Verfahrensgang

LG Essen (Aktenzeichen 18 O 59/20)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 19.08.2020 verkündete Urteil der 18. Zivilkammer des Landgerichts Essen wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Der Vollstreckungsschuldner darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 322.629,12 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten um die Rückabwicklung eines Rentenversicherungsvertrages nach einem von der Klägerin erklärten Widerspruch.

Die Klägerin schloss mit Versicherungsbeginn zum 01.12.2005 mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten einen Vertrag über eine kapitalbildende Rentenversicherung. Der Vertragsschluss erfolgte im sogenannten Policenmodell. Im zweiseitigen Policenbegleitschreiben vom 10.08.2006 heißt es eingangs:

"Sehr geehrte Frau A,

wir überreichen Ihnen als Anlage die Unterlagen zu der abgeschlossenen

"B Basisrente Dynamic".

[...]

Auf Seite 2 findet sich nach den (gedruckten) Unterschriften in Fettdruck und mit Unterstreichung folgender Text:

"Widerspruchsrecht

Der Versicherungsvertrag gilt auf der Grundlage des Versicherungsscheines, insbesondere der Versicherungsbedingungen, als abgeschlossen, wenn Sie nicht innerhalb von 30 Tagen nach Überlassung der Unterlagen in Textform widersprechen. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerspruchs."

Wegen der Einzelheiten, auch wegen der genauen optischen Gestaltung des Schreibens, wird verwiesen auf die Anlage 1 zur Klageerwiderung vom 04.05.2020 (Bl. 113 f. der elektronischen Gerichtsakte erster Instanz, im Folgenden: eGA-I und für die zweite Instanz eGA-II).

Zusammen mit den Policenbegleitschreiben wurden der Klägerin der Versicherungsschein, die Allgemeinen Versicherungsbedingungen, die Verbraucherinformation und auch alle weiteren in dem Versicherungsschein (eGA-I 115 ff.) aufgezählten Unterlagen übersandt. Eine Information über eine Mitgliedschaft der Beklagten in einem Sicherungsfonds war in den an die Klägerin übersandten Unterlagen nicht enthalten. Im Übrigen war die Verbraucherinformation aber vollständig.

Im Dezember 2019 erklärte die Klägerin den Widerspruch und begehrte eine Zahlung seitens der Beklagten in Höhe von 322.629,12 EUR. Die Beklagte wies den Widerspruch und das Rückabwicklungsverlangen der Klägerin zurück.

Mit ihrer Klage begehrt der Klägerin weiterhin die Zahlung des vorgenannten Betrages sowie den Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten, jeweils nebst Zinsen. Wegen der Berechnung der Klageforderung wird verwiesen auf S. 11 der Klageschrift vom 26.02.2020 (eGA-I 20). Die Klägerin ist der Ansicht, die Widerspruchsbelehrung im Policenbegleitschreiben sei unzureichend. Sie sei hinsichtlich der fristauslösenden Unterlagen zu ungenau; ferner bewirke auch die fehlende Information über eine Mitgliedschaft der Beklagten in einem Sicherungsfonds, dass die Widerspruchsfrist nicht wirksam in Lauf gesetzt worden sei.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Belehrung genügte den sich aus § 5a VVG a.F. ergebenden Anforderungen. Insbesondere habe die Klägerin dem Policenbegleitschreiben unter Hinzuziehung des Versicherungsscheins entnehmen können, welche Unterlagen für den Fristbeginn maßgeblich seien. Die fehlende Angabe zur Mitgliedschaft der Beklagten in einem Sicherungsfonds stehe einem Beginn des Laufs der Widerspruchsfrist nicht entgegen. Denn die Mitgliedschaft in einem solchen Sicherungsfonds sei ohnehin gesetzlich vorgeschrieben gewesen, und die Angabe des konkreten Sicherungsfonds sei für die Vertragsentscheidung des Versicherungsnehmers irrelevant.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes in erster Instanz, der Anträge, des Tenors und der Begründung des Urteils wird auf dieses Bezug genommen (eGA-I 185 ff.).

Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter. Sie meint weiterhin, dass die ihr erteilte Belehrung unwirksam sei. Dabei vertieft sie ihr Vorbringen zur ihrer Ansicht nach unzureichenden Benennung der fristauslösenden Unterlagen und zu der fehlenden Angabe des Sicherungsfonds. Wegen der Berufungsbegründung im Einzelnen wird verwiesen auf den Schriftsatz der Klägerin vom 14.09.2020 (eGA-II 7 ff.).

Die Klägerin beantragt, in Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen,

an sie 322.629,12 EUR sowie weitere 4.066,11 EUR, jeweils nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit, zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat durch Beschluss vom 13.10.2020 darauf hingewiesen, dass er beabsichtige, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen. Wegen der Begründung wird auf den Beschluss des Senats (eGA-II 28 ff.) verwiesen.

Die Kläger...

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