Entscheidungsstichwort (Thema)
Luftfahrzeug-Kaskoversicherung: Ausschluss "Fehlbedienung"
Leitsatz (amtlich)
Zu einem in einer Luftfahrzeug-Kaskoversicherung vereinbarten Leistungsausschluss für Schäden "unmittelbar durch Fehlbedienung": Ausschluss bejaht bei einem (wegen des Fehlens von Kodierstiften begünstigten) fehlerhaften Einstecken eines Steckers eines zerlegbaren Motorseglers.
Verfahrensgang
LG Hagen (Aktenzeichen 9 O 93/22) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 06.06.2023 verkündete Urteil des Landgerichts Hagen (9 O 93/22) wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann eine Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des insgesamt zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte ihrerseits vor einer Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf bis 50.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Kläger nimmt die Beklagte auf Leistungen aus einer bei dieser bestehenden Luftfahrfahrzeug-Kaskoversicherung in Anspruch.
Der Kläger kaufte im April 2021 ein gebrauchtes Motorsegelflugzeug, dessen Lufttüchtigkeit noch am 17.04.2021 bescheinigt worden war. Das Luftfahrzeug ist so konstruiert, dass beide Tragflächen und das Höhenleitwerk regelmäßig und mit vergleichsweise geringem Aufwand montiert und demontiert werden können, damit das Luftfahrzeug mitsamt den demontierten Teilen in einem Anhänger verstaut werden kann, der von einem PKW gezogen werden kann. Bei der Montage der Flügel müssen an beiden Seiten des Luftfahrzeugs vom Rumpf hinter dem Platz des Piloten ausgehende Kabel mit Steckern in die in den Tragflächen verbauten Buchsen gesteckt werden, um die Stromversorgung des Luftfahrzeugs sicherzustellen. In den Tragflächen sind die Akkumulatoren verbaut.
Für dieses Luftfahrzeug nahm der Kläger bei der Beklagten mit Vertragsbeginn zum 25.04.2021 eine Kaskoversicherung, der die Luftfahrt-Kaskoversicherungsbedingungen LU 2011 zugrunde liegen. Darin heißt es auszugsweise:
§1 Gegenstand der Versicherung
1.1 Im Rahmen dieser Bedingungen trägt der Versicherer bis zur Höhe der Versicherungssumme alle Gefahren, denen das Luftfahrzeug ausgesetzt ist und leistet Ersatz für Schäden, wie im Folgenden näher beschrieben. Auch bewegliches Zubehör und Sonderausstattung des Luftfahrzeugs sind Gegenstand dieser Kaskoversicherung und somit mitversichert.
1.2 Versicherungsfall ist jedes auf das Luftfahrzeug einwirkende Schadenereignis, das einen Total- oder Teilschaden zur Folge hat.
(...)
§3 Ausschlüsse
3.1 Kein Versicherungsschutz besteht für Schäden
(...)
3.1.5 die der Versicherungsnehmer oder seine Leute verursachen durch Arbeiten am Luftfahrzeug, und zwar an dem Teil einer Baugruppe (technische Einheit) des Luftfahrzeugs, das unmittelbar Gegenstand der Arbeiten ist (Bearbeitungsfehler). Ist das Luftfahrzeug als Ganzes Gegenstand einer Bearbeitung, gilt dieser Ausschluss nur bezüglich der Teile, auf die unmittelbar eingewirkt wurde;
3.1.6 die unmittelbar durch Fehlbedienung oder unmittelbar durch innere Betriebsvorgänge verursacht sind oder die Folge von betriebsbedingt unvermeidbaren, notwendigen oder in Kauf genommenen Einwirkungen sind (Betriebsschaden);
(...).
Am 30.05.2021 beabsichtige der Kläger, seinen ersten Flug mit dem Motorsegler zu unternehmen. Der Kläger und eine Hilfsperson montierten hierzu unter anderem die Tragflächen und nahmen dann die Verkabelung vor. Dabei kam es zu einem Kurzschluss mit einer länger andauernden Rauchentwicklung im Bereich des rechten Flügels, weil beim Einstecken die Kabel für die beiden Tragflächen vertauscht wurden und dadurch die Polarität der Anschlüsse missachtet wurde. Dies war nach der Einschätzung eines vorgerichtlich eingeschalteten Gutachters deshalb möglich, weil in den Buchsen in den Flügeln die vorgesehenen Kodierstifte fehlten und an den Steckern nur ein Kodierstift vorhanden war. Die voraussichtlichen Kosten einer Reparatur auf der Basis einer Kostenschätzung der Firma D. in Höhe von brutto 49.978,10 EUR macht der Kläger als Versicherungsleistung geltend.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 49.978,10 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 21.03.2022 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Der Schaden sei durch eine Fehlbedienung eingetreten, so dass der Leistungsausschluss nach Nr. 3.1.6 der AVB eingreife.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes erster Instanz und der Einzelheiten der Begründung des Landgerichts wird auf das Urteil (Bl. 119 ff. der elektronischen Gerichtsakte der ersten Instanz, im Folgenden: eGA-I bzw. eGA-II für die Akte der zweiten Instanz) Bezug genommen.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers. Er macht geltend, ein vom Versicherungsschutz ausgeschlossener Betriebsschaden könne nicht vorliegen, weil sic...