung übersetzt hatte, hat im Anschluss an die Urteilsverkündung nach Rechtsmittelbelehrung erklärt, dass er das Urteil annehme. Dies ist im Protokoll beurkundet worden. Damit ist auch den formellen Anforderungen Genüge getan. Die Form eines Verzichts richtet sich nach der Form der Einlegung des Rechtsmittels, hier also Schriftsform oder zu Protokoll der Geschäftsstelle. Ihr ist genügt, wenn bei einem im Anschluss an die Hauptverhandlung protokollierten Verzicht dieser in das Hauptverhandlungsprotokoll aufgenommen wird (Meyer-Goßner StPO 52. Aufl. § 302 Rdn. 18 f.). Der Verzicht wurde hier ins Protokoll aufgenommen. Die Erklärung des Betroffenen, dass er das Urteil annehme, enthält regelmäßig die Erklärung des Rechtsmittelverzichts (Meyer-Goßner a.a.O. Rdn. 20). Für Abweichungen davon sind hier keine Anhaltspunkte erkennbar. Dass der Verzicht nicht vorgelesen und genehmigt wurde (§ 273 Abs. 3 StPO) hindert nicht die Erfüllung der Form (OLG Köln Beschl. v. 17.05.2005 - 8 Ss 87/05 = BeckRS 2005 06940), sondern hat nur zur Folge, dass dem Protokoll insoweit keine absolute Beweiskraft i.S.v. § 274 StPO zukommt (vgl. OLG Hamm Beschl. v. 03.04.2008 - 3 Ws 97/08 = BeckRS 2008, 22417), wie die Generalstaatsanwaltschaft in ihrer Antragsschrift zutreffend ausgeführt hat. Das wird tendenziell auch erkennbar an der höchtsrichterlichen Rechtsprechung, wonach die Form bereits erfüllt ist, auch wenn das Protokoll noch nicht fertiggestellt ist (BGH/Becker NStZ-RR 2002, 101).
Da dem Protokoll keine Beweiskraft hinsichtlich der Erklärung des Rechtsmittelverzichts zukommt und dieser von dem Betroffenen durch seinen Verteidiger bestritten wird, hat der Senat freibeweislich aufgeklärt, ob ein wirksamer Rechtsmittelverzicht vorliegt. Das ist der Fall.
Der Verteidiger des Betroffenen hat erklärt, dass der Betroffene zu keinem Zeitpunkt erklärt habe, dass er das Urteil annehme oder auf Rechtsmittel verzichte. Der Betroffene habe sich nur nach den Verfahrfenskosten erkundigt und sich mit dem Verteidiger beraten. Er habe auch später dann nicht erklärt (wie es im Protokoll heißt), dass der Betroffene einen Rechtsmittelverzicht widerrufe. Im Protokoll heißt es demgegenüber: "Ausführliche Rechtsamittelbelehrung wurde erteilt und übersetzt. Der Betroffene erkundigte sich nach der Höhe der Verfahrenskosten. Nachdem dem Betroffenen die Auskunft erteilt wurde, dass er neben den reinen Verfahrenskosten in Höhe von 50 Euro, die Auslagen für die Zeugen und die Dolmetscherin zu tragen habe, erklärte der Betroffene, dass er das Urteil annehme. Auf Anraten seines Verteidigers nahm der Betroffene diese Erklärung wieder zurück." Die Richterin hat in ihrer dienstlichen Stellungnahme erklärt, dass der Verlauf der Verhandlung so im Wesentlichen richtig wiedergegeben sei. Der letzte Satz gebe die Geschehnisse allerdsings nur verkürzt wieder. "Denn der Verteidiger redete mehrere Minuten auf den Betroffenen ein, bis dieser seinen Rechtsmittelverzicht widerrief". Die vom Senat schriftlich befragte Dolmetscherin hatte an den Geschehensablauf insoweit keine Erinnerung mehr.
Bei dieser Beweislage ist von der Erklärung eines Rechtsmittelverzichts auszugehen. Zwar widersprechen sich die schriftlichen Stellungnahmen von Verteidiger und Richterin. Bei isolierter Betrachtung kann zunächst keiner von beiden eine erhöhte Glaubhaftigkeit beigemessen werden. Für die Glaubhaftigkeit der Angaben der Richterin spricht indes, dass diese mit dem Protokoll übereinstimmen und das Protokoll immerhin von zwei Personen (der Richterin und der Urkundsbeamtin, welche zur Zeit nicht im Dienst ist) unterzeichnet wurde und zwar zeitnah am 06.08.2009 und der Protokolltext selbst zudem ja unmittelbar in der Hauptverhandlung gefertigt wurde. Demnach spricht alles dafür, dass der Ablauf so war, dass der Betroffene zunächst erklärt hat, dass er auf Rechtsmittel verzichte und diese Erklärung erst später zurückgenommen hat.
Die spätere Rücknahme der Erklärung ist jedoch unbeachtlich, da der einmal erklärte Rechtsmittelverzicht unwiderruflich und unanfechtbar ist (vgl. BGH Beschl. v. 04.03.2009 - 2 StR 47/09 = BeckRS 2009, 09310). Ob einmal etwas anderes gelten kann, wenn sozusagen der Widerruf unmittelbar nach der Verzichterklärung - "im gleichen Atemzug...