Entscheidungsstichwort (Thema)

Strafrahmenverschiebung. Täuschung über die Beteiligten an einer rechtswidrigen Tat. Kronzeugenregelung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Für die Strafbarkeit nach § 145d Abs. 3 Nr. 1 StGB bedarf es einer auf eine Strafrahmenverschiebung nach §§ 46b StGB bzw. § 31 BtMG gerichteten Absicht. Diese liegt nicht schon dann vor, wenn der Angeklagte durch seine falschen Angaben lediglich eine allgemeine Strafmilderung (§ 46 StGB) anstrebt.

2. Den Tatbestand des § 145d Abs. 2 Nr. 1 StGB kann auch erfüllen, wer als Haupttäter die Tat selber und alleine begangen hat, sodann indes bewusst wahrheitswidrig vortäuscht, dass er noch weitere Mittäter oder Gehilfen der Tat gehabt hat.

 

Normenkette

StGB § 145d Abs. 3, § 46b

 

Verfahrensgang

LG Paderborn (Entscheidung vom 03.07.2018; Aktenzeichen 03 Ns 54/18)

 

Tenor

  1. Dem Angeklagten wird auf seine Kosten (§ 473 Abs. 7 StPO) Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Revision gewährt.
  2. Der Beschluss des Landgerichts Paderborn vom 03.07.2018 ist gegenstandslos.
  3. Das angefochtene Urteil wird

    1. im Schuldspruch mit den zu Grunde liegenden Feststellungen, soweit das besondere subjektive Tatbestandsmerkmal des § 145d Abs. 3 StGB ("... um eine Strafmilderung oder ein Absehen von Strafe nach § 46b dieses Gesetzes oder § 31 des Betäubungsmittelgesetzes zu erlangen") betroffen ist und
    2. im Rechtsfolgenausspruch mit den zu Grunde liegenden Feststellungen aufgehoben.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Rechtsmittels - an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Paderborn zurückverwiesen.

Die weitergehende Revision wird verworfen.

 

Gründe

I.

Das Amtsgericht Paderborn hat den Angeklagten mit Urteil vom 09.01.2018 wegen Vortäuschens einer Straftat unter Auflösung der Gesamtstrafe im Urteil des Amtsgerichts Paderborn vom 07.03.2017 (65 Ls 2/17) und unter Einbeziehung der dort verhängten Einzelstrafen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr und 8 Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt worden ist.

Auf die rechtzeitige Berufung des Angeklagten hat das Landgericht Paderborn mit Urteil vom 19.04.2018 die Berufung des Angeklagten gegen das vorbezeichnete Urteil des Amtsgerichts Paderborn verworfen.

Das Landgericht hat folgende Feststellungen zur Sache getroffen:

"In dem Verfahren vor dem Amtsgericht Paderborn Az.: 65 Ls 22 Js 968/16 - 2/17 gab der Angeklagte in der Hauptverhandlung vom 07.03.2017 bewusst wahrheitswidrig an, dass er seinerzeit das MDMA nicht alleine, sondern gemeinsam mit Bekannten gekauft habe. Man habe das Geld zusammengelegt und gemeinsam für den Eigenkonsum erworben.

Dabei beabsichtigte der Angeklagte durch diese Einlassung milder bestraft zu werden, was auch erfolgte.

Tatsächlich hat der Angeklagte das MDMA alleine gekauft und anschließend gewinnbringend weiterveräußert. Aufgrund der falschen Angaben des Angeklagten über die vermeintlichen weiteren Beteiligten an dem Erwerb wurde ein UJs-Verfahren eingeleitet, in welchen auch Ermittlungen durchgeführt wurden."

Die Einzelstrafe für die vorbezeichnete Tat hat das Landgericht auf vier Monate Freiheitsstrafe festgesetzt.

Gegen dieses auf Anordnung der Vorsitzenden vom 11.05.2018 seinem Verteidiger am 16.05.2018 zugestellte Urteil hat der Angeklagte mit am 20.04.2018 bei dem Landgericht Paderborn auf dem Telefaxweg eingegangenem Schreiben seines Verteidigers vom selben Tag Revision eingelegt. Eine Revisionsbegründung ist innerhalb der aus § 345 Abs. 1 StPO folgenden Frist nicht zur Akte gelangt.

Mit Beschluss vom 03.07.2018 hat das Landgericht Paderborn die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Paderborn vom 19.04.2018 als unzulässig verworfen. Der vorbezeichnete Beschluss des Landgerichts Paderborn ist auf Anordnung der Vorsitzenden vom 03.07.2018 dem Verteidiger des Angeklagten am 04.07.2018 zugestellt worden. Mit auf dem Telefaxweg am 06.06.2018 bei dem Landgericht Paderborn eingegangenem Schriftsatz seines Verteidigers vom 05.07.2018 hat der Angeklagte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Revisionsbegründungsfrist und gerichtliche Entscheidung gem. § 346 Abs. 2 StPO gegen den Beschluss des Landgerichts Paderborn vom 03.07.2018 beantragt und die eingelegte Revision mit der Rüge der Verletzung materiellen Rechts begründet.

Der Angeklagte hat beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und ihn freizusprechen, hilfsweise, die Sache zurückzuverweisen. Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, dem Angeklagten die beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, festzustellen, dass der Beschluss des Landgerichts Paderborn vom 03.07.2018 gegenstandslos ist und - unter Verwerfung der Revision im Übrigen - das angefochtene Urteil im Rechtsfolgenausspruch (wegen eines Rechtsfehlers bei der Begründung zur Verhängung einer kurzzeitigen Freiheitsstrafe, § 47 StGB) mit den zu Grunde liegenden Feststellungen aufzuheben und die Sache insoweit...

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