Leitsatz (amtlich)
Schutzmaßnahmen nach § 1 GewSchG sind grundsätzlich zu befristen. Bei der Bestimmung der Frist sind die besonderen Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen. Bei entsprechender Schwere der Drohung oder wiederholten, sich über einen längeren Zeitraum erstreckenden Verletzungshandlungen können auch längerfristige Schutzmaßnahmen getroffen werden. Allein in Ausnahmefällen, etwa bei Vorliegen besonders schwerer Gewaltdelikte oder der Unzumutbarkeit des Umgangs des Opfers mit dem Täter, kann eine unbefristete Gewaltschutzanordnung gerechtfertigt sein.
Normenkette
GewSchG § 1
Verfahrensgang
AG Gladbeck (Beschluss vom 16.11.2012; Aktenzeichen 10 F 164/12) |
Tenor
1. Auf die als Beschwerde auszulegende Eingabe der Antragsgegnerin vom 27.11.2012 wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Gladbeck vom 16.11.2012 insoweit abgeändert, als die darin unter Ziff. 1 und Ziff. 2 getroffenen Anordnungen bis zum 16.11.2014 einschließlich befristet werden.
Im Übrigen wird die Beschwerde der Antragsgegnerin zurückgewiesen.
2. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
3. Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Antragstellerin zu 1) ist die Tochter der Frau M und Mutter des Antragstellers zu 2). Die Antragsgegnerin lebte früher in H. Sie ist eine Bekannte der Antragsteller. Frau M ist auch die Mutter des Herrn B. Herr B soll sich nach Behauptungen der Antragsteller betrügerischen Verhaltens schuldig gemacht haben, indem er Bestellungen im Namen Dritter an die Anschrift der Antragstellerin zu 1) und der Frau M veranlasst habe.
Die Antragsteller haben behauptet, die Antragsgegnerin habe bereits im Oktober 2011 über das Internetprofil bei Facebook der Frau M Nachrichten beleidigenden Inhalts übersandt und entsprechend beleidigende Einträge auf dem Facebookprofil hinterlassen. In den Nachrichten habe die Antragsgegnerin die Antragsteller als "deine fette Tochter und ihren hässlichen Sohn" bezeichnet. Überdies habe sie Drohungen gegen sie, die Antragsteller, ausgestoßen. Am 22.12.2011 habe die Antragsgegnerin auf dem Facebookprofil der Frau M erneut beleidigende Nachrichten und konkrete Drohungen ausgesprochen. Sie, die Antragstellerin zu 1) sei als "Mongo-Tochter" der Frau M und der Antragsteller zu 2) als "dreckiger Ben" seitens der Antragsgegnerin bezeichnet worden. Am 24.12.2011 habe die Antragsgegnerin auf dem Facebookprofil angekündigt, ihn, den Antragsteller zu 2), "kalt zu machen". In der Folgezeit habe sie gedroht, jemanden aus ihrer, der Antragsteller, Familie "kalt zu machen" und den Antragsteller zu 2) zu nehmen, damit die anderen litten. Sie habe auch angekündigt, den Antragstellern tagelang aufzulauern und dann dem Antragsteller zu 2) einen Stein an den Kopf zu werfen, in der Hoffnung, diesen dadurch für den Rest seines Lebens zu beschädigen. Am 16.8.2012 habe sie, die Antragstellerin zu 1), eine Nachricht von der Antragsgegnerin unter dem Profilnamen "..." erhalten, in dem es wörtlich - auszugsweise - geheißen habe:
"Na Mongofresse ... bald komme ich vorbei deine Spastikind zu töten ... du Ratte!!.
Deine verhurte Mutter und du ihr seid total verkokst inne Birne ... du dreckige du.
Wenn ich schon dein face sehe ... könnt ich dich so anspucken ... du wirst niemals Ruhe finden ... denn bald wirst du bereuen, was du getan hast ... denn ein Ben wird drunter leiden.--Glaub mir ich werde kommen ... du wirst noch weinen und um Gnade weinen und.!!!
...
Dein Sohn wird sterben."
Die Antragsteller haben beantragt,
1. der Antragsgegnerin zu verbieten, sich im Umkreis von weniger als 100 m um ihre Wohnung aufzuhalten,
2. der Antragsgegnerin zu verbieten, sich im Umkreis von 30 m um sie aufzuhalten oder im Falle eines zufälligen Zusammentreffens unverzüglich entsprechenden Abstand wiederherzustellen,
3. der Antragsgegnerin jede Kontaktaufnahme mit der Antragstellerin zu 1), insbesondere über elektronische Medien, wie E-Mail und die Kommunikationsplattform Facebook zu verbieten.
Die Antragsgegnerin hat den Antrag anerkannt und behauptet, es hätte tatsächlich Streit zwischen ihr und den Antragstellern gegeben, weil der Bruder der Antragstellerin in betrügerische Aktivitäten verwickelt gewesen sei. Auch ihre Tochter habe sich von der Antragstellerin bedroht gefühlt. Als Reaktion darauf habe sie tatsächlich unter dem Profil "Xxx" kurz vor Weihnachten ebenfalls Bedrohungen an die Antragstellerin geschrieben. Zunächst hatte sie behauptet, dass das unter dem Profil "..." zugeordnete Schreiben nicht von ihr gestammt habe; auf Ansprache des Gerichts hat die Antragsgegnerin indes erklärt, sie sehe ein, dass es nicht korrekt gewesen sei, Bedrohung auszusprechen.
Das AG hat mit Beschluss vom 16.11.2012 der Antragsgegnerin verboten, sich der Wohnung der Antragsteller mehr als 100 m zu nähern, sich den Antragstellern mehr als 30 m zu nähern, mit den Antragstellern - auch unter Verwendung von Fernkommunikationsmittel, insbesondere per E-Mail oder über die Kommunikations...