Leitsatz (amtlich)

Das Fahrverbot kann seine Warnungs- und Besinnungsfunktion - auch im Hinblick auf seinen Strafcharakter - nur dann erfüllen, wenn es sich in einem angemessenen zeitlichen Abstand zur Tat auf den Täter auswirkt.

 

Verfahrensgang

LG Bochum (Entscheidung vom 09.01.2007)

 

Tenor

Das Urteil des Landgerichts Bochum vom 9. Januar 2007 wird hinsichtlich der Nebenstrafe - Anordnung des Fahrverbotes - mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben. Das angeordnete Fahrverbot entfällt.

Im Übrigen wird die Revision verworfen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens trägt der Angeklagte. Die Gebühr für das Revisionsverfahren wird um 1/2 ermäßigt, 1/2 der in diesem Rechtszug entstandenen notwendigen Auslagen des Angeklagten fällt der Landeskasse zur Last.

 

Gründe

I.

Der Angeklagte ist durch Urteil des Amtsgerichts Recklinghausen vom 23. Juli 2005 wegen Nötigung zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 15,- EUR verurteilt worden. Zudem ist ihm ein Fahrverbot von einem Monat auferlegt worden. Mit Urteil vom 8. September 2005 hat die Kleine Auswärtige Strafkammer des Landgerichts Bochum die Berufung des Angeklagten mit der Maßgabe verworfen, dass der Schuldspruch auf versuchte Nötigung in Tateinheit mit vorsätzlicher Straßenverkehrsgefährdung lautet. Auf die Revision des Angeklagten hat der Senat mit Beschluss vom 6. Juni 2006 (2 Ss 532/06) das Urteil des Landgerichts vom 8. September 2005 im Schuldspruch mit den zugrunde liegenden Feststellungen insoweit aufgehoben, als der Angeklagte wegen vorsätzlicher Straßenverkehrsgefährdung verurteilt worden ist, sowie im Rechtsfolgenausspruch mit den zugrunde liegenden Feststellungen insgesamt. Im Umfang der Aufhebung hat es die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts Bochum zurückverwiesen. Diese hat nunmehr, nachdem das Verfahren gemäß § 154 a Abs. 2 StPO auf den Vorwurf der versuchten Nötigung beschränkt worden ist, die Berufung des Angeklagten mit der Maßgabe verworfen, dass der Schuldspruch "versuchte Nötigung" lautet und die Dauer des Fahrverbots einen Monat beträgt. Hiergegen richtet sich nunmehr noch die Revision des Angeklagten. Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, das angefochtene Urteil hinsichtlich der Nebenstrafe mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben und die Revision im Übrigen als unbegründet zu verwerfen.

II.

Die Strafkammer hat in der Hauptverhandlung folgende Feststellungen zur Person getroffen:

"Der heute 44 Jahre alte Angeklagte hat die Sonderschule bis zur 8. Klasse besucht. Im Alter von 16 Jahren hat er eine Dachdeckerlehre begonnen, die er jedoch abbrach, weil er sich mit dem Meister nicht verstand. In der Folgezeit arbeitete der Angeklagte 7 bis 8 Jahre lang als Dachdecker und danach als Maurer. In den letzten ca. 4 1/2 Jahren arbeitete er in einem Reifenbetrieb.

Der Angeklagte steht derzeit noch bei der Firma R. in D. in einem geringfügigen Beschäftigungsverhältnis mit einem Monatsverdienst von 400,- EUR. Er arbeitet dort stundenweise auf Abruf ohne feste Arbeits- oder Urlaubszeiten. Je nach Arbeitsanfall arbeitet er an bis zu 2 Tagen in der Woche. Seine Tätigkeit besteht insbesondere in der Montage von Reifen. Hierzu muss er auch die jeweiligen Fahrzeuge bewegen, nämlich in die Werkstatt und auf die Hebebühne fahren u.ä.. Ferner macht er Probefahrten und holt Reifen mit dem Fahrzeug ab. Der Angeklagte arbeitet meist allein. Ab und zu ist auch ein zweiter Mitarbeiter in der Firma. Der Firmeninhaber, der viel unterwegs ist und noch eine zweite Betriebstätte hat, arbeitet nur teilweise im Betrieb mit. Er stellt dem Angeklagten ein Firmenfahrzeug zur Verfügung, mit welchem der Angeklagte jeweils von seinem Wohnort in Gelsenkirchen aus die Betriebsstätte in D. anfährt. Mit öffentlichen Verkehrsmitteln ist die Betriebsstätte in D. kaum zu erreichen. Der Angeklagte fährt pro Arbeitstag ca. 120 bis 130 Kilometer. Mit Schreiben vom 5.9.2005 hat der Arbeitgeber dem Angeklagten mitgeteilt, dass das bestehende Arbeitsverhältnis im Falle des Führerscheinentzuges beendet werde.

Der Angeklagte war verheiratet. Die Ehe, aus der eine jetzt 16 Jahre alte Tochter hervorgegangen ist, wurde nach 7 Jahren geschieden. Unterhaltsverpflichtungen bestehen nicht. Neben seinem Monatsverdienst von 400,-EUR erhält er für seine Mietwohnung, die er allein bewohnt, eine Mietbeihilfe.

Strafrechtlich ist der Angeklagte bereits wie folgt in Erscheinung getreten:

1.

Am 4.2.1992 verurteilte ihn das Amtsgericht Gelsenkirchen-Buer - 6 Ls 56 Js 187/91 - wegen fortgesetzten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht nur geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren unter Strafaussetzung zur Bewährung. Die Strafe wurde mit Wirkung vom 13.3.1995 erlassen.

2.

Am 5.1.2000 verurteilte ihn das Amtsgericht Unna wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 8 Fällen zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr und 6 Monaten unter Strafaussetzung zur Bewährung. Die Strafe wurde mit Wirkung vom...

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