Entscheidungsstichwort (Thema)

Maßregelvollzug. psychiatrisches Krankenhaus. Fesselung. Vorführung. Anhörungstermin

 

Leitsatz (amtlich)

Eine Fesselung im Rahmen einer Vorführung, allein aus allgemeinen Sicherheitserwägungen oder zur Vorbeugung einer möglich erscheinenden Flucht, ist bei nach § 63 StGB untergebrachten Maßregelpatienten mangels Vorhandenseins einer entsprechenden Gesetzesgrundlage unzulässig.

 

Normenkette

MRVG NW § 21; StGB § 63; MRVG NW § 5 S. 2, § 17 Abs. 3, § 18

 

Verfahrensgang

LG Kleve (Aktenzeichen 182 StVK 3/14)

 

Tenor

  1. Die Beschwerde gegen die Ablehnung des Antrages auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird als unzulässig verworfen.
  2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen, soweit der Betroffene sich gegen die Zurückweisung seines Antrages auf gerichtliche Entscheidung betreffend die Zulässigkeit seiner Fesselung im Rahmen der Vorführung am 04.12.2013 zum Landgericht Kleve richtet. Im Übrigen wird die Rechtsbeschwerde als unzulässig verworfen.
  3. Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben, soweit darin der Antrag auf gerichtliche Entscheidung betreffend die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Fesselung des Betroffenen im Rahmen seiner Vorführung zurückgewiesen worden ist. Insoweit wird festgestellt, dass die Fesselung des Antragstellers im Rahmen der Vorführung am 04.12.2013 zum Landgericht Kleve rechtswidrig war.
  4. Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens sowie die dem Betroffenen darin erwachsenen notwendigen Auslagen tragen je zur Hälfte die Landeskasse und der Betroffene.
 

Gründe

I.

Der Betroffene befindet sich im Maßregelvollzug nach § 63 StGB. Nach den Feststellungen des angefochtenen Beschlusses wurde er anlässlich einer auf den 04.12.2013 terminierten Anhörung im Rahmen der Überprüfung der Fortdauer der Maßregel mittels eines Transportfahrzeugs der JVA Kleve - getrennt von Untersuchungs- bzw. Strafgefangenen - auf ein Transportersuchen der Maßregelvollzugseinrichtung zum Anhörungstermin vorgeführt. Bereits im Vorfeld hatte er sich an den Vorsitzenden der großen Strafvollstreckungskammer gewandt und beantragt, nicht mittels eines Fahrzeugs der Justizvollzugsanstalt vorgeführt zu werden. Der Vorsitzende wies dies Ansinnen jedoch zurück. Eine gegen die "Art und Weise der Vorführung" eingelegte Beschwerde vom 09.12.2013 des Betroffenen blieb erfolglos. Das Oberlandesgericht Düsseldorf hielt diese für unzulässig, weil nicht der Weg nach §§ 304 ff. StPO sondern der nach den §§ 109 ff. StVollzG einschlägig sei (Beschluss vom 06.02.2014 - III - 2 Ws 68/14). Die Bitte des Vorsitzenden der Strafvollstreckungskammer an die Maßregelvollzugseinrichtung, den Betroffenen durch die JVA Kleve vorführen zu lassen, sei nur eine Anregung. Über die Art und Weise Vorführung würde aber nach § 29 Abs. 5 MRVG die therapeutische Leitung entscheiden.

Daraufhin hat der Betroffene mit Anwaltsschriftsatz vom 12.02.2014 gerichtliche Entscheidung nach den §§ 109 ff. StVollzG beantragt, mit dem er die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Art und Weise der Vorführung begehrte, und gleichzeitig um die Bewilligung von Prozesskostenhilfe gebeten. Er hat gemeint, der Einsatz von Bediensteten und eines Fahrzeuges der JVA Kleve widerspräche dem Trennungsgrundsatz. Die Zuführung unter Fesselung an Händen und Füßen sei therapeutisch kontraindiziert und unverhältnismäßig gewesen.

Diese Anträge hat die (kleine) Strafvollstreckungskammer mit dem angefochtenen Beschluss zurückgewiesen. Sie meint, dass die Wahl des Anhörungsortes im Ermessen des Gerichts stehe. Über die Art und Weise der Vorführung entscheide der therapeutische Leiter der Maßregelvollzugsklinik, wobei er einen Beurteilungsspielraum habe. Da die Klinik keinen eigenen Fahrdienst zum Patiententransport habe, sei es sachdienlich gewesen, sich des Fahrdienstes der JVA Kleve zu bedienen, der in Bezug auf Sicherheit besonders geschult sei. Eine Trennung von Strafgefangenen sei gewährleistet gewesen. Die Uniformierung der JVA-Mitarbeiter sei keine besondere Belastung für den Betroffenen gewesen, da diese identisch sei mit der der Gerichtswachtmeister, die im Rahmen der Anhörung den Sitzungsdienst versehen hätten. Die Fesselung sei wegen der Gefährlichkeit des Betroffenen, die näher dargestellt wird, erforderlich gewesen.

Gegen den Beschluss wendet sich der Betroffene mit der Rechtsbeschwerde vom 24.07.2014, mit der er auch Beschwerde gegen die Ablehnung der Prozesskostenhilfe eingelegt hat.

Der Landesbeauftragte für den Maßregelvollzug hält die Rechtsbeschwerde in Ermangelung eines Zulassungsgrundes für unzulässig.

II.

Das Rechtsmittel gegen die Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist unzulässig, da hiergegen ein Rechtsmittel nicht gegeben ist (OLG Hamm, Beschl. v. 04.12.2012 - 1 Vollz(Ws) 672/12 - [...]).

III.

Die Rechtsbeschwerde ist insoweit unzulässig, als sie die Frage der Vorführung des Betroffenen über den Transportdienst der JVA Kleve betrifft, da es nicht geboten ist, die Nachprüfung des angefochtenen Beschlusses zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung ein...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?