Normenkette
StPO §§ 100h, 100h Abs. 1, 2 Sätze 1, 2 Nrn. 1-2, § 163f, § 163f Abs. 1 Sätze 1-3, Abs. 3, 3 S. 1, Abs. 4 S. 2; IRG § 14 Abs. 1, § 77 Abs. 1
Tenor
X, geboren am ###### oder am ######### in X1/Türkei, wohnhaft: T-Straße, #### C, derzeit unbekannten Aufenthaltes, und der Y, geboren am ####### in Y1/Türkei, wohnhaft: T-Straße, #### C, wird angeordnet.
Der Einsatz technischer Mittel gem. § 100 h Abs. 1 StPO wird gestattet.
Die Dauer der Maßnahme wird auf höchstens drei Monate befristet.
Gründe
I.
Die Republik Türkei betreibt gegen den Verfolgten die Auslieferung zum Zwecke der Strafverfolgung wegen Mordes und anderer Delikte. Mit Beschluss vom 13. Januar 2009 - (2) 4 Ausl. A 22/08 (8/09) - hat der Senat die förmliche Auslieferungshaft angeordnet. Der Auslieferungshaftbefehl ist gestützt auf den Haftbefehl des Schwurgerichts zu K vom 28. November 2007. In diesem sowie dem mitübersandten Protokoll über die Gerichtssitzung vom selben Tage und der ebenfalls von den türkischen Behörden übersandten Anklageschrift der Oberstaatsanwaltschaft der Republik bei dem Staatlichen Sicherheitsgericht zu K vom 28. November 2007 - Untersuchungsnummer: 1999/1048, Grundnummer: 1999/797, Anklageschrift: 1999/759 - wird dem Verfolgten zur Last gelegt, als Gebietsverantwortlicher der PKK für die Sektion L im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit anderen Angehörigen der verbotenen Vereinigung die Ausführung eines Sprengstoffanschlages auf den Gouverneur des Regierungsbezirks X1 beschlossen und angeordnet zu haben. In Ausführung des gemeinsamen Tatplanes habe der C sich am 05. April 1999 gegen 13.30 Uhr in X1 dem Dienstwagen des Gouverneurs Q genähert und sodann einen am Körper getragenen Sprengkörper gezündet. Durch die Explosion seien C sowie die Passantin C1 zu Tode gekommen und weitere 14 türkische Staatsangehörige - darunter Polizeibeamte - verletzt worden. Die PKK sei darauf ausgerichtet gewesen, einen Teil des türkischen Staatsgebietes aus dem Staatsverbund herauszulösen und unter Anwendung von Waffengewalt fremder Herrschaft zu unterstellen.
Nunmehr hat die Generalstaatsanwaltschaft in Hamm beantragt, gegen den Verfolgten und dessen Ehefrau die längerfristige Observation und den Einsatz technischer Mittel anzuordnen, da sein derzeitiger Aufenthalt nicht bekannt ist.
II.
1)
Das Oberlandesgericht Hamm und damit der Senat ist gemäß § 14 Abs. 1 IRG örtlich und gemäß § 77 Abs. 1 IRG in Verbindung mit § 163 f Abs. 3 S. 1 StPO in der aufgrund des Gesetzes zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung und anderer verdeckter Ermittlungsmaßnahmen sowie zur Umsetzung der Richtlinie 2006/24/EG vom 21. Dezember 2007 (BGBl. I S. 3198) seit dem 01. Januar 2008 geltenden Fassung für die Anordnung der längerfristigen Observation und die Anordnung des Einsatzes technischer Mittel sachlich zuständig.
Entgegen der früheren gesetzlichen Regelung in § 163 f Abs. 3 erster Halbsatz StPO, wonach für die Anordnung der Maßnahme die Staatsanwaltschaft und lediglich für die Verlängerung der Maßnahme gemäß § 163 f Abs. 4 S. 2 StPO alte Fassung das Gericht zuständig war, hat der Gesetzgeber einen Richtervorbehalt für notwendig erachtet, da "die längerfristige Observation im Einzelfall mit erheblichen Eingriffen in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung des Betroffenen verbunden sein und mit Blick auf die Kumulierung von Ermittlungsmaßnahmen (...), insbesondere durch den Einsatz technischer Mittel (§ 100 h Abs. 1 Nr. 2 StPO-E, § 100 f Abs. 1 Nr. 2 StPO), eine Eingriffsintensität erreichen kann, die eine staatsanwaltschaftliche Anordnung nicht mehr als ausreichend erscheinen lässt" (BR-Dr. 275/07 vom 27. April 2007, S. 151 - zu Nr. 18 / § 163 f StPO-E; vergleiche auch die andere demgegenüber vertretene Meinung in: Empfehlungen der Ausschüsse, http://www.umwelt-online.de/cgi- bin/parser/Drucksachen/drucknews. cgi?texte=0275_2D1_2D07 - 34. zu Artikel 18 - 163 f Abs. 4 S. 2 StPO, die aber keinen Eingang in die neue gesetzliche Regelung gefunden hat).
Vor dem Inkrafttreten der neuen gesetzlichen Reglung hat der Senat seine sachliche Zuständigkeit für die Anordnung einer längerfristigen Observation im Auslieferungsverfahren verneint und lediglich für die Verlängerung einer solchen Maßnahme angenommen (vergleiche nur: Senatsbeschluss vom 15. Dezember 2003 - 4 Ausl. A 32/03 (157 - 158/03), NStZ-RR 2004, 145 - 146), jedoch schon eine eigene Annexkompetenz für den Einsatz technischer Mittel zur Ermittlung des Aufenthaltsortes des Verfolgten im Auslieferungsverfahren bejaht (Senatsbeschluss vom 11. Februar 2000 - (2) 4 Ausl. 67/00 (7/00), NStZ 2000, 666 im Anschluss an den Senatsbeschluss vom 22. Juni 1998 - (2) 4 Ausl. 419/97 (30/98), NStZ-RR 1998, 350, 351). In Kenntnis des Gesetzesentwurfs und in Erwartung der neuen gesetzlichen Regelung hat der Senat bereits durch Beschluss vom 10. September 2007 - (2) 4 Ausl. A 88/07 (325 + 326/07) - seine Zuständigkeit auch für die Anordnung einer längerfristigen Observation angenommen.
2)
Die Voraussetzungen für d...