Verfahrensgang
LG Hagen (Aktenzeichen 4 O 324/22) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Landgerichts Hagen vom 15.11.2022 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Antragsteller. Der Beschwerdewert wird auf 30.000,00 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Die Beteiligten sind Schlusserben der verstorbenen U. Q.. Diese war in zweiter Ehe verheiratet mit ihrem bereits vorverstorbenen Ehemann T. L. Q..
Beide Eheleute haben aus ihren ersten Ehen jeweils drei Kinder. Aus der gemeinsamen Ehe sind keine Kinder hervorgegangen.
Die Eheleute hinterließen zwei notarielle Testamente, nämlich vom 01.02.1999 und 02.02.1999.
Im Testament vom 01.02.1999 (UR-Nr. N01 des Notars G. N., J.) heißt es unter Ziffer II.:
"Wir setzen uns hiermit gegenseitig zum alleinigen Erben ein. Der überlebende Teil wird in keiner Weise beschränkt oder beschwert. Er kann über das beiderseitige Vermögen in jeder Weise frei verfügen."
Zu Schlusserben wurden unter Ziffer III. die Kinder des Ehemannes eingesetzt. In diesem Testament heißt es sodann unter IV. (Bindung), dass sämtliche in dem Testament niedergelegten Verfügungen wechselbezüglich seien.
Mit Testament vom 02.02.1999 (UR-Nr. N02 des Notars G. N., J.) bestimmten die Eheleute, dass Ziffer III. des Testamentes vom 01.02.1999 dahingehend geändert werden solle, dass die Kinder beider Ehepartner, mithin insgesamt sechs Personen, zu gleichen Teilen Erben des Letztlebenden werden sollen. Ferner bestimmten sie, dass es bei der Bindungswirkung verbleiben solle.
Der Antragsteller ist Sohn des Ehemanns der Erblasserin. Der Antragsgegner ist Sohn der Erblasserin.
Mit notarieller Urkunde des Notars A. aus B. vom 08.08.2018 (UR-Nummer: N03) übertrug die Erblasserin dem Antragsgegner den im Grundbuch des Amtsgerichts I. Blatt N04 betreffend die Grundstücke Flur 2, Flurstücke N05 und N06, Gebäude- und Freifläche O.-straße 18 und 16 mit einer Gesamtgröße von 652 qm eingetragenen Grundbesitz.
Ein Nießbrauchs- oder Wohnungsrecht behielt sich die Erblasserin nicht vor. Der Antragsgegner verpflichtete sich, das Grundstück für die Deckung von künftigen Unterhalts- und Pflegekosten der Erblasserin zur Verfügung zu halten, soweit diese über die laufenden Bezüge der Erblasserin hinausgehen. Der Antragsgegner war hingegen berechtigt, die Erstattung der laufenden Kosten in Bezug auf das Grundstück von der Erblasserin zu verlangen.
Die Erblasserin verstarb am 23.09.2022.
Der Antragsgegner stellte nunmehr über das Portal "Immowelt" das an ihn von der Erblasserin übertragene Hausgrundstück zum Kauf zu einem Kaufpreis von 375.000,00 EUR ein.
Der Antragsteller hat die Ansicht vertreten, dass ihm ein Anspruch aus § 2287 Abs. 1 BGB zustehe, da ein lebzeitiges Eigeninteresse der Erblasserin nicht erkennbar sei.
Er hat beantragt, dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Verfügung aufzugeben, die Eintragung einer Vormerkung in das Grundbuch des Amtsgerichts I. Blatt N04 betreffend die Grundstücke Flur 2, Flurstücke N05 und N06, Gebäude- und Freifläche O.-straße 18 und 16 mit einer Gesamtgröße von 652 qm zur Absicherung des Anspruchs des Antragstellers zur Übertragung eines Miteigentumsanteils von 1/6 an dem vorgenannten Grundbesitz zu bewilligen.
Das Landgericht Hagen hat mit Beschluss vom 15.11.2022 den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass keine Beeinträchtigung des Antragstellers vorliege. Die Übertragung des Grundbesitzes sei von der Verfügungsbefugnis der Erblasserin gedeckt. Die Eheleute hätten eine Befreiung von den dispositiven Beschränkungen des §§ 2287 BGB vereinbart.
Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit der sofortigen Beschwerde, mit der er seinen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung weiter verfolgt. Er ist der Ansicht, dass die Erblasserin aufgrund der testamentarischen Bindungswirkung der Erbeinsetzung nicht berechtigt gewesen sei, ihr gesamtes Vermögen zu verschenken.
Das Landgericht Hagen hat der sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 18.11.2022 nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
II. Die sofortige Beschwerde ist unbegründet.
Der Anspruch eines Vertrags- bzw. Schlusserben i.S.v. § 2287 Abs. 1 BGB auf Übertragung von Miteigentum kann zwar grundsätzlich mittels einstweiliger Verfügung durch Eintragung einer Vormerkung gesichert werden (OLG München 8 U 2900/14, Urteil vom 04.12.2014).
Der Antragsteller hat einen solchen ihm gegen den Antragsgegner zustehenden Verfügungsanspruch aus § 2287 Abs. 1 BGB jedoch nicht hinreichend glaubhaft gemacht.
Zwar ist § 2287 Abs. 1 BGB auf wechselbezügliche Verfügungen in einem gemeinschaftlichen Testament anwendbar (BGH NJW 83, 2376).
Als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal des § 2287 Abs. 1 BGB ist jedoch - wie das Landgericht zu Recht ausführt - eine objektive Beeinträchtigung erforderlich (vgl. Grüneberg/Weidlich, Bürgerliches Gesetzbuch, 81. Auflage, § 2287 Rn. 5), weil der Schutz des Schlusserben nicht weiter rei...