Leitsatz (amtlich)
1. Die Notwendigkeit der Aussetzung des Verfahrens hinsichtlich eines Anrechts aus einer Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes steht einer Teilentscheidung über den Ausgleich der übrigen Anrechte nicht entgegen.
2. Zur Geringfügigkeitsprüfung gem. § 18 Abs. 1 u. 3 VersAusglG.
3. Zur Angemessenheit der Teilungskosten.
Normenkette
VersAusglG § 5 Abs. 3, §§ 10, 13, 18 Abs. 1, 3, § 19 Abs. 1, 2 Nr. 1, § 21
Verfahrensgang
AG Borken (Aktenzeichen 30 F 151/10) |
Tenor
Auf die Beschwerde der AachenMünchener Lebensversicherung und die Anschlussbeschwerden des Antragstellers, der Antragsgegnerin und der Westfälischen Provinzial Versicherung AG wird der angefochtene Beschluss im Ausspruch zum Versorgungsausgleich teilweise abgeändert.
Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des Antragstellers bei der Deutschen Rentenversicherung Westfalen (Versicherungskonto Nr. 11 030867 N 036) zugunsten der Antragsgegnerin ein Anrecht i.H.v. 10,1202 Entgeltpunkten auf deren Versicherungskonto Nr. 51 220669 K 509 bei der Deutschen Rentenversicherung Bund, bezogen auf den 31.12.2010, übertragen.
Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts der Antragsgegnerin bei der Deutschen Rentenversicherung Bund (Versicherungskonto Nr. 51 220669 K 509) zugunsten des Antragstellers ein Anrecht i.H.v. 6,8359 Entgeltpunkten auf dessen Versicherungskonto Nr. 11 030867 N 036 bei der Deutschen Rentenversicherung Westfalen, bezogen auf den 31.12.2010, übertragen.
Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des Antragstellers bei dem Versorgungsträger Aachen Münchener Lebensversicherung AG (Pers.-Nr./Mitglieds-Nr.: 6.0 373 169.03) zugunsten der Antragsgegnerin ein Anrecht i.H.v. 6.250,36 EUR, bezogen auf den 31.12.2010, übertragen.
Hinsichtlich der von der Antragsgegnerin bei der Westfälische Provinzial Ver-sicherung AG in der Ehezeit erworbenen Anrechte (Az.:L 6765551) findet ein Wertausgleich bei der Scheidung nicht statt.
Hinsichtlich der von der Antragsgegnerin bei der Westfälische Provinzial Ver-sicherung AG in der Ehezeit erworbenen Anrechte (Az.:L 6765726) findet ein Wertausgleich bei der Scheidung nicht statt.
Hinsichtlich des Anrechts des Antragstellers bei den Kommunalen Versor-gungskassen Westfalen-Lippe verbleibt es bei der Aussetzung des Verfah-rens.
Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben. Im Übri-gen werden die Kosten des Verfahrens im Verhältnis der beteiligten Eheleute gegeneinander aufgehoben.
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 2.550 EUR festgesetzt (5 × 10 % von 5.100 EUR).
Gründe
Die Beschwerde der beteiligten AachenMünchener Lebensversicherung und die Anschlussbeschwerden des Antragstellers, der Antragsgegnerin und der Westfälischen Provinzial Versicherung AG sind zulässig und auch begründet.
I. Das AG hat zu Unrecht im Hinblick auf die Anwartschaft des Antragstellers bei den Kommunalen Versorgungskassen Westfalen-Lippe, deren Ehezeitanteil eine Startgutschrift enthält, die nach der Entscheidung des BGH vom 14.11.2007 (FamRZ 2008, 395) verfassungswidrig ist, den Versorgungsausgleich insgesamt ausgesetzt.
Der Senat geht mit OLG Düsseldorf (FamRZ 2011, 719), OLG Brandenburg (FamRZ 2011, 159), OLG Celle (FamRZ 2011, 720) und OLG Karlsruhe (FamRZ 2011, 727 und 1233) und Brudermüller (in Palandt, BGB, 70. Aufl., VersAusglG, § 45 Rz. 17) sowie Holzwarth (FamRZ 2011, 933 (938)) davon aus, dass nach dem seit dem 1.9.2009 geltenden § 1 VersAusglG, wonach der jeweilige Ehezeitanteil der einzelnen Anrechte einzeln ausgeglichen wird, im Rahmen einer Teilentscheidung ein Ausgleich der übrigen Anrechte möglich ist.
Hinsichtlich des Anrechts des Antragstellers aus der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes ist das Verfahren weiterhin gem. § 21 VersAusglG auszusetzen. Der Senat folgt insofern der Rechtsprechung des OLG Düsseldorf (FamRZ 2011, 719), OLG Brandenburg (FamRZ 2011, 159), OLG Celle (Beschl. v. 15.11.2010 - 10 UF 182/10), OLG Karlsruhe (FamRZ 2011, 727 und 1233) und OLG Stuttgart (FamRZ 2011, 1734) sowie Brudermüller (in Palandt, BGB, 70. Aufl., VersAusglG, § 45 Rz. 17) und Holzwarth (FamRZ 2011, 933 (938 f.)). Eine Anwendung von § 19 Abs. 1 VersAusglG (so OLG Köln FamRZ 2011, 721, und OLG München FamRZ 2011, 222), wonach bei nicht ausgleichsreifen Anrechten ein Wertausgleich bei der Scheidung nicht stattfindet, kommt nicht in Betracht, da bei den Anrechten aus der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes nicht von fehlender Ausgleichsreife i.S.v. § 19 Abs. 2 Nr. 1 VersAusglG ausgegangen werden kann. § 19 Abs. 2 Nr. 1 VersAusglG erfasst nur die Fälle, in denen ein Anrecht dem Grund oder der Höhe nach nicht hinreichend verfestigt, insbesondere noch verfallbar im Sinne des Betriebsrentengesetzes ist. Bei den der Startgutschriftproblematik unterfallenden Anrechten handelt es sich jedoch um bereits unverfallbare Anrechte, deren Höhe lediglich noch nicht abschließend bestimmt werden kann (vgl. Holzwarth, FamRZ 2011, 933 (938)). Der Gesetzgeber hat mi...