Entscheidungsstichwort (Thema)
Wiederaufleben des Unterhaltsanspruchs nach § 1586a BGB
Leitsatz (amtlich)
Ein Wiederaufleben des Unterhaltsanspruchs gem. § 1586a Abs. 1 S. 2 BGB kommt nur dann in Betracht, wenn zuvor im Zusammenhang mit der Auflösung der zweiten Ehe ein Unterhaltsanspruch nach § 1570 BGB bestanden hat und bei Beendigung der Betreuung alters- oder krankheitsbedingt eine eigene Erwerbstätigkeit ausscheidet.
Verfahrensgang
AG Warendorf (Beschluss vom 24.09.2003; Aktenzeichen 9 F 665/03) |
Tenor
Die Beschwerde der Antragstellerin vom 15.10.2003 gegen den Beschluss des AG Warendorf vom 24.9.2003 wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Die Antragstellerin war mit dem Antragsgegner in erster Ehe verheiratet. Zum Zeitpunkt der Ehescheidung im Jahre 1994 waren die Kinder bereits selbständig. Sie selbst arbeitete vollschichtig, obwohl sie im Jahre 1985 zweimal am Kopf operiert worden war, nachdem es zur Ruptur eines Hirngefäßes gekommen war. Im Januar 1998 trat erneut eine Ruptur eines Hirngefäßes auf. Auf Grund dieses Ereignisses wurde die Antragstellerin erwerbsunfähig. Im August 1998 heiratete sie zum zweiten Mal. Auch diese Ehe ist seit dem 12.7.2002 rechtskräftig geschieden.
In einem Vorprozess gegen den zweiten Ehemann hat die Antragstellerin, die eine Rente von 1.039 Euro erhält, Aufstockungsunterhalt geltend gemacht. Diese Klage ist abgewiesen worden, weil sich bei fiktiver Zurechnung von monatlich 325 Euro für eine noch zumutbare Nebentätigkeit auf Seiten der Antragstellerin keine Einkommensdifferenz ergab. Sie will deshalb nunmehr ihren ersten Ehemann auf Zahlung von Aufstockungsunterhalt i.H.v. monatlich 279,31 Euro in Anspruch nehmen. Dafür begehrt sie Prozesskostenhilfe. Das AG hat den Antrag mit der Begründung zurückgewiesen, ein Anspruch aus § 1586a BGB komme nicht in Betracht, weil der erste Ehemann nur dann gem. § 1586a BGB auf Zahlung von Unterhalt wegen Krankheit in Anspruch genommen werden könne, wenn nach Auflösung der zweiten Ehe zunächst ein Unterhaltsanspruch wegen der Betreuung von Kindern aus der ersten Ehe gem. den §§ 1586a, 1570 BGB bestanden habe. Gegen diesen Beschluss wendet sich die Antragstellerin mit der Beschwerde und macht geltend, die jetzt bestehende Krankheit sei schon zur Zeit der Ehe mit dem Antragsgegner aufgebrochen. Auch in solchen Fällen müsse nach Auflösung der späteren Ehe ein neu auflebender Unterhaltsanspruch gegen den ersten Ehemann bejaht werden.
II. Die Beschwerde ist zulässig, sachlich aber nicht begründet, denn die Entscheidung des AG ist zutreffend.
Die Antragstellerin verkennt nicht, dass alle denkbaren Unterhaltsansprüche gegen ihren ersten Ehemann mit der Wiederheirat gem. § 1586 BGB erloschen sind. Nach Auflösung der zweiten Ehe kommt daher nur noch ein Anspruch gem. § 1586a BGB in Betracht.
Die Antragstellerin vertritt die Auffassung, die Zahlung von Krankheitsunterhalt gem. § 1586a BGB komme nicht nur in Betracht, wenn nach Auflösung der zweiten Ehe zunächst ein Anspruch auf Betreuungsunterhalt bestanden habe, sondern auch dann, wenn der krankheitsbedingte Bedarf bereits in der ersten Ehe angelegt gewesen sei. Dem folgt der Senat nicht.
Während § 1586a Abs. 1 S. 1 BGB das Wiederaufleben von Unterhaltsansprüchen gegen den ersten Ehegatten für den Fall vorsieht, dass der bedürftige Ehegatte bei Auflösung der zweiten Ehe durch die Betreuung von Kindern aus der ersten Ehe an einer Erwerbstätigkeit gehindert ist, ist S. 2 vom Wortlaut her nicht ganz klar. In der amtlichen Begründung zum Entwurf von § 1586a ist aber der Anschlusscharakter der Ansprüche aus den §§ 1571 bis 1573 BGB ausdrücklich betont worden (Dieckmann, FamRZ 1977, 167). Im Anschluss daran ist es ganz h.M., dass ein Wiederaufleben der in § 1586a Abs. 1 S. 2 genannten Unterhaltsansprüche nur in Betracht kommt, wenn zuvor im Zusammenhang mit der Auflösung der zweiten Ehe ein Unterhaltsanspruch nach § 1570 BGB bestanden hat und bei Beendigung der Betreuung alters- oder krankheitsbedingt eine eigene Erwerbstätigkeit ausscheidet (Palandt/BGB, 63. Aufl., § 1586a Rz. 2; Johannsen/Henrich, Eherecht, 4. Aufl., § 1586a Rz. 4; MünchKomm/BGB, 4. Aufl., § 1586a Rz. 7; Soergel/Häberle, BGB, 12. Aufl., § 1586a Rz. 6; Erman/Dieckmann, Handkommentar zum BGB, 10. Aufl., § 1586a Rz. 4; Wendl/Staudigl, Das Unterhaltsrecht in der familiengerichtlichen Praxis, 5. Aufl., § 4 Rz. 56).
Da die Kinder der Parteien aus der ersten Ehe schon bei deren Scheidung nicht mehr betreuungsbedürftig waren, hat die nach Auflösung der zweiten Ehe bestehende Bedürftigkeit der Antragstellerin nichts mit der Betreuung von Kindern aus ihrer ersten Ehe zu tun, so dass jeder Anspruch aus § 1586a BGB ausscheidet.
Fundstellen
Haufe-Index 1119446 |
FamRZ 2004, 1726 |
OLGR Hamm 2004, 98 |