Leitsatz (amtlich)
Vertretung des Angeklagten in der Berufungshauptverhandlung.
Anforderungen an schriftliche Verteidigervollmacht bei Nichterscheinen des Angeklagten in der Berufungshauptverhandlung.
Voraussetzungen für zulässiges Wiedereinsetzungsgesuch nach §§ 329 Abs. 7, 45 StPO bei Erkrankung.
Normenkette
StPO § 329 Abs. 1, 7, § 45
Verfahrensgang
LG Essen (Entscheidung vom 03.11.2015; Aktenzeichen 33 Ns 16/16) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde wird als unbegründet verworfen.
Die Revision wird als offensichtlich unbegründet verworfen.
Die Kosten beider Rechtsmittel sowie die dem Nebenkläger X durch diese entstandenen notwendigen Auslagen trägt der Angeklagte.
Gründe
I.
Das Amtsgericht Essen hat den Angeklagten mit Urteil vom 03. November 2015 wegen gefährlicher Körperverletzung und Bedrohung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt.
Die gegen dieses Urteil eingelegte Berufung hat das Landgericht Essen mit Urteil vom 22. Juni 2016 nach § 329 Abs. 1 StPO verworfen.
Gegen dieses Urteil hat der Angeklagte mit Schriftsatz seines Verteidigers vom 28. Juni 2016 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungshauptverhandlung beantragt und zugleich Revision eingelegt. Die Revision hat er mit weiterem Schriftsatz seines Verteidigers vom 26. Juli 2016 mit einer Verletzung des § 329 Abs. 1 StPO sowie den Rügen der Verletzung formellen und materiellen Rechts begründet.
Den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungshauptverhandlung hat das Landgericht Essen mit Beschluss vom 02. September 2016 verworfen.
Gegen diese Entscheidung hat der Angeklagte mit Schriftsatz seines Verteidigers vom 14. September 2016 sofortige Beschwerde eingelegt.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, wie vom Senat erkannt worden ist.
II.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat in ihrer Antragsschrift vom 06. Oktober 2016 zu den Rechtsmitteln des Angeklagten wie folgt Stellung genommen:
"Weder die sofortige Beschwerde noch die Revision haben Erfolg.
a)
Die gem. §§ 329 Abs. 7, 46 Abs. 3 StPO statthafte sowie form- und fristgerecht (§§ 329 Abs. 7, 44 Satz 1, 45 Abs. 1 Satz 1 StPO) eingelegte sofortige Beschwerde ist zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet.
Das Landgericht Essen hat den Antrag des Angeklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu Recht verworfen.
Nach §§ 329 Abs. 7, 44 Satz 1, 45 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 StPO kann der Angeklagte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beanspruchen, wenn er darlegt und glaubhaft macht, dass er ohne Verschulden verhindert war, an der Berufungshauptverhandlung teilzunehmen. Gem. § 329 Abs. 7 in Verbindung mit § 45 Abs. 2 Satz 1 StPO sind binnen Wochenfrist nach Wegfall des Hindernisses alle Tatsachen so vollständig vorzutragen, dass ihnen - als wahr unterstellt - die unverschuldete Verhinderung des Angeklagten ohne Weiteres entnommen werden kann. Hierzu bedarf es einer genauen Darstellung der Tatsachen, die für die Frage bedeutsam sind, wie und durch welche Umstände es zur Versäumung der Berufungshauptverhandlung gekommen ist. Nach Fristablauf kann der Tatsachenvortrag allenfalls verdeutlicht oder ergänzt werden (OLG Hamm, NZV 2009, 158 m.w.N.). Zwar ist eine Krankheit, wenn sie nach Art und Auswirkungen eine Beteiligung an der Hauptverhandlung unzumutbar macht (zu vgl. OLG Düsseldorf, NStZ 1984, 331), ein Entschuldigungsgrund. Jedoch hat der Angeklagte detailliert darzulegen, welche konkrete Symptomatik der behaupteten Erkrankung bei ihm vorlag und ihn am Erscheinen in der Hauptverhandlung hinderte (zu vgl. OLG Hamm, a.a.O.). Diesen Anforderungen wird der Vortrag des Angeklagten nicht gerecht. Darüber hinaus wird die Verhandlungsfähigkeit des Angeklagten auch bestätigt durch die Auskunft des Dr. med. T in F, eingegangen bei dem Landgericht Essen am 17.08.2016 (Bl. 235-236 d. A.).
Der sofortigen Beschwerde ist daher der Erfolg zu versagen.
b)
Die zugleich mit dem Wiedereinsetzungsantrag eingelegte Revision ist gem.
§ 342 StPO statthaft und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Mit der rechtskräftigen Ablehnung des Wiedereinsetzungsantrags ist die Entscheidung des Senats über die Revision veranlasst (§ 342 Abs. 2 Satz 2 StPO).
Gegen ein die Berufung verwerfendes Prozessurteil kann mit der Revision auf entsprechende Verfahrensrüge nur geltend gemacht werden, dass § 329 StPO verletzt worden sei.
Mit der Revision wird zwar eine Verletzung des § 329 Abs. 1 StPO gerügt und insoweit beanstandet, dass der abwesende Angeklagte durch einen mit schriftlicher Vertretungsvollmacht ausgestatteten und vertretungsbereiten Verteidiger vertreten gewesen sei. Jedoch ist die Rüge insoweit nicht in der von § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO geforderten Form ausgeführt und daher unzulässig (zu vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 21.11.2013 - III - 5 RVs 95/13 - m.w.N.). Danach muss eine Verfahrensrüge so ausgeführt werden, dass das Revisionsgericht allein aufgrund der Revisionsrechtfertigungsschrift prüfen kann, ob der geltend gemachte Verfahrensfehler vorliegt, wenn die...