Entscheidungsstichwort (Thema)

Widerstand. Vollstreckungsbeamte. Diensthandlung

 

Leitsatz (amtlich)

Im Rahmen einer Verurteilung wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte müssen die Urteilsgründe die Diensthandlung, gegen die der Angeklagte Widerstand geleistet hat, nicht nur ihrer Art nach angeben, sondern auch Feststellungen zum Zweck, zur Ausführung und zu den Begleitumständen treffen.

 

Normenkette

StGB § 113

 

Verfahrensgang

AG Lemgo (Aktenzeichen 25 Ds 81/15)

 

Tenor

Das angefochtene Urteil wird mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Detmold zurückverwiesen.

 

Gründe

I.

Das Amtsgericht Lemgo hat den Angeklagten am 30. Juli 2015 wegen Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte zu einer Geldstrafe von 25 Tagessätzen in Höhe von je 15 € verurteilt. Auf die gegen dieses Urteil eingelegte unbeschränkte Berufung des Angeklagten hat das Landgericht Detmold mit Urteil 24. November 2015 das Urteil des Amtsgerichts unter Verwerfung der Berufung des Angeklagten im Übrigen dahingehend abgeändert, dass der einzelne Tagessatz auf 10 € herabgesetzt wurde. Gegen dieses Urteil hat der Angeklagte durch Fax seines Verteidigers vom 26. November 2015, beim Landgericht eingegangen am selben Tag, Revision eingelegt. Mit rechtzeitigem Schreiben seines Verteidigers vom 4. Januar 2016 hat er beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache an eine andere kleine Strafkammer zurückzuverweisen und zur Begründung unter näheren Ausführungen die Verletzung materiellen Rechts gerügt. Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die Revision mit der Maßgabe als offensichtlich unbegründet zu verwerfen, dass der Angeklagte tateinheitlich der versuchten Körperverletzung und der fahrlässigen Körperverletzung schuldig ist.

II.

Das zulässige Rechtsmittel hat mit der Sachrüge (zumindest vorläufig) Erfolg.

Nach den Feststellungen des Landgerichts sprach der Angeklagte im Verlaufe des 19. November 2014 vermehrt dem Alkohol zu. Nachdem seine Freundin die Beziehung zu ihm fernmündlich beendete, trank der Angeklagte weiter Alkohol. In Gegenwart seiner Geschwister verließ er schließlich gegen 23 Uhr bei einer Außentemperatur von ca. 5 Grad nur mit einer Hose und einem Unterhemd bekleidet die Wohnung. Die Geschwister hegten die Befürchtung, der Angeklagte könne sich etwas antun und verständigten die Polizei. Die eingesetzten Polizeibeamten fanden den Angeklagten dicht am Ufer der Werre liegend nahe der dortigen Uferböschung, er schlief. Zum Schutze der Gesundheit des Angeklagten versuchten sie, diesen vergeblich durch Ansprache zu wecken. Durch ein Rütteln an Arm und Schulter erwachte der Angeklagte schließlich und begann unvermittelt um sich zu schlagen und zu treten. Um sich diesen (erfolglosen) Angriffen zu erwehren, kam es zum Einsatz von Pfefferspray. Im Anschluss hieran wurde der Angeklagte mit den Händen auf dem Rücken gefesselt und zum Streifenwagen verbracht. Zwei Beamte hielten ihn dabei in einem sogenannten Transportgriff fest. Als sie diesen Griff etwas lockerten, versuchte der Angeklagte gegen den an seiner linken Seite befindlichen Polizisten einen Kopfstoß auszuführen. Beim Ausweichen schlug der linke Arm des Beamten zurück, was zu einem Ausrenken und Auskugeln der Schulter führte. Der Angeklagte wurde der Polizeiwache zugeführt, eine ihm um 0:29 Uhr abgenommene Blutprobe ergab eine Blutalkoholkonzentration von 1,38 Promille.

Diese Feststellungen tragen die Verurteilung des Angeklagten wegen eines Vergehens gem. § 113 Abs. 1 StGB nicht.

Polizeibeamte gehören zu dem von § 113 StGB geschützten Personenkreis.

Geschützt sind sie jedoch nur insoweit als sie sich bei der Vornahme einer Diensthandlung befunden haben. Um die rechtliche Einordnung nachvollziehbar zu machen, ist es erforderlich, dass die Urteilsfeststellungen die Diensthandlung, gegen die sich der Angeklagte zur Wehr gesetzt hat, genau erkennen lassen. Hierzu ist es nötig, die Diensthandlung nicht nur ihrer Art nach zu benennen, sondern auch Feststellungen zum Zweck, zur Ausführung und den Begleitumständen zu treffen (OLG Celle, Beschluss vom 8. Juli 2011 - 31 Ss 28/11, StV 2011, 678; OLG München, Beschluss vom 8. Dezember 2008 - 5St RR 233/08, [...]; KG Berlin, Beschluss vom 30. November 2005 - 1 Ss 321/05, [...]).

Diesen Anforderungen werden die landgerichtlichen Feststellungen nicht gerecht, sie lassen nicht hinreichend klar die Rechtmäßigkeit der Diensthandlung erkennen. Das beruht wesentlich darauf, dass sich bereits kein eindeutiger Bezug zu einer bestimmten Rechtsgrundlage herstellen lässt. Es liegt insoweit nahe, bei dem Vorfall mit Blick auf das Einschreiten der Polizeibeamten zum einen bis zum Erwachen des Angeklagten am Flussufer und zum anderen bei dessen Gewaltanwendungen rechtlich hinsichtlich der Ermächtigungsgrundlagen zu differenzieren. Es kommen insbesondere folgende Rechtsgrundlagen in Betracht: §§ 8 Abs. 1, 12 ...

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