Entscheidungsstichwort (Thema)
Allgemeines Versicherungsvertragsrecht, Gebäudeversicherung: Vorsätzliche Herbeiführung des Versicherungsfalls durch einen von zwei Versicherungsnehmern bei Miteigentum
Leitsatz (amtlich)
Versichern zwei Versicherungsnehmer Grundeigentum, welches in ihrer beider Miteigentum steht, und führt einer von ihnen vorsätzlich den Versicherungsfall herbei, so ist der Versicherer leistungsfrei (§ 81 VVG). Das gilt auch nach Trennung einer Lebensgemeinschaft und auch dann, wenn bereits eine Teilungsversteigerung beantragt war.
Verfahrensgang
LG Bielefeld (Aktenzeichen 18 O 313/18) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 30.10.2019 verkündete Urteil der 18. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Der Vollstreckungsschuldner darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf bis zu 250.000,- EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Feststellung der Eintrittspflicht aus einem Vertrag über eine Wohngebäudeversicherung in Anspruch.
Die Klägerin und ihr verstorbener früherer Lebensgefährte F waren hälftige Miteigentümer der Immobilie unter der Anschrift Mweg 00 in Q. Für das Gebäude bestand bei der Beklagten eine Wohngebäudeversicherung. Versicherungsnehmer waren sowohl die Klägerin als auch Herr F.
Im weiteren Verlauf trennten sich die Klägerin und Herr F. Die Klägerin begehrte eine Vermögensauseinandersetzung, doch Herr F widersetzte sich einer freihändigen Veräußerung der Immobilie. Deshalb stellte die Klägerin einen Antrag auf Durchführung der Teilungsversteigerung, woraufhin das Grundstück im Frühjahr 2015 unter Zwangsverwaltung gestellt wurde. Mit Wirkung vom 00.07.2015 wurde ein Ersatzversicherungsschein ausgestellt, in dem auch der Zwangsverwalter I aufgeführt war (Anlage K1 zur Klageschrift, Bl. 19 ff. der elektronischen Gerichtsakte erster Instanz, im Folgenden: eGA-I).
Am 00.11.2015 führte Herr F vorsätzlich eine Explosion in dem Gebäude herbei, durch welche dieses erheblich beschädigt wurde. Herr F verstarb bei der Explosion.
Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin die Feststellung, dass die Beklagte wegen der Explosion bedingungsgemäßen Versicherungsschutz zu gewähren habe. Die Beklagte beruft sich demgegenüber auf Leistungsfreiheit gemäß § 81 Abs. 1 VVG wegen einer vorsätzlichen Herbeiführung des Versicherungsfalls durch Herrn F.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Feststellungklage sei zulässig, aber unbegründet. Da neben der Klägerin unstreitig auch Herr F Versicherungsnehmer gewesen sei, führe die vorsätzliche Herbeiführung durch ihn zur Leistungsfreiheit auch gegenüber der Klägerin. Die Zwangsverwaltung ändere daran nichts, weil unstreitig der Versicherungsvertrag mit der Klägerin und Herrn F als Versicherungsnehmer fortgeführt worden sei.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes in erster Instanz, der Anträge, des Tenors und der Begründung des Urteils wird auf dieses Bezug genommen (eGA-I 231 ff.).
Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter. Sie macht insbesondere geltend, es könne nicht von der Versicherung eines gemeinsamen Interesses ausgegangen werden, weil die Klägerin - unstreitig - bereits den Antrag auf Durchführung der Teilungsversteigerung gestellt habe. Die Beendigung des Miteigentums sei - ebenfalls unstreitig - nur daran gescheitert, dass Herr F sich der Verwertung widersetzt habe.
Wegen der Berufungsbegründung im Einzelnen wird verwiesen auf den Schriftsatz der Klägerin vom 05.02.2020 (Bl. 40 ff. der elektronischen Gerichtsakte zweiter Instanz, im Folgenden: eGA-II).
Die Klägerin beantragt in Abänderung des erstinstanzlichen Urteils,
festzustellen, dass die Beklagte aus dem zur Versicherungsschein-Nr. ...2 bestehenden Wohngebäudeversicherungsvertrag verpflichtet ist, den der Klägerin durch die Brandexplosion am 00.11.2015 entstandenen Schaden an dem versicherten Objekt zu ersetzen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung.
Der Senat hat durch Beschluss vom 13.02.2020 darauf hingewiesen, dass er beabsichtige, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen. Wegen des Inhalts wird auf den Beschluss des Senats verwiesen (eGA-II 47 ff.).
Die Klägerin hat sich gegen die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung gewandt. Sie verweist darauf, dass es umstritten sei, ob es stets um ein einheitliches Risiko gehe, wenn Miteigentum nach Bruchteilen versichert sei. Allein die Annahme, bei einem Miteigentum nach Bruchteilen sei das gemeinschaftliche, gleichartige und ungeteilte Interesse aller Versicherungsnehmer versichert, bedeute noch nicht, dass insoweit automatisch eine Zur...