Leitsatz (amtlich)
Zur angemessenen Bemessung der Rahmengebühren.
Verfahrensgang
LG Arnsberg (Entscheidung vom 22.10.2007) |
Tenor
Unter Verwerfung der Beschwerde des früheren Angeklagten wird der angefochtene Beschluß auf die Anschlußbeschwerde abgeändert:
Die nach dem Urteil der 2. großen Strafkammer - Jugendkammer - des Landgerichts Arnsberg vom 6. Juli 2007 aus der Staatskasse an den früheren Angeklagten zu erstattenden notwendigen Auslagen werden - unter Berücksichtigung bereits gezahlter Pflichtverteidigergebühren in Höhe von 1.445,37 EUR - auf 482,15 EUR (in Worten: vierhundertzweiundachtzig 15/100) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 12. Juli 2007 festgesetzt.
Der Angeklagte trägt die Kosten seines Rechtsmittels und die der Anschlußbeschwerde.
Der Wert der Beschwerde wird auf 308,28 EUR, der Wert der Anschlußbeschwerde auf 84,42 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Der Angeklagte ist durch Urteil der 2. Großen Strafkammer - Jugendkammer - des Landgerichts Arnsberg vom 6. Juli 2007 vom Vorwurf des schweren Raubes rechtskräftig freigesprochen worden. Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des früheren Angeklagten sind der Landeskasse auferlegt worden.
Mit Antrag vom 10. Juli 2007, der am 12. Juli 2007 bei dem Landgericht eingegangen ist, hat der Angeklagte seine notwendigen Auslagen mit insgesamt 2.320,22 EUR zur Festsetzung angemeldet. Wegen der Einzelheiten wird auf den Antrag Bl. 185 d.A. Bezug genommen. Außerdem sind Pflichtverteidigergebühren in Höhe von 1.445,37 EUR antragsgemäß festgesetzt worden.
Durch den angefochtenen Beschluß hat die Rechtspflegerin des Landgerichts die dem Angeklagten zu erstattenden Auslagen über die Pflichtverteidigergebühren hinaus mit 566,57 EUR nebst Zinsen festgesetzt. Hiergegen wendet sich der ehemalige Angeklagte mit seiner sofortigen Beschwerde, mit der er seinen über die Pflichtverteidigervergütung hinausgehenden Auslagenanspruch in voller Höhe (874,85 EUR) weiterverfolgt.
Der Leiter des Dezernats 10 der Verwaltungsabteilung des Oberlandesgerichts Hamm hat zu dem Rechtsmittel Stellung genommen und unselbständige Anschlußbeschwerde erhoben, soweit die notwendigen Auslagen des früheren Angeklagten auf mehr als 482,15 EUR nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 12. Juli 2007 festgesetzt worden sind.
II.
Das zulässige Rechtsmittel des früheren Angeklagten hat keinen Erfolg. Auf die unselbständige Anschlußbeschwerde waren die an den früheren Angeklagten zu erstattenden notwendigen Auslagen auf lediglich 482,15 EUR nebst Zinsen herabzusetzen.
Zur Sache hat der Leiter des Dezernats 10 der Verwaltungsabteilung des Oberlandesgerichts Hamm wie folgt Stellung genommen:
"Die Beschwerde ist m.E. jedoch unbegründet.
Gemäß § 464 a Abs. 2 Nr. 2 StPO gehören zu den notwendigen Auslagen eines Beteiligten auch die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts, soweit sie nach § 91 Abs. 2 ZPO zu erstatten sind.
Unter "gesetzlichen Gebühren" im Sinne der §§ 464 a Abs. 2 Nr. 2 StPO, 91 Abs. 2 ZPO sind bei Rahmengebühren in Strafsachen die Gebühren zu verstehen, die der Rechtsanwalt nach Teil 4 der Anlage 1 zum RVG unter Beachtung der Bemessungskriterien des § 14 RVG berechnen kann.
Gemäß § 14 Abs. 1 S. 4 RVG ist die Gebührenbestimmung des Rechtsanwalts für die erstattungspflichtige Staatskasse allerdings nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist. In der Regel werden Abweichungen von bis zu 20% von der angemessenen Gebühr nicht als unbillig angesehen (vgl. Burhoff, RVG, Straf- und Bußgeldsachen, § 14 RdNr. 52, 49; Gerold/Schmidt-Madert, RVG, 17. Auflage, § 14 RdNr. 12; Riedel, Sußbauer, Fraunholz, RVG-Kommentar, 9. Aufl., § 14 RdNr. 4, Anwaltskommentar, RVG, Gebauer/Schneider (Hrsg.), 2. Aufl., § 14 RdNr. 83).
Gemäß § 14 Abs. 1 S. 1 RVG ist die Bedeutung der Angelegenheit für den Betroffenen zu berücksichtigen. Hierbei ist entscheidend, welche Auswirkungen die Angelegenheit für ihn hatte, was sein persönliches, ideelles und wirtschaftliches Interesse am Ausgang der Angelegenheit im Hinblick auf den von ihm erhofften bzw. erzielten Erfolg ist (Gerold/Schmidt-Madert, RVG, 17. Auflage, § 14 RdNr. 28 f.). Grundsätzlich hat jedes Strafverfahren für den Angeklagten eine hohe Bedeutung.
Der Angeklagte war vorher strafrechtlich geringfügig in Erscheinung getreten (BI. 41, 44). Ihm drohte nach der Anklage nunmehr eine mehrjährige Haftstrafe bzw. Jugendstrafe. Insofern ist die Bedeutung dieses Verfahrens für den Betroffenen überdurchschnittlich hoch einzustufen.
Zudem sind gemäß § 14 Abs. 1 S. 1 RVG bei der Gebührenbestimmung die Vermögens- und Einkommensverhältnisse des Auftraggebers zu berücksichtigen.
Bei der Bewertung der Einkommensverhältnisse des Mandanten ist von den durchschnittlichen Verhältnissen in Deutschland auszugehen. Diese liegen derzeit bei einem durchschnittlichen Bruttoeinkommen von rund 2.300 EUR (vgl. Burhoff, RVG, § 14 Rn. 30). Maßgebend sind die wirtschaftlichen Verhältnisse zur Zeit der Auftragserteilung bzw. ...