Verfahrensgang

AG Bochum (Aktenzeichen 59 FH 4/99)

 

Tenor

Der angefochtene Beschluß wird abgeändert.

Dem Antragsgegner wird Prozeßkostenhilfe bewilligt. Ihm wird Rechtsanwältin S in B zu den Bedingungen einer in Bo-chum ansässigen Rechtsanwältin beigeordnet.

Die Entscheidung ergeht gerichtskostenfrei. Außergericht-liche Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

Dem Antragsgegner war Prozeßkostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin S zu bewilligen.

Es kann dahingestellt bleiben, ob einem Antragsgegner im vereinfachten Verfahren grundsätzlich Prozeßkostenhilfe unter Beiordnung eines Rechtsanwalts zu bewilligen ist oder nicht (vgl. OLG München FamRZ 1999, 794, vgl. Stellungnahme der Verwaltungsabteilung des Oberlandesgerichts Hamm vom 20. September 1999 Blatt 57 der Akten). Wie das OLG München (a.a.O.) ausgeführt hat, ist in jedem Fall eine Einzelprüfung vorzunehmen. Das vorliegende Verfahren ist so kompliziert, daß es dem Antragsgegner möglich sein muß, auch im vereinfachten Verfahren sofort anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Einmal wird für 2 Jahre rückständiger Unterhalt in Höhe von 5.916,00 DM für das Kind J geltend gemacht. Die formularmäßige Begründung heißt lediglich: "Die Voraussetzungen, unter denen Unterhalt für die Vergangenheit verlangt werden kann, liegen vor." Der Antragsgegner bestreitet, daß die Voraussetzungen gemäß § 1613 BGB für die geltend gemachte Zeit vorgelegen haben. Er beruft sich im übrigen darauf, nicht in vollem Umfang leistungsfähig zu sein. Er begründet dies einmal mit zu berücksichtigenden Schuldverpflichtungen zum anderen damit, daß eine Mangelverteilung erfolgen müsse. Er sei neben dem Kind J, für das der Antrag im vereinfachten Verfahren gestellt worden ist, seiner Ehefrau und dem aus dieser Ehe stammenden Kind F, geboren am 06.01.1997 ebenfalls unterhaltspflichtig. Es müsse deshalb eine Mangelverteilung erfolgen. Nach den vorgelegten Gehaltsabrechnungen können diese Einwendungen des Antragsgegners erheblich sein. Wenn zumindest ein Teil der Schulden unterhaltsrechtlich anzuerkennen sein sollte, wird eine Mangelverteilung zu erfolgen haben. Unter diesen Umständen ergibt sich wegen des geltend gemachten Unterhaltsrückstands, der von dem Land Nordrhein-Westfalen aus übergegangenem Recht geltend gemacht wird, das weitere Problem, ob unter Berücksichtigung der Rechtsprechung (vgl. BGH FamRZ 99, 843; OLG Düsseldorf FamRZ 1999, 1020; OLG Nürnberg FamRZ 1999, 1021) die Ansprüche in vollem Umfang übergegangen sind.

Zu berücksichtigen ist auch, daß der Antragsgegner, der seine grundsätzliche Unterhaltsverpflichtung nicht bestreitet, nicht in der Lage ist, den nach einer Mangelverteilung auf das Kind J entfallenden Betrag zu errechnen und dies im dritten Abschnitt zu II des Formular betreffend die Einwendungen gegen den Antrag auf Festsetzung von Unterhalt anzugeben. Hinzukommt, daß die vom Antragsgegner angegebene Korrespondenz mit dem Jugendamt zu keiner Klärung geführt hat und das Jugendamt auch im laufenden Verfahren zur Frage der eventuellen Berücksichtigung von Schulden und dem Ergebnis der Mangelverteilung keine Stellung genommen hat.

Unter diesen Umständen ist, wenn ein Festsetzungsbeschluß ergehen sollte, mit dem Antrag auf Durchführung des streitigen Verfahrens gemäß § 651 ZPO oder mit der Korrekturklage gemäß § 654 ZPO zu rechnen, für die der Antragsgegner Fristen zu waren hätte. Dies dürfte ihm nach Art und Umfang der formularmäßigen Belehrungen ganz erhebliche Schwierigkeiten bereiten und in der Wahrnehmung seiner Rechte einschränken.

Wie von Strauß (FamRZ 98, 993, 1003) ausgeführt, empfiehlt sich das vereinfachte Verfahren nicht, wenn neben dem Kind ein gleichrangig berechtigter oder geschiedener Ehegatte Unterhalt verlangt. Das gilt nach Strauß (a.a.O.) erst recht für Mangelfälle (vgl. auch van Els Rpfl. 1999, 297, 298). Diese Wertung hält der Senat für richtig. Hinzuzusetzen ist, daß Bedenken gegen das vereinfachte Verfahren auch dann bestehen, wenn - wie hier - für die Vergangenheit übergegangene Ansprüche geltend gemacht werden und die Leistungsfähigkeit bedenklich ist.

Da im zu entscheidenden Fall alle diese Schwierigkeiten auftauchen und mit der Durchführung eines streitigen Verfahrens zur Klärung der Unterhaltsansprüche zu rechnen ist, hält der Senat die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe unter Beiordnung der Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners für geboten. Hierbei ist nicht unberücksichtigt geblieben, daß der Antragsgegner schon im Vorverfahren durch seine Verfahrensbevollmächtigte vertreten gewesen sein dürfte, die zunächst auch im Antrag auf Festsetzung von Unterhalt des Antragstellers vom 24. März 1999 als Prozeßbevollmächtigte des Antragsgegners angegeben war.

Auf die Beschwerde war der angefochtene Beschluß daher abzuändern und dem Antragsgegner Prozeßkostenhilfe unter Beiordnung seiner Verfahrensbevollmächtigten zu bewilligen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 3030356

Rpfleger 2000, 339

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